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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sie tatsächlich, entgegen dem äußeren Anschein, die ältere der beiden war.
    »Also gut«, sagte Deirdra eilig. »McTeer sagt, das Essen ist angerichtet. Lassen Sie uns ins Speisezimmer gehen, Mr. Monk.«
    »Vielen Dank«, akzeptierte er, erfreut darüber, daß gerade sie die Einladung ausgesprochen hatte.
    Das Essen war ausgezeichnet, aber nicht üppig. Mit dem der Situation angemessenen Ernst, aber auch mit ausgesprochener Höflichkeit präsidierte Alastair beim Mahl am Kopf des langen, massiven Eichentisches. Kenneth erschien nicht, und auch Hector Farraline bekam Monk nicht zu sehen. Vielleicht war er zu betrunken, um am Essen teilzunehmen.
    »Möglich, daß es mir entgangen ist, Mr. Monk«, begann Quinlan, nachdem die Suppe abgeräumt und das Fleisch serviert war, »aber was für Angelegenheiten sind das, die Sie nach Edinburgh führen? Wir wissen nicht viel über diese elende Person, abgesehen von dem, was sie uns selber erzählt hat, und das dürften ohnehin Lügen sein.«
    Ein Anflug von Zorn überschattete Oonaghs Gesicht, aber sie hatte sich gleich wieder unter Kontrolle.
    »Es gibt keinen Grund, so zu reden, Quin«, tadelte sie ihn.
    »Glaubst du wirklich, ich hätte Mutter mit einer Frau fahren lassen, die weder ihre Identität noch ihre Qualifikation nachweisen kann?«
    Kurz flackerte Bosheit in Quinlans Augen auf, die er schnell hinter einer respektvollen Maske versteckte. »Wissentlich, meine liebe Oonagh, hättest du sie mit einer Mörderin sicherlich nirgendwohin fahren lassen, aber unwissentlich hast du es zweifellos getan!«
    »Oh, das ist infam!« platzte Eilish heraus. Ihre Augen funkelten vor Zorn.
    Lächelnd wandte er sich ihr zu, völlig unberührt von ihrer Wut und ihrer Verachtung. Monk überlegte, ob er daran gewöhnt oder ob es ihm tatsächlich gleichgültig war. Fand er vielleicht ein perverses Vergnügen daran, sie zu schockieren? Vielleicht war es das einzige Gefühl, das er ihr entlocken konnte. Aber der Charakter ihrer Beziehung war wohl kaum von Bedeutung für den Mord an Mary Farraline, und nur darum ging es. Alles andere war nebensächlich.
    »Meine liebe Eilish«, sagte Quinlan mit gespieltem Ernst. »Es ist ohne Frage eine Tragödie, aber zweifellos die Wahrheit. Ist Mr. Monk nicht genau aus diesem Grund gekommen? Mary war sehr rüstig. Sie hätte noch ein paar Jahre leben können! Sie war weder zerstreut noch unbeholfen, und kaum jemand dürfte weniger Neigung zum Selbstmord gehabt haben als sie!«
    »Deine Taktlosigkeit kannst du dir trotzdem sparen«, sagte Alastair mit gerunzelter Stirn. »Du befindest dich in der Gesellschaft von Damen, überdies von Damen, die gerade einen schmerzlichen Verlust erlitten haben.«
    Quinlan hob die blonden Augenbrauen. »Und wie würdest du es auf taktvollere Weise ausdrücken?« wollte er wissen.
    Baird McIvor funkelte ihn wütend an: »Am taktvollsten wär’s gewesen, du hättest den Mund gehalten, aber weil dir das niemand beigebracht hat, war es wohl kaum zu erwarten.«
    »Bitte…«, begann Deirdra, aber Oonaghs entschiedenes Eingreifen schnitt ihr das Wort ab.
    »Wenn wir uns schon beim Essen streiten müssen«, sie machte eine Bewegung mit ihrer schlanken Hand, »dann bitte über Dinge, die auch von Belang sind. Miss Latterly hatte ausgezeichnete Referenzen, und ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß sie bei Miss Nightingale auf der Krim war. Sie war sicher eine qualifizierte, gewissenhafte Krankenschwester. Ich kann nur annehmen, daß sie einer flüchtigen Versuchung unterlegen ist, verursacht durch Umstände, von denen wir nichts wissen – und als es zu spät war, ist sie in Panik geraten. Vielleicht hat auch Reue sie getrieben.« Sie warf Monk einen schnellen Blick aus ihren großen, hellen Augen zu. »Mr. Monk will die Anklage gegen sie so vorbereitet wissen, daß es im Prozeß nicht mehr zu unliebsamen Überraschungen kommen kann. Ich denke, es ist in unser aller Interesse, ihn dabei zu unterstützen.«
    »Natürlich ist es das«, fügte Alastair schnell hinzu. »Und so werden wir es auch halten. Bitte sagen Sie, was Sie von uns erwarten, Mr. Monk. Ich weiß es nämlich nicht.«
    »Vielleicht sollten wir damit beginnen, daß jeder von Ihnen aus seiner Sicht eine möglichst genaue Schilderung des Tages gibt, den Miss Latterly hier verbracht hat«, schlug Monk vor.
    »Dann können wir zumindest die Zeitpunkte bestimmen, zu denen sie Gelegenheit hatte, die Brosche in ihre Tasche zu stecken oder sich am Arzneikasten zu

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