Dunkler Grund
Schultern, Hauben mit schwarzen Bändern schränkten die Sicht ein und schützten die Gesichter vor Regen. Die Männer trugen hohe Hüte und schwarze Mäntel, der von Alastair hatte einen Kragen aus Astrachan. Sie gingen paarweise nebeneinander und sprachen erst wieder, als sie im Foyer waren. Monk kam direkt hinter ihnen herein. Der düstere McTeer nahm ihnen die Mäntel ab und begrüßte sie. Alastair nahm er auch den Gehstock ab, während Baird, Quinlan und Kenneth ihre Stöcke selber in den Ständer stellen oder auf die Ablage legen mußten.
»Guten Tag, Mr. Monk«, sagte er griesgrämig und nahm dem Gast Mantel und Hut ab. Einen Stock hatte Monk seit dem Grey-Fall nie mehr bei sich getragen. »Ein scheußlich kalter Tag, Sir, und es soll noch schlimmer werden. Ich fürchte, es steht ein harter Winter bevor.«
»Vielen Dank«, erwiderte Monk. »Guten Tag allerseits.« Er neigte vor den einzelnen Mitgliedern der Familie den Kopf. Alastair war etwas verkniffen aus der Kälte gekommen, aber Deirdras warmer Teint ließ sie ausgesprochen lebhaft erscheinen; falls sie wirklich trauerte, tat es ihrer Vitalität keinen Abbruch. Oonagh war blaß, aber wie schon beim erstenmal machte ihr entschiedenes Auftreten jede innerliche Konfusion mehr als wett.
Eilish hatte für den Kirchgang früher als gewohnt aufstehen müssen, aber auch das konnte ihre Schönheit nicht schmälern.
Selbst Kenneth war anwesend, ein angenehmer, aber ziemlich gewöhnlicher junger Mann mit genügend Merkmalen, die ihn als Mitglied der Familie kennzeichneten. Er schien es eilig zu haben. Sobald er seine Straßenkleidung abgelegt hatte, nickte er Monk zu und zog sich in den Salon zurück.
»Treten Sie näher, Mr. Monk«, sagte Oonagh mit einem seltsam direkten Lächeln. »Wärmen Sie sich am Kamin ein wenig auf, und trinken Sie ein Glas Wein. Oder ziehen Sie Whisky vor?«
»Vielen Dank«, sagte er. »Kamin hört sich gut an und Wein auch, falls die anderen sich mir anschließen. Für Whisky ist es noch ein wenig früh.«
Wie beim erstenmal wurde er in den großen Salon geführt. Das Knistern und Fauchen des Feuers versprach anheimelnde Wärme. Beinahe gegen seinen Willen lächelte er.
Alle im Zimmer rückten in die Nähe des Kamins, die Frauen nahmen in großen Sesseln Platz, die Männer blieben stehen. Ein Lakai servierte auf einem Tablett Glühwein in Kelchgläsern.
Über den Rand seines Glases blickte Alastair zu Monk hinüber. »Kommen Sie mit Ihren Ermittlungen voran, Mr. Monk?« fragte er mit gerunzelter Stirn. »Obwohl ich immer noch nicht verstanden habe, was Sie sich davon versprechen. Ich bin sicher, daß die Polizei alles Nötige veranlaßt.«
»Nach Fallgruben suchen, Mr. Farraline«, erklärte Monk leichthin. »Wir wollen doch nicht, daß der Fall abgewiesen wird, weil wir zu selbstsicher und nachlässig waren.«
»Nein. Nein, natürlich nicht. Das wäre eine Katastrophe. Also bitte, das Personal steht Ihnen für Ihre Fragen zur Verfügung.« Er warf Oonagh einen Blick zu.
»Ich habe sie bereits instruiert«, sagte sie freundlich und wandte sich an Monk. »Sie werden Ihnen offen und ehrlich antworten. Es mag allerdings sein, daß die Leute ein wenig nervös sind.« Sie sah ihn ernst an, suchte in seinem Gesicht nach Einverständnis, und als sie es gefunden zu haben glaubte, löste sich ihr Blick. »Sie werden sich vor allem gegen den Vorwurf der Unaufmerksamkeit rechtfertigen wollen. Natürlich hat jeder das Gefühl, er hätte das Geschehene irgendwie verhindern können.«
»Das ist lächerlich!« platzte Baird heraus. »Wenn jemand Schuld hat, dann wir. Wir haben Miss Latterly eingestellt. Wir haben mit ihr gesprochen und sie für eine ausgezeichnete Kraft gehalten. Hätte das Gesinde uns das vielleicht ausreden sollen?« Er sah äußerst unglücklich aus.
»Das Thema hatten wir bereits«, sagte Alastair verärgert.
»Niemand hätte so etwas ahnen können.«
»O doch.« Quinlan warf Monk einen Blick zu. »Sie haben uns gefragt, was unserer Meinung nach passiert ist. Soviel ich weiß, haben Sie noch keine einzige Antwort bekommen, oder?«
»Bis jetzt nicht«, stimmte Monk ihm zu. »Vielleicht möchten Sie den Anfang machen. Mr. Fyffe?«
»Ich? Also, lassen Sie mich nachdenken.« Quinlan nippte an seinem Glas, seine Verzweiflung versuchte er hinter einer nachdenklichen Miene zu verstecken. »Diese elende Frau hätte die arme Schwiegermama sicher nicht getötet, wenn sie die Brosche nicht vorher gesehen hätte. Das muß
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