Dunkler Grund
schon ziemlich früh am…«
Deirdra zuckte zusammen, und Eilish stellte ihr Glas ab, ohne getrunken zu haben.
»Ich weiß nicht, was ihr euch davon versprecht!« rief Kenneth verärgert. »Was für eine abscheuliche Unterhaltung!«
»Abscheulich oder nicht, wir müssen wissen, was passiert ist!« Quinlan zeigte kein Erbarmen. »Was nützt es, so zu tun, als könnten wir alles nett und freundlich verhandeln, nur weil wir es sonst nicht ertragen.«
»Herrgott, wir wissen doch, wie’s passiert ist!« Kenneth war jetzt wirklich ungehalten. »Diese verfluchte Krankenschwester hat Mutter ermordet! Was müssen wir denn noch wissen – reicht das nicht? Braucht ihr etwa jede Einzelheit? Ich jedenfalls nicht.«
»Du nicht, aber das Gericht«, sagte Alastair kühl. »Ohne definitiven Beweis wird man die Frau nicht hängen. Und das ist auch richtig so. Wir müssen sicher sein, ohne jeden Zweifel.«
»Wer zweifelt denn?« fragte Kenneth. »Ich nicht!«
»Wissen Sie etwas, das wir anderen nicht wissen?« fragte Monk höflich, aber mit funkelnden Augen.
»Also?« fragte auch Alastair.
»Natürlich nicht, mein Lieber«, beschwichtigte Oonagh. »Er möchte nur nicht gerne über die Einzelheiten reden.«
»Meint er denn, uns macht das Spaß?« erregte Alastair sich plötzlich. Zum erstenmal schien er in Gefahr, die Fassung zu verlieren. »Bitte, Kenneth, entweder du sagst jetzt was Brauchbares, oder du hältst den Mund!« Oonagh rückte etwas näher an ihn heran und legte ihm die Hand sanft auf den Arm.
»Tatsächlich hat Quins Vermutung etwas für sich«, sagte Deirdra, die Stirn nachdenklich in Falten gelegt. Sie schien Alastairs Verzweiflung nicht bemerkt zu haben. »Miss Latterly muß die Brosche gesehen haben, bevor sie beschloß, Schwiegermama eine doppelte Dosis zu verabreichen…« Sie vermied das Wort »vergiften«. »Und da Schwiegermama sie nicht trug, muß Miss Latterly sie entweder in der Schmuckkassette gesehen haben, was nicht wahrscheinlich ist …«
»Warum nicht?« fragte Alastair knapp.
Es stand kein Zorn in Deirdras Gesicht, nur tiefe Nachdenklichkeit. »Wie denn? Glaubst du etwa, sie hat in Mutters Kassette herumgewühlt, als sie angeblich ihren Mittagsschlaf machte? Und gleichzeitig die Arznei zusammengemixt?«
»Warum sagst du das?« erwiderte Alastair gereizt, doch das Interesse in seinem Blick strafte die Worte bereits Lügen.
Alle Köpfe wandten sich von Alastair zu Deirdra.
»Nun, sie konnte es ja wohl schlecht vor ihren Augen zusammenmischen«, beeilte Deirdra sich zu sagen. »Und sie konnte ihr die Dosis auch nicht zweimal geben. Die zweite hätte Mutter nicht genommen!«
Monk lächelte. Es war die erste richtige Genugtuung, seit er von Rathbone die Neuigkeit erfahren hatte.
»Das ist der springende Punkt, Mrs. Farraline. Ihre Schwiegermutter hätte eine zweite Dosis abgelehnt.«
»Aber sie hat sie genommen«, sagte Alastair nachdenklich.
»Wir haben es von der Polizei erfahren, einen Tag vor Ihrer Ankunft, Mr. Monk. Genau das ist passiert!«
Oonagh sah sehr blaß aus, ein nervöses Zittern zwischen den Augenbrauen. Ohne etwas zu sagen blickte sie zu Monk hinüber und wartete auf dessen Erklärung.
Monk wählte seine Worte sorgfältig. Lag hier der Schlüssel zu der Geschichte? Er weigerte sich zu hoffen, und doch waren alle Muskeln bis zur Schmerzgrenze gespannt.
»Könnte Mrs. Farraline so vergeßlich gewesen sein, daß sie die Arznei zweimal akzeptiert hätte oder vielleicht eine Dosis selber genommen und dann Miss Latterly gestattet hätte, ihr die zweite zu geben?« Er erinnerte sich, wie Crawford diesen Gedanken verworfen hatte, und glaubte die Antwort zu kennen.
Oonagh öffnete den Mund, aber sie zögerte, etwas zu sagen, und Eilish kam ihr zuvor: »Nein, ganz sicher nicht! Ich weiß nicht, wie’s passiert ist, aber so bestimmt nicht!«
Baird war sehr blaß. In dem Blick, mit dem er Eilish ansah, lag etwas Flehendes, Gequältes, auch wenn er das Wort offensichtlich an Monk richtete.
»Dann muß Miss Latterly die Brosche im Haus gesehen haben, bevor sie eingepackt wurde, und daraufhin hat sie den Plan gefaßt. Zweifellos hat sie die Dosis bereits vor der Abreise verdoppelt.«
»Und wie?« wollte Deirdra wissen.
»Weiß ich nicht.« Er ließ sich nicht beirren. »Sie ist die Krankenschwester. Wahrscheinlich weiß sie auch, wie man Arzneien herstellt. Jemanden den Inhalt einer Phiole verabreichen kann schließlich jeder Idiot!«
»Herstellen aus was?« stellte Monk sich
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