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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Wir wissen alle, wie sehr Mutters Tod dir zugesetzt hat, aber jetzt fängst du an, unverantwortliches Zeug zu reden, Onkel Hector. Das ist nicht in Ordnung. Es wäre gut, das Thema zu beenden, bevor du etwas sagst, das wir alle bedauern müßten.« Sie richtete den Blick fest auf ihn. »Mutter hätte bestimmt nicht gewollt, daß wir miteinander streiten oder solche verletzenden Dinge sagen.«
    Hector wirkte plötzlich konsterniert. Jegliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht, und er schien kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen.
    Eilish lehnte sich zu ihm hinüber, um ihn festzuhalten, damit er nicht vom Stuhl kippte. Baird sprang auf und kam ihm zu Hilfe.
    »Komm, Onkel Hector, ich bring’ dich auf dein Zimmer. Du solltest dich eine Weile hinlegen.«
    Wütend beobachtete Quinlan, wie Eilish und Baird dem armen Hector auf die Füße halfen und mit ihm aus dem Zimmer wankten. Sie hörten noch die schlurfenden Schritte in der Halle, Eilishs ermutigende Worte, dazwischen Bairds tiefere Stimme.
    »Es tut mir sehr leid.« Oonagh sah Monk entschuldigend an.
    »Ich fürchte, dem armen Onkel Hector geht’s nicht besonders gut. Das hat ihn alles sehr mitgenommen.« Sie lächelte freundlich, als suchte sie Monks stillschweigendes Einverständnis. »Manchmal ist er doch sehr durcheinander.«
    »›Geht’s nicht besonders gut!‹« wiederholte Quinlan böse.
    »Er ist sinnlos betrunken, der alte Trottel!«
    Alastair warf ihm einen warnenden Blick zu, sagte jedoch nichts.
    Deirdra klingelte den Dienstboten, damit sie den Tisch abräumten und den nächsten Gang servierten.
    Erst nach dem Essen, als sie wieder im Salon waren, fand Oonagh Gelegenheit, unter vier Augen mit Monk zu reden. Die anderen waren auch im Raum, aber ganz diskret, scheinbar unbeobachtet, führte sie ihn immer weiter von ihnen weg, bis sie außer Hörweite vor dem großen, wegen der Kälte inzwischen fest verschlossenen Fenster zum Garten standen. Plötzlich fiel ihm der Duft ihres Parfüms auf.
    »Was machen Sie für Fortschritte, Mr. Monk?« fragte sie mit leiser Stimme.
    »Ich habe ein paar Dinge erfahren, mit denen ich nicht gerechnet hatte«, lautete seine vorsichtige Antwort.
    »Über uns?«
    Warum hätte er Ausflüchte machen sollen? Sie war keine Frau, die man mit Unwahrheiten abspeisen konnte. »Ja.«
    »Haben Sie herausgefunden, wo Deirdra das viele Geld ausgibt, Mr. Monk?«
    »Noch nicht.«
    Sie machte ein beschämtes, beinahe reumütiges Gesicht, aber er sah noch etwas dahinter, das er nicht lesen konnte.
    »Sie gibt gewaltige Summen aus, und die lassen sich durch die Führung des Haushalts allein nicht erklären, die ohnehin hauptsächlich meiner Mutter oblag, bis zu ihrem Tod, und mir natürlich.« Sie zog die Stirn in Falten. »Deirdra behauptet, es für Kleider auszugeben, aber selbst für eine modebewußte Frau in einer gewissen gesellschaftlichen Stellung wäre eine solche Verschwendungssucht übertrieben.« Sie holte tief Luft und sah Monk sehr direkt an. »Es bereitet meinem Bruder Alastair einiges Kopfzerbrechen. Falls… falls Sie im Lauf Ihrer Ermittlungen etwas herausfinden sollten, wären wir Ihnen für einen Hinweis sehr dankbar.« Ein leises Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Wir würden unserer Dankbarkeit in angemessener Form Ausdruck verleihen – ohne Sie damit kränken zu wollen.«
    »Ich danke Ihnen«, erwiderte er offen. Er mußte sich eingestehen, daß man seinen Stolz sehr leicht verletzen konnte.
    »Wenn ich etwas herausfinden sollte, was ja durchaus möglich ist, dann werde ich Ihnen umgehend Bescheid geben.«
    Gegen Viertel vor elf verabschiedete er sich. Als er im Foyer stand und darauf wartete, daß McTeer aus der mit grünem Filz beschlagenen Tür treten würde, schwankte Hector Farraline die Treppe herunter – die letzten Stufen rutschte er auf dem Hosenboden hinunter, um sich schließlich, mit dem Ausdruck angestrengter Konzentration, am Treppenpfosten wieder hochzuziehen.
    »Werden Sie herausfinden, wer Mary getötet hat?« fragte er mit flüsternder, für einen Betrunkenen erstaunlich leiser Stimme.
    »Ja«, lautete Monks einfache Antwort. Vernünftige Erklärungen würden hier zu nichts führen und eine Begegnung in die Länge ziehen, die anstrengend zu werden drohte.
    »Sie war die beste Frau, die ich kannte.« Hector blinzelte mit den Augen, aus denen tiefe Traurigkeit sprach. »Sie hätten sie als junge Frau sehen sollen. Sie war nicht schön, so wie Eilish, aber sie hatte so etwas an sich, ein inneres Licht,

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