Dunkler Highlander: Sie waren unendlich weit entfernt – aber ihre Liebe überwand alles (German Edition)
ausgeprägtes Ehrgefühl. Das hatte sie immer gewusst, schon ehe ihr Vater sie vor fünf Jahren daran erinnerte, nachdem Egan Nvengaria verlassen hatte. Obwohl sie inzwischen dreiundzwanzig war, würde sie in seinen Augen stets die kleine Zarabeth bleiben, die Tochter eines Mannes, für den er größte Achtung hegte. Nein, Egan blieb bei seiner Ehre, da konnte Zarabeth sich auf den Kopf stellen.
Eine glänzende schwarze Kutsche aus poliertem Holz und mit blitzenden goldenen Speichen stand im Burghof, als sie durch das offene Tor traten. Ein rotgewandeter Kutscher mühte sich eifrig, die letzten Reste von Schlamm abzuwischen.
Egan blieb wie versteinert stehen. »Verdammter Mist!«, murmelte er.
»Was ist denn?«
Zarabeth trat instinktiv näher zu ihm, flankiert von ihren Dienern, die jederzeit bereit waren, ihre Waffen zu ziehen. Sie war nicht so dumm, sich sicher zu fühlen, nur weil sie sich hier draußen in der Wildnis befand, auch wenn sie am Fluss mit keinerlei Gefahr gerechnet hatte. Dort waren keine anderen Gedanken zu fühlen gewesen außer Jamies und denen der Wachen.
»Meine Schwester«, stöhnte Egan. »Gott stehe uns bei.«
Besagte Dame war bereits in der vorderen Halle eingetroffen. Sie trug ein sehr aufwendig besticktes blaues Reisekleid und einen Kopfputz mit zu vielen Pfauenfedern. Ansonsten sah Mary Cameron ihrem Bruder Egan recht ähnlich: dieselben braunen Augen, dieselben widerspenstigen Locken. Das Hauspersonal wuselte um sie herum und schleppte Kisten und Koffer in den ersten Stock.
Zarabeth spürte, wie Mary im Geiste eine Liste von Dingen durchging, die sie erledigen musste. Ihre Gedanken waren konzentriert und besorgt. Aber es gab noch etwas, das Zarabeth bei ihr fühlte, gleich unter der Oberfläche: Einsamkeit, der Wunsch nach Anerkennung und das Gefühl, ausgeschlossen zu sein. Es schien, als würde Mary fortwährend die Listen durchgehen, um nicht an anderes, Schwierigeres denken zu müssen.
Mary streifte sich ungeduldig die Handschuhe ab. »Wie konntest du, Egan?«, fuhr sie ihn an, ohne Zarabeth hinter ihm zu bemerken. »Endlich haben wir einmal einen noblen Gast, und du hältst es nicht für nötig, mir Nachricht zu schicken, wann sie erwartet wird. Und was erfahre ich, als ich aus der Kutsche steige? Sie ist schon da!«
»Ich konnte dich wohl schlecht benachrichtigen, denn ihr Aufenthalt hier soll geheim bleiben«, antwortete Egan.
»Doch nicht vor mir, deiner eigenen Schwester! Dougal musste es mir berichten. Wenigstens er liebt seine Mama.« Sie blickte stirnrunzelnd zu Jamie, der noch die Schnur mit den vielen Fischen in der Hand hielt. »Bring die in die Küche, Jamie. Das stinkt ja zum Himmel! Was soll sie denn von uns denken?«
Jamie entgegnete nur: »Hallo, Tante«, und trottete die Treppe zur Küche hinunter.
Mary wandte sich wieder an Egan, und nun entdeckte sie Zarabeth. Sofort verstummte sie, und ihr Ausdruck wechselte von Schock über Wut zu Scham.
»Eure Hoheit.« Sie machte einen tiefen, übertrieben förmlichen Knicks. »Bitte verzeihen Sie, dass ich nicht hier war, um Sie zu empfangen, wie es sich für eine Gastgeberin ziemt.«
Zarabeth zog ihre schmutzigen Handschuhe aus und ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu. »Ich bin keine Prinzessin, Mrs. Cameron. Sie müssen mich nicht mit Hoheit ansprechen.«
Mary richtete sich wieder auf. »Aber Egan hat mir erzählt …«
»Mein Titel als junge Frau war Prinzessin, aber meine Familie ist nicht königlich – lediglich entfernt mit der Herrscherfamilie verwandt. Es ist wie bei russischen Familien, in denen alle Kinder von Herzögen kleine Herzöge oder Herzoginnen sind. Nach einer Weile sind dann alle Herzog oder Herzogin.« Sie lächelte, um Mary zu zeigen, dass sie keineswegs beleidigt war.
Tatsächlich schien Mary beruhigt. »Ich bitte um Entschuldigung. Mein Bruder ist schrecklich, wenn es um das Protokoll geht. Wie möchten Sie von mir angesprochen werden?«
»Wenn Sie mich Zarabeth nennen, werden wir gewiss bestens miteinander auskommen.«
Mary wurde rot. »Nun, dann ist es mir eine Freude, dich in unserem Haus willkommen zu heißen … Zarabeth.«
Hinter ihr verdrehte Egan die Augen. »Das hier ist die MacDonald-Burg, Mary, kein Gesellschaftssalon.«
Mary sah zu ihm und schrie fast auf. »Wie siehst du bloß aus? Was werden unsere Gäste aus Edinburgh von dir denken? Wenn sie dich in dieser Aufmachung sehen, nach Fluss und Fisch riechend, werden sie womöglich umgehend wieder abreisen. Sofort
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