Dunkler Highlander: Sie waren unendlich weit entfernt – aber ihre Liebe überwand alles (German Edition)
übrigen Bediensteten hatten den Abend ebenfalls frei. Am Morgen hatten Egan und Mary ihnen Geschenke überreicht und ihnen ein gutes neues Jahr gewünscht. Heute Abend würden sie mit den Bediensteten in Ross-Hall zusammen feiern, genau wie die Bediensteten von Ross-Hall gestern auf der MacDonald-Burg.
Als Zarabeth mit Egan in die große Küche hinunterging, war dort alles wie ausgestorben und das Feuer zur Nacht gedämpft.
»Wolltest du mir das zeigen?«, erkundigte sie sich bei Egan. »Wie du die Speisekammer plünderst?«
»Schhh«, machte er, »ah, da ist er.«
Mit »er« war ihr Vater gemeint. Olaf erwartete sie an der Treppe, die in den Keller führte. Er hatte eine verbeulte Laterne in der Hand und sah ziemlich aufgeregt aus. Über dem dicken Schal, den er sich umgewickelt hatte, leuchteten seine blauen Augen.
»Wollen wir uns die alten Kettenreste angucken?«, fragte Zarabeth. »Viel ist von denen nicht mehr übrig.«
»Vertrau mir, Mädchen«, erwiderte Egan.
»Tue ich das nicht immer?«
Egan öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, überlegte es sich aber offenbar anders, denn er schloss ihn unverrichteter Dinge wieder und schüttelte den Kopf. Olafs amüsiertes Grinsen beachtete er gar nicht. »Kommt mit.«
Olaf bedeutete Zarabeth, vor ihm zu gehen, so dass er das Schlusslicht bildete. Auch Egan hatte eine Laterne bei sich, und das Kerzenlicht warf unheimliche Schattenspiele an die Mauern.
Egan schritt vorbei an den Whiskyfässern und den rostigen Ketten, Überbleibseln aus kriegerischen Zeiten des Clans. Am Ende des Kellers, wohin Zarabeth bisher noch nicht vorgedrungen war, befand sich eine Tür, die ungefähr anderthalb Meter hoch und breit war. Nun nahm Egan einen klobigen Schlüssel aus seiner Felltasche, steckte ihn in das Schloss und öffnete die knarzende Tür.
»Müssen wir kriechen?« Zarabeth fürchtete sich nicht vor beengten Räumen, aber deshalb kroch sie noch lange nicht gerne über dreckige Böden.
»Nein, die Tür ist niedrig, aber der Gang wurde so gegraben, dass ein Mann aufrecht hindurchgehen kann.« Egan leuchtete mit seiner Laterne in einen grob ausgeschachteten Tunnel, der mit handgeschlagenen Steinen abgestützt war. Obwohl er schon mehrere hundert Jahre alt war, wirkte der Keller beinahe modern, verglichen mit dem Tunnel, der uralt sein musste.
Egan duckte sich durch die Tür, so dass seine Laterne den ersten Abschnitt erhellte. Als Nächste kam Zarabeth, dann Olaf. Der Gang war nur breit genug für eine Person – oder vielmehr für einen Highlander wie Egan. Zarabeth und Mary hätten problemlos nebeneinandergehen können, auch wenn es ein wenig eng gewesen wäre.
Die Steine waren unregelmäßig behauen, aber fast perfekt ineinandergefügt und die Oberflächen über die Jahrhunderte abgeschliffen. Der Weg durch den Tunnel stieg beständig an, so dass Zarabeths Beine nach einer Weile vom Aufstieg schmerzten.
»Wozu soll der Tunnel gut sein?«, wollte sie wissen.
Egan zuckte mit den Schultern. »Wofür er ursprünglich gebaut wurde, weiß ich nicht. Als die MacDonalds in die Burg zogen, benutzten sie ihn, um ihren Feinden, die sie belagerten, zu entrinnen und sich in Sicherheit zu bringen. Ich kann allerdings nicht sagen, ob der Tunnel bereits vorhanden war und die Burg darüber gebaut wurde oder ob er von den ersten MacDonalds, die hier lebten, gegraben wurde.«
»Und wofür benutzt du ihn heute? Um Fremde zu unterhalten?«
Egan lachte. »Du hast wahrlich Sinn für Humor. Mein lieber Olaf, du hast eine Xanthippe großgezogen.«
»Ja, sie ist recht direkt«, entgegnete ihr Vater belustigt.
»Danke, meine Herren, das reicht jetzt.«
Zarabeth gab sich betont spitz, während zugleich Tränen in ihre Augen stiegen, durch die das Laternenlicht verschwamm. Es war so lange her, dass ihr Vater sie zuletzt harmlos geneckt hatte, und noch länger, dass er und Egan zusammen scherzten. Doch nun war ihr Vater hier, Egan war bei ihr, und vielleicht … ja, vielleicht könnte doch noch alles gut werden.
Egan blieb stehen und sah nach oben. Zarabeth und Olaf folgten seinem Blick und entdeckten ein schwarzes Eisengitter an der Decke. Das Gitter war verhältnismäßig neu. Wahrscheinlich war es vom Dorfschmied gefertigt worden, damit weder Menschen noch Tiere versehentlich in den Tunnel stürzten.
Egan schloss das Gitter mit einem zweiten Schlüssel auf und schob es zur Seite. Dann zog er sich durch die Öffnung hinauf, hockte sich auf die Kante und streckte einen Arm nach
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