Dunkler Rausch der Sinne
gleichzeitig ihre Pistole in Anschlag. Drake war
beinahe über ihr. Seine Augen glühten wie im Wahn. In seiner Hand hielt er ein
Messer. Jaxon konnte das Blut auf der Waffe sehen, das Blut, das seine Hände
befleckte. Sie feuerte drei Schüsse direkt auf sein Herz ab, rollte sich auf
den Boden und unter einem Schreibtisch hindurch und sprang auf der anderen
Seite wieder auf.
Alle drei Kugeln hatten ihn dicht nebeneinander über seinem Herzen
getroffen. Er schien zu zögern und schwankte einen Moment lang, während sich
ein widerwärtiges Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Dann setzte er sich
wieder in Bewegung. Jaxon gab noch zwei Schüsse auf ihn ab, diesmal auf seinen
Kopf, da sie befürchtete, er könnte eine kugelsichere Weste tragen. Zwei runde
Löcher erschienen mitten in seiner Stirn. Wieder hielt er inne. Blut strömte,
erst ein dünnes Rinnsal, dann ein dicker Schwall, der ihm übers Gesicht und in
die Augen lief. Aber noch immer grinste er sie an und ging unbeirrt weiter.
»Kitter? Sind Sie da? Hier ist Jaxon Montgomery. Halibut ist tot. Drake
hat ihn umgebracht. Antworten Sie, wenn Sie noch am Leben sind«, rief Jaxon.
Sie bewegte sich, um Möbel zwischen sich und Drake zu bringen und ihn von den
Zellen mit den Gefangenen wegzulassen.
»Ich gebe Ihnen Deckung!«, brüllte Kitter. »Stehen bleiben, Drake! Noch
einen Schritt und ich puste Sie um!«
Drake schien ihn nicht zu hören. Er ließ Jaxon keine Sekunde aus den
Augen und ging einfach weiter. Kitter feuerte seine Waffe ab. Die Schüsse
folgten so dicht aufeinander, dass sie gleichzeitig zu fallen schienen. Der
Polizist fluchte, als er sah, wie Drakes Hinterkopf in Trümmer geschossen
wurde, der Mann sich aber immer noch bewegte. »Was zum Teufel ...? Jaxx? Was
ist da los?«
»Schaffen Sie die Gefangenen raus, Kitter. Nehmen Sie Stevens zuerst.
Ich glaube, er ist in größerer Gefahr als die anderen. Los, machen Sie schon!«
»Er muss irgendwas eingenommen haben ...«, murmelte Kitter fassungslos.
»Tun Sie, was ich sage. Bringen Sie die Gefangenen weg.« Jaxon gab
ihren Befehl mit so scharfer Stimme, dass Kitter wieder zu sich kam. Es war
leichter, sich mit dem Transport der Gefangenen auseinanderzusetzen als mit der
unvorstellbaren
Tatsache, dass ein Mann, dem der halbe Schädel weggerissen war, sich
noch bewegen konnte.
Lucian, sag mir was ich tun soll! Sie wagte es nicht, durch
Lucians Augen zu »sehen«. Es war zu verwirrend, zwei Drakes an zwei
verschiedenen Orten zu erblicken, und sie war ohnehin schon völlig
durcheinander.
Er war sofort bei
ihr. Seine Atmung vereinte sich mit ihrer und regulierte ihre Atemzüge, bis sie
wieder entspannt war. Sein Herz ließ ihres in einem normalen, stetigen Rhythmus
schlagen. Seine Wärme überflutete ihren Körper mit einem Gefühl von Sicherheit
und bedingungslosem Vertrauen. Konzentriere dich auf ihn, mein
Engel. Schau ihn direkt an. Er kann dir aus dieser Entfernung nichts anhaben.
Sieh nicht weg, egal, was passiert. Denk dran, dass du nicht mehr ein Mensch
mit menschlichen Grenzen bist. Du bist Karpatianerin mit sämtlichen
Fähigkeiten unserer Art. Du kannst dich in Nebel auflösen, wenn es sein muss.
Jaxon bewegte sich mit der Schwerelosigkeit der Karpatianer, ohne sich
dessen wirklich bewusst zu sein. Schnell und lautlos glitt sie durch den Raum
und an einem Karteischrank vorbei, während das Wesen, das vorgab, Drake zu
sein, ihr nach wie vor folgte. Ihr Blick ruhte unverwandt auf der blutverschmierten
Kreatur. Sie konnte fühlen, wie Lucians Kraft auf sie überging und sie mit
Selbstvertrauen und Macht erfüllte.
Noch während sie Drake anstarrte, begannen Flammen auf seiner Haut zu
tanzen, züngelten über seine Arme und Schultern, seine Brust und sogar seinen
Kopf, sodass sein Haar Feuer fing und sich schwarz verfärbte. Es stank sofort
nach verbranntem Fleisch. Jaxon versuchte entsetzt, sich abzuwenden.
Ganz ruhig, Jaxon. Du musst dich
konzentrieren. Du musst ihn besiegen. Er ist ein Werkzeug der Untoten, und
nichts wird ihn davon abhalten, seinen Auftrag auszuführen.
Sie stellte fest, dass sie den Blick nicht abwenden konnte. Lucian, bitte! Ich kann
niemanden auf diese Art töten! Der Aufschrei kam ihr aus tiefster Seele. Drake
schlug nicht zurück; er stieß nur einen schrillen, stetigen, fast unirdischen
Schrei aus. Der Laut zerrte an ihren Nerven, traf sie bis ins Mark. Noch immer
kam Drake auf sie zu, obwohl die Flammen bei jedem Schritt höher schlugen, bis
er völlig von
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