Dunkler Rausch der Sinne
diese Leute
deinetwegen überschlagen. Es ist abstoßend, erwiderte sie. Vermutlich lag
es an seiner Stimme. Oder an seinen Augen. Oder vielleicht war es einfach sein
Aussehen, das sie anzog. Und dann war da natürlich noch sein perfekter Mund.
Er beugte sich vor, um diesen perfekten Mund dicht an ihr Ohr zu
halten, während er vor all den Kameras bewusst eine Hand an ihren Nacken legte.
»Es ist das Geld, Liebes, sonst nichts. Nur du findest mich sexy und gut
aussehend.«
»Sexy habe ich nicht gesagt. Und gut aussehend auch nicht«,
zischte sie. Sie hatte nicht die Absicht, seinem überdimensionalen Ego noch
mehr zu schmeicheln, indem sie ihn darauf aufmerksam machte, dass sämtliche
Frauen über ihn sprachen. Er musste sie gehört haben. Sie konnte sie hören.
Jaxon senkte den Kopf. Lucian schien sein Aussehen tatsächlich nicht
als besonders bemerkenswert zu empfinden. Für ihn war es einfach ein Teil
seiner selbst, ebenso wie seine natürliche Autorität und sein Selbstvertrauen.
Eine
riesige weiße Limousine stand vor dem Krankenhaus bereit. Ein Chauffeur wartete
neben dem Wagenschlag. Jaxon schloss die Augen. Das war so absurd, so unsinnig.
Sie gehörte nicht in eine Limousine. Welche Art Leben Lucian auch führen
mochte, sie gehörte nicht dazu.
Das
Wissen traf sie ohne Vorwarnung, als sie widerstrebend an Lucians Seite auf den
Chauffeur zuging. Das Gefühl kam aus heiterem Himmel, düster, hässlich,
intensiv. Es war dämmrig geworden, und das Tageslicht verschwand allmählich vom
Himmel, um der Nacht zu weichen. Wolken verhüllten den Mond und ein leichter
Nieselregen fiel auf die Straßen. Überall ringsum war Gelächter zu hören,
Gerede, Hunderte Stimmen, und doch befand sie sich von einem Moment auf den
anderen mitten in einem Kriegsgebiet.
Automatisch
schoss sie unter Lucians Arm hervor und stieß ihn von sich, um mehr Abstand zu
ihm zu bekommen. Schon hatte sie ihre Pistole gezogen, und ihre Augen bewegten
sich unablässig hin und her, suchten nach einem Ziel. Es war da. Es war ganz
nah. Das war der Albtraum jedes Polizisten. Eine große Menschenmenge und ein
Attentäter.
Kapitel 4
Wo war Barry? War er das Ziel? Jaxon wagte nicht, sich länger nach dem
Grund für ihre Unruhe umzuschauen, nicht einmal so lange, um sich davon zu
überzeugen, ob Barry im Krankenhaus und außerhalb der Gefahrenzone geblieben
war. Ihr scharfer Blick erfasste die umhegenden Dächer, wanderte unablässig
über die Menschenmenge. Innerlich war sie ganz still. Situationen wie diese
waren ihr vertraut. Das war ihr Leben.
Lucian hatte sich trotz ihres Versuchs, ihn beiseite zu schubsen,
nicht von der Stelle gerührt. Er fing das Warnsignal auf, das sie aussandte,
und wusste, dass die Bedrohung von einem menschlichen Wesen ausging, nicht von
den Untoten. Die Anwesenheit von Untoten hätte er lange vor ihr gespürt. Er
stieß in der Sprache seiner Vorfahren einen unterdrückten Fluch aus. Er hätte
die Menschenmenge überprüfen sollen, statt sich daran zu erfreuen, wie Jaxon
auf ihn reagierte. Soweit er sich erinnern konnte, war das der erste Fehler,
der ihm in seiner Lebenszeit unterlaufen war, und er war nicht sehr zufrieden
mit sich. Sein muskulöser Arm zog Jaxon hinter sich, sodass sie völlig
geschützt war. Mit seiner großen Gestalt schirmte er ihren zierlichen Körper
vollständig ab und drängte sie unerbittlich in die Limousine mit den kugelsicheren,
getönten Scheiben.
Sie sträubte sich und versuchte ihn vor der Gefahr zu warnen, aber er
war zu abgelenkt, um es zur Kenntnis zu nehmen. Sein Geist suchte in der Menge
nach Anzeichen von Feindseligkeit. Jaxons inneres Alarmsystem funktionierte
ausgezeichnet. Drei Personen versuchten sich so zu positionieren, dass Jaxon in ihrer Schusslinie
stand. Laut ihren Anweisungen sollten sie diesmal sichergehen, dass sie starb.
Ihr Boss hatte ihnen befohlen, den Job zu beenden oder sich nie wieder blicken
zu lassen. Jaxon Montgomery hatte seinem Geschäft zu großen Schaden zugefügt,
um länger geduldet zu werden. Barry Rad- cliff kam erst an zweiter Stelle.
Lucian las ihre Absichten klar und deutlich.
Er leitete seinen Angriff ein, wie er es immer tat, ruhig und ohne Wut
oder Zorn. Zuerst holte er sich die Informationen, die er brauchte, um
sicherzustellen, dass er weitere Anschläge auf Jaxons Leben vereiteln konnte.
Dann lenkte er das Geschehen bewusst in eine ganz andere Richtung, als der Boss
der Attentäter geplant hatte. Die drei Männer ertappten sich dabei,
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