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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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Luft war noch da. „Ja, ja, erst ist es das Kochen, dann die Wäsche, dann ein Kind und ups! die Frau bleibt zu Hause.“ Sie wollte es mit einem ironischen Unterton versehen, der ihr jedoch misslang. Sie klang nur genervt.
    „Was ist los? So war das doch nicht gemeint! Außerdem bist du diejenige, die Kinder will. Manchmal verstehe ich dich nicht.“ Laurens’ Augenbrauen waren ärgerlich nach oben gezogen, aber er öffnete seine Arme. „Komm her!“ Er kam einen Schritt auf sie zu. Marisa sah auf die Rose, zögerte noch für den Bruchteil einer Sekunde und nahm die Einladung an. „Was hättest du denn gern?“, fragte sie in seine Schulter hinein.
    „Wie wär’s mit Chinesisch?“
    „Gebongt!“

    Wenige Tage darauf machte sich Marisa früh auf den Weg nach Aachen. Unterwegs kaufte sie frische Brötchen und eine Flasche Prosecco für das Frühstück mit Yvonne. Sie war beim Abschied zu Hause nervös gewesen, was Laurens nicht entgangen war. „Was hast du nur?“, fragte er in verwundertem Ton. „Du bist schon seit Tagen so komisch.“
    „Wieso komisch?“, versuchte sie, unbekümmert und mit kokettem Augenaufschlag zu reagieren. Es ging ihr miserabel; sie war verwirrt, schuldbewusst und konnte nichts von allem nach außen tragen. Ausflüchte, Ausreden, Lügen – so konnte es nicht weitergehen! Sie sehnte sich danach, Yvonne sprechen zu können.
    „Man heiratet schließlich nicht so oft im Leben, nicht wahr, da darf man doch mal aufgeregt sein!“ Sie schob seit geraumer Zeit die Heirat vor, wenn Laurens eine seiner spitzen Bemerkungen machte.
    „Ja, im Idealfall tut man es nur einmal!“ Er umarmte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Dann sagte er mit einem Lachen: „Und wenn ich einen anderen erwische, wie er dir schöne Augen macht oder gar Schlimmeres, dann bring ich ihn um!“
    Marisa riss erschreckt die Augen auf, dann lachte auch sie. „Ja, ja, du Macho, so seid ihr Männer.“ Ob ihr die Wendung vom Erschrecken zum Necken geglückt war, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Schnell war sie die Treppe mit einem „bis heute Abend!“ hinuntergelaufen.
    Auweia, dachte sie, während sie auf der Autobahn Richtung Aachen unterwegs war, wenn das mal gut geht! Und ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, wenn sie darüber nachdachte, in welche Situation sie sich hineinmanövriert hatte.
    Volker, Volker, wie konnte das nur alles passieren!
    Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichte sie die Adresse der Freundin. Yvonne lebte in einem kleinen Appartement in der Nähe des Aachener Doms. Marisa musste einige Runden durch die Innenstadt drehen, weil kein Parkplatz zu finden war, fluchte vor sich hin, verpasste um Haaresbreite eine frei werdende Parklücke, die gleich vom hinter ihr fahrenden Wagen okkupiert wurde, und entschied sich entnervt, doch in eines der teuren Parkhäuser zu fahren. Als sie endlich den Zündschlüssel abziehen konnte, war sie versucht, den Prosecco jetzt schon zu öffnen, besann sich rechtzeitig und stieg aus, um zu Yvonne zu eilen.

    „Yvonne, hallo! Tut das gut, dich zu sehen!“ Sie umarmte die Freundin so lange, dass diese sie schließlich von sich schob und mit prüfendem Blick musterte. „Was ist passiert?“
    Marisa, die am Rande der Möglichkeiten ihrer Selbstbeherrschung angekommen war, brach in Tränen aus. Der Ausbruch dauerte mehrere Minuten an. Yvonne schob sie auf die Bank in die Küche, nahm die Jacke an sich, um sie an die Garderobe zu hängen, setzte sich zu ihrer Freundin und hielt ihre Hand, bis Marisa fähig war, die Tränen zu schlucken. Unter mehrmaligem Schluchzen ergriff sie die dargereichte Kaffeetasse und ertränkte den Rest der immer noch anschwellenden Tränen mit einem großen Schluck, der ihr Zunge und Gaumen verbrannte. Yvonne schaute sie gespannt an, sagte aber nichts. Mit nassem Blick schaffte Marisa endlich ein Lächeln. „Du siehst gut aus“, meinte sie und merkte an, die neue Frisur sei wirklich schön. Yvonne strich sich das neuerdings stufig geschnittene blonde Haar zurück und wiegte ungeduldig den Kopf hin und her. „Du bist nicht gekommen, um meine Frisur zu begutachten – raus mit der Sprache!“
    Yvonne und Marisa hatten sich im Laufe der Jahre einen direkten ehrlichen Ton angewöhnt. Sie sahen sich nicht häufiger als fünf- oder sechsmal im Jahr; für Gerede um den heißen Brei war ihnen die Zeit zu schade. „Doch, auch“, witzelte Marisa mit schiefem Grinsen, sagte seufzend: „Also gut“, seufzte noch mal und setzte

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