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Dunkler Spiegel

Titel: Dunkler Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Duane
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zu handeln.
    Picard stand einen Augenblick lang völlig verblüfft da; jetzt verstand er, wie der kleinste Bär aus dem Kinderbuch sich gefühlt haben mußte. Er trat leise vor. Die Gestalt im Bett rührte sich, drehte sich um, sah ihn an. Das lange, rötliche Haar fiel weich um das Gesicht, als sie den Kopf schüttelte und die Augen zusammenkniff.
    Es war Beverly Crusher. Einen Augenblick lang war Picard zu erstaunt, um etwas zu sagen.
    Schließlich brachte er hervor: »Was tun Sie... was tust du denn hier?« Es kam fast als Krächzen heraus.
    Sie richtete sich auf einen Ellbogen auf und betrachtete ihn mit leichter Verwirrung. »Oh. Ich dachte, du machst dir vielleicht Sorgen, daß... Nein. Was vor langer Zeit geschehen ist, ist eine andere Sache. Aber das...« Sie hielt inne und fuhr dann ziemlich barsch fort: »Glaube ja nicht, wegen der Dummheit meines Sohnes würde ich alles wegwerfen, was mir noch geblieben ist.«
    Er trat noch ein paar Schritte vor. Seit langer Zeit war er nicht mehr so unsicher gewesen, was er sagen sollte. Trois Anschuldigungen hatten ihn schwer erschüttert – nein, es waren keine Anschuldigungen gewesen, sondern für sie nur eine simple Aufzählung von Tatsachen. »Beverly...«, sagte er und nahm dann auf dem Stuhl neben dem Bett Platz, nicht imstande, sie anzusehen oder fortzufahren.
    Sie betrachtete ihn nun neugierig. »Du hast dich heute sehr seltsam benommen. Ist mit dir alles in Ordnung?«
    Darauf konnte er ihr keine Antwort geben, die auch nur im geringsten sinnvoll wäre. Also schüttelte er lediglich den Kopf.
    Sie sah ihn an, stieg dann aus dem Bett und ging zum Replikator. »Brandy und Soda«, sagte sie, »und Armagnac pur.« Sie wartete, bis die Drinks auftauchten, kam dann zurück, gab ihm den Armagnac und setzte sich ihm gegenüber auf das Bett.
    »Machen dir die Nachwirkungen der Betäubung noch zu schaffen?«
    »Nein, das ist es nicht.« Er erhob sich mit großem Unbehagen und ging auf und ab, fragte sich, wohin sonst auf diesem Schiff er sich wenden konnte, wenn der einzige Ort, an dem er sicher war, ihn plötzlich verriet, wie zuvor die Bücher es getan hatten. »Du solltest nicht hier sein.«
    Beverly betrachtete ihn, und auf ihrem Gesicht kämpften kurz Verwirrung und Zorn miteinander. »Wo sollte ich denn sonst sein? Du hast doch genug Mühe auf dich genommen, mich hierherzukriegen.« Genau davor hatte er Angst gehabt; genau das hatte er nicht hören wollen. Nicht ich habe diese Dinge getan, sagte er sich verzweifelt. Es war jemand aus einem ganz anderen Leben, aus einer anderen Welt. Aber Teile seines Gehirns wollten das einfach nicht glauben, beharrten darauf, daß vielleicht doch er diese Dinge getan hätte – oder hätte tun können, wäre die Geschichte in sei
    ner Welt anders verlaufen.
    »Wohin soll ich gehen?« sagte Beverly, und ihre Stimme verriet nun ihren Zorn. »Ich bin die Frau des Captains. Wer an Bord dieses Schiffs will noch etwas mit mir zu tun haben? Sie kennen dich zu gut. Jeder, der mich anfaßt, wird so wie Gonzales enden.«
    Er drehte sich um. »Gonzales?« sagte er.
    Sie lachte verbittert. »Tu doch nicht so, als hättest du es vergessen – nicht, nachdem du ihn öffentlich getötet hast. Es ist etwas zu spät, mir den Unschuldigen vorzuspielen. Du wanderst im Schiff herum, bändelst mit jedem hübschen weiblichen Fähnrich an, der dir über den Weg läuft... du erwartest, daß ich kein Wort darüber verliere... und wer würde das schon wagen? Aber wenn ich einmal einen Fehler mache...« Sie lachte erneut. »Aber so sieht das Muster nun mal aus, nicht wahr? Nach Jack hattest du einen Ruf zu wahren. Jeder, der zwischen dir und dem, was du haben willst, steht, muß leiden.«
    Er sah sie an, ausdruckslos, wagte nicht, etwas zu sagen. Für sie mußte sein Gesicht wie aus Stein gemeißelt wirken, denn sie wandte sich wieder ab und lachte erneut, leise, verbittert. »So endet es also, was? Ohne eine Erklärung.« Sie stand auf, zog die Decke um ihren Körper und ging auf und ab. »Und du hast mir nicht einmal genau gesagt, warum du dich entschlossen hast, mich Jack wegzunehmen, so oder so.«
    Beverly sah ihn nun an, erwartete offensichtlich eine Antwort. Als er keine fand, setzte sie sich wieder in Bewegung. »Er hat mir mal gesagt, daß du mich vor ihm gelobt und dann abgewartet hast, ob er dir zustimmen würde. Er meinte, du wolltest herausfinden, ob ich für einen kleinen Seitensprung empfänglich wäre. Aber das war ich nicht. Und dann kam das

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