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Dunkler Spiegel

Titel: Dunkler Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Duane
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Beweise für einen Verrat, führte der Bericht lediglich aus. Einzelheiten wurden nicht genannt. Hatte man ihm etwas untergeschoben? fragte Picard sich. Oder hatte jemand eine bessere Verwendung für den Tantalus-Strahler als er gefunden? Und auch die Feindschaft seines alten Captains hatte eine Rolle gespielt – eine nie verheilte Wunde der Entfremdung und des Zorns, die immer schlimmer geschwärt hatte, seit Spock die Enterprise verlassen hatte. Es gab Anzeichen dafür, daß Kirk, der über den Aufstieg seines Ersten Offiziers verbittert war, hinter den Beschuldigungen – ob nun zutreffend oder falsch – gesteckt hatte, die Spock in den Tod geschickt hatten. Zwölf Jahre, nachdem ein anderer Kirk ihn herausgefordert hatte, »jener Mann mit Voraussicht« zu sein, war der Vulkanier vor ein Kriegsgericht gestellt und hingerichtet worden.
    Offensichtlich war seine Vision mit ihm gestorben. Sein Vater, der Botschafter, war kurz darauf von einem anderen Vulkanier ermordet worden, der es auf seinen Posten abgesehen hatte. Picard hatte auch bestimmte Vermutungen, was diesen Mord betraf.
    Picard legte eine Pause ein, rieb sich das Gesicht, saß in dem dunklen Raum, in dem nur der Bildschirm flimmerte, und dachte nach. Für jemanden, der wußte, wie man die Berichte zu lesen hatte – denn das Behördenchinesisch war in beiden Universen ziemlich ähnlich –, gab es viele Anzeichen dafür, daß Spock tatsächlich »darüber nachgedacht« hatte, wie er es versprochen hatte, und mit den unterschiedlichsten Methoden – die meisten davon subtil – versucht hatte, das Empire von der blinden Grausamkeit des einmal eingeschlagenen Weges abzubringen. Und obwohl ein Mensch, der an der richtigen Stelle stand und einen ausreichend langen Hebel hatte, einen Planeten bewegen konnte, war Spocks Hebel zu kurz gewesen, der Drehpunkt zu nah, oder... Picard schüttelte den Kopf. Irgendeine dieser zahlreichen Variablen war nicht richtig gewesen. Welche auch immer es gewesen sein mochte, er hatte versagt, und es war ihm lediglich gelungen, den unausweichlichen Zusammenbruch des Empire weiter hinauszuschieben. Das Empire machte weiter wie bisher, ohne zu begreifen, was der Kirk seines Universums und der Spock des anderen gewußt oder eingesehen hatten: daß ein Reich, das nur auf Eroberung basiert, taktisch, wenn nicht sogar ethisch, kopflastig ist und irgendwann unter seinem eigenen Gewicht zusammenbrechen wird.
    Picard saß eine Weile einfach da, das Kinn wieder auf die Hände gestützt, und dachte nach. Er konnte Kirks Motive verstehen: Sie unterschieden sich nicht von seinen eigenen. Er hat Verschwendung, Leid und Torheit gesehen und wollte das ändern oder beenden; aber er hat vielleicht nicht begriffen, wie träge die gewaltige Masse war, die er in Bewegung setzen wollte... und der der andere Spock trotzen sollte. Zweieinhalb Jahrhunderte lang hatte das Empire kein anderes Motiv gekannt als das Überleben durch Ausbeutung. Picard fiel etwas ein, das seine Beverly Crusher einmal zu ihm gesagt hatte, etwas über die menschliche Psychopathologie: »Wenn Sie ein bestimmtes Verhalten entfernen wollen, setzen Sie an dessen Stelle lieber ein überlegenes; sonst kommt es innerhalb von zehn Minuten zu einem Rückfall.« Spock hatte versucht, ein anderes Verhalten durchzusetzen, doch es war ihm nicht möglich gewesen, ein Empire, in dem hauptsächlich Menschen das Sagen hatten, davon zu überzeugen, daß Logik und Nachsicht – selbst die zurückhaltende Nachsicht, die ein Vulkanier empfohlen hätte – besser als Expansion waren. Die Expansion hatte seit langer Zeit reibungslos funktioniert. Sie sahen keinen Grund, daran etwas zu ändern, und wollten weitermachen wie bisher.
    Aber gleichzeitig... Picard schüttelte den Kopf. Was tun diese Leute in der Situation, in der sie sich heute befinden , dachte er. In diesem Universum ist es Hunderte von Jahren her, daß jemand etwas aus Vergnügen erforscht hat, aus Freude am Wissen. Diese gesamte Denkrichtung wurde in Mißkredit gebracht. Was tun diese Leute hier also?
    Er betrachtete lange den Bildschirm. Dann, in der gleichbleibenden Dunkelheit, kam ihm ein Gedanke. Wenn es mit der Expansion plötzlich irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hatte... Er erinnerte sich daran, daß Geordi ihn einmal mit »Not macht wählerisch« falsch zitiert hatte. Erfinderisch, dachte er. Selbst die hartnäckigsten Verhaltensmuster konnten geändert werden, wenn man keine andere Wahl mehr hatte.
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