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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Verbrechen zu begehen«, erwiderte ich.
    »Psychisch nicht dazu in der Lage? Na wunderbar. Euer Ehren, damit schwingt er sich nicht nur zum Hüter der reinen freudianischen Lehre auf, er maßt sich auch noch an zu ergründen, wozu ein Volltrunkener fähig ist«, sagte Marvin.
    »Mister Holland?« sagte die Richterin.
    »Mein Mandant ist auf eigenen Wunsch hin in den Zeugenstand getreten, Euer Ehren. Hier steht sein gesamtes weiteres Leben auf dem Spiel. Meine Fragen verstoßen weder gegen die Rechtsordnung, noch will ich ihm damit schaden.«
    »Mister Pomroy?« sagte sie.
    »Meiner Meinung nach will er hier nur einen faulen Zauber abziehen.«
    »Ich warne Sie, Sir«, sagte sie.
    »Mister Holland sagt, er will keinen Schaden anrichten. Das will auch das Stinktier nicht, das sich in eine Kirche verirrt«, sagte Marvin.
    »Ihr Einspruch wird zur Kenntnis genommen und abgelehnt. Mister Holland, ich gewähre Ihnen mehr Freiraum als üblich, aber gehen Sie nicht zu weit. Treten Sie zurück.«
    »Euer Ehren –« sagte Marvin.
    »Nehmen Sie Platz, Mister Pomroy, und bleiben Sie bitte eine Weile sitzen«, sagte sie.
    Ich stellte mich rechts neben den Zeugenstand, damit die Geschworenen Lucas’ Gesicht sahen, wenn er seine Aussage machte.
    »Vergessen wir das Thema Kondome, Lucas. Was hättest du gemacht, wenn Roseanne mit deinem Kind schwanger gewesen wäre?«
    »Ich hätte gar nichts gemacht.«
    »Hättest du sie gebeten, es abtreiben zu lassen?«
    »Nein, Sir.«
    »Warurn nicht?«
    »Weil es unser beider Kind gewesen wäre.«
    »Ein Kind, das keinen Vater hat? Wolltest du es einfach ihr überlassen?«
    »Das hab ich nicht gemeint.«
    »Was hast du dann gemeint?«
    »Ich hab gedacht, daß wir vielleicht heiraten könnten«, sagte er.
    »Du bist einfach so mit ihr ins Heu gesprungen, und auf einmal willst du die Vaterschaft übernehmen und sie heiraten? Wem willst du denn was vormachen, Lucas?«
    »Das ist die reine Wahrheit«, sagte Lucas.
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Ist mir egal, ob Sie mir glauben. Ich würde jedenfalls nicht wollen, daß ein Kind von mir unter fremdem Namen aufwächst.«
    »Woher kommt denn diese ehrenwerte Haltung? Ich weiß nicht recht, ob ich dir das abnehmen soll.«
    »Euer Ehren –« sagte Marvin.
    Doch die Richterin hob beschwichtigend die Hand, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Weil ich weiß, wie das ist«, sagte Lucas.
    »Wie was ist? Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    »Wenn man keinen Vater hat.« Er mußte ein paarmal schlucken, und seine Wangen liefen rot an.
    »Ist Vernon Smothers etwa nicht dein Vater?«
    Lucas saß vornübergebeugt da, hatte den Kopf zur Seite gelegt. Er schaute mich mit seinen roten, feucht glitzernden Augen an, ohne auch nur einmal den Blick von mir zu wenden.
    »Mein richtiger Vater hat nie zu mir gestanden. Und Sie wissen ganz genau, was ich damit meine«, sagte er.
    »Euer Ehren, ich erhebe Einspruch«, sagte Marvin.
    »Mister Holland –« sagte die Richterin.
    »Wer ist denn dein Vater?«
    »Ich hab keinen.«
    »Sag schon, wer es ist.«
    »Sie sind’s! Bloß daß Sie’s nie zugegeben haben! Weil Sie nämlich mit meiner Mutter geschlafen und alles Übrige jemand anderm überlassen haben. Genau das haben Sie gemacht. Meinen Sie vielleicht, so was würd ich meinem Kind antun?«
    Dann vergrub er das Gesicht in den Händen und fing an zu weinen.
    Richterin Judy Bonham saß da, das Kinn auf die Hand gestützt, und atmete laut aus.
    »Holen Sie Ihren Mandanten aus dem Zeugenstand, Mister Holland, und danach melden Sie sich im Richterzimmer«, sagte sie.
    Marvin lehnte sich zurück, warf einen Stift in die Luft und sah zu, wie er über den Tisch kullerte und zu Boden fiel.

33
    Am späten Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Ich stand am Fenster meiner Kanzlei und schaute hinaus auf den Platz, auf die Freigänger aus dem Gefängnis, die den Schlamm aus den Rinnsteinen kratzten, auf die verschnörkelte Neonschrift am Rialto-Kino, auf die Bäume, die sich auf dem Rasen vor dem Gerichtsgebäude im Wind wiegten, auf das frühsommerlich goldene Licht der untergehenden Sonne auf dem Zifferblatt der Turmuhr – alles war so wie immer, als ob die Ereignisse der letzten Tage ohne jede Bedeutung gewesen wären und nun mit einem Raunen verklangen.
    Dann kam Darl Vanzandt auf einer chromblitzenden, gechopperten Harley aus einer Nebenstraße. Er trug eine Sonnenbrille, breite Chaps, die wie Fledermausflügel wirkten, hielt sich mit ausgestreckten

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