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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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er.
    »Er war in Ihrem Gewahrsam. Sie haben ihn laufenlassen. Ich will nicht, daß er sich auf meiner Vortreppe rumtreibt.«
    »Glauben Sie etwa, ich will, daß sich dieser Irre auf der Straße rumtreibt?«
    »Ich bin mir da, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher, Sheriff.«
    »Sie sind eine unverbesserliche Nervensäge, Billy Bob. Rufen Sie mich nicht mehr daheim an.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, rief ich einen Freund bei der Sheriff dienststelle an und ließ mir Mary Beth Sweeneys Adresse geben. Sie wohnte in einem neuen einstöckigen Apartmentgebäude mit Swimmingpool knapp außerhalb der Stadt. Um neun Uhr abends ging ich auf dem gepflasterten Weg zum Eingang am Pool vorbei, dessen Unterwasserbeleuchtung eingeschaltet war und auf dem Kiefernnadeln und eine Schicht Sonnenöl trieben. Der Rasen war menschenleer, und über den transportablen Grills, die noch auf den Feldsteinplatten standen, kräuselten sich die letzten dünnen Rauchfäden.
    Ich stieg zum ersten Stock hoch und klingelte an der Tür. Ich ballte die Hand zusammen und öffnete sie wieder; mir war warm, und ich wünschte, ich hätte die Jacke im Avalon gelassen.
    Sie schaute mich mit ausdrucksloser Miene an, als sie die Tür öffnete.
    »Tut mir leid, daß ich Sie zu Hause belästige. Aber ich habe gehört, daß Garland Moon bei meiner Kanzlei war«, sagte ich.
    »Ja. Wollen Sie sonst noch was von mir wissen?«
    »Vielleicht. Wenn es Sie nicht stört?«
    Ich wartete.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie.
    Das kleine Wohnzimmer war mit Rattansesseln, einer Couch und einem runden Glastisch möbliert. Eine gelbe Theke mit drei Hockern trennte die Küche vom Wohnzimmer. Mary Beth Sweeney war barfuß und trug Jeans und ein weiß-dunkelrotes T-Shirt von der University of Texas mit einem Longhornbullen darauf. Die New York Times lag aufgeschlagen auf dem Glastisch, daneben eine Hornbrille.
    »Sie sind zufällig vorbeigekommen und haben Moon vor meiner Kanzlei sitzen sehen?« fragte ich.
    »Was soll das, Mister Holland?«
    »Ich habe allmählich den Eindruck, daß mich in der Sheriffdienststelle irgend jemand nicht leiden kann. Und ich glaube, es hat was mit Lucas Smothers zu tun.«
    Sie hatte mich nicht gebeten, Platz zu nehmen. Sie stützte sich mit der Hand auf der Theke ab und schlüpfte in ein Paar weiße Mokassins, so als wolle sie irgendwohin. Ihre Augen waren violett, wirkten versonnen, als sei sie am Überlegen.
    »Sie sollten nicht hierherkommen«, sagte sie.
    »Wie soll ich das nun wieder verstehen? Steckt da irgendeine geheime Bedeutung dahinter? Mit kryptischen Äußerungen tu ich mich immer schwer.«
    »Wenn Sie nicht wollen, daß ich unhöflich werde, sollten Sie nicht weiter darauf herumreiten, Mister Holland.«
    »Ich heiße Billy Bob.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.« Danach errötete sie kurz, aber meiner Ansicht nach nicht, weil sie sich ärgerte. Es kam mir vielmehr so vor, als habe sie etwas zugegeben, das sie lieber für sich behalten wollte.
    »Mögen Sie mexikanisches Essen?« fragte ich.
    »Gute Nacht.« Sie legte die Hand an den Türknauf und drehte ihn um.
    »Morgen abend? Ich bin Ihnen sehr dankbar.«
    Sie öffnete die Tür, und ich ging hinaus. Ich war jetzt nur noch Zentimeter von ihr entfernt, und ich konnte das Parfüm hinter ihren Ohren riechen, hörte ihre Atemzüge und sah, wie sich ihre Brüste hoben und senkten. Ein dünnes Goldkettchen mit einem Kreuz hing um ihren Hals.
    »Moon fällt nicht über Sie her«, sagte sie. »Für so was benutzt er Jimmy Cole.«
    Ich bemerkte, daß ich sie mit offenem Mund anstarrte.
    Am nächsten Morgen bog ich bei Sonnenaufgang in die unbefestigte Auffahrt vor Vernon Smothers Holzhaus ein. Im Vorgarten stand ein Mimosenbaum, vor der Eingangstreppe wirbelte wie wild eine Sprinkleranlage, die Garage hinter dem Haus war halb verfallen, und rundum wurde jeder Quadratmeter Boden genutzt.
    Ich ging am Rande eines Bohnenfelds zu einem Bewässerungsgraben, in dem Lucas bis zu den Knien im Wasser stand und abgestorbene Pflanzen herausfischte.
    »Was machst du da?« fragte ich.
    »Mein Vater kompostiert die.«
    »Der läßt nichts verkommen.«
    »Sie mögen ihn nicht besonders, was?« sagte er. Sein Gesicht und das Baumwollhemd waren voller Schlammspritzer, dicke Muskeln traten an seinen Armen hervor, als er eine Gabel voller triefender Schlingpflanzen neben dem Graben ablud.
    »Garland Moon ist frei. Also sei bitte vorsichtig«, sagte ich.
    »Letzte Nacht hat mir ein Mexikaner im Poolsalon fünfhundert Dollar

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