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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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so als hätte er zu lange im kalten Wind gestanden. Er stieg in den Pickup und schaute durchs Rückfenster, als er den Motor anließ, damit ich den feuchen Schimmer in seinen Augen nicht sah.
    Aber ich war derjenige, der sich schämen mußte, nicht er, weil ich ihm wieder keinen reinen Wein hatte einschenken können.
    Ich parkte meinen Wagen um die Ecke bei der Bank und ging zu meiner Kanzlei. Emma Vanzandt saß in einem Porsche Kabrio, das mit zwei Rädern im Halteverbot stand. Sie trug eine dunkle Brille und hatte die langen schwarzen Haare mit einem weißen Seidentuch hochgebunden. Als ich hallo sagte, betrachtete sie ihre Nägel. Ich ging trotzdem zu ihr hin.
    »Ist Jack drin?« fragte ich.
    »Schaun Sie doch selber nach.«
    »Ihr Sohn hat mich angegriffen, Emma.«
    Ihre Handrücken waren runzlig, wie die Haut auf abgestandener Milch, und mit dicken blauen Adern überzogen. Sie spreizte die Finger am Lenkrad und musterte sie.
    »Wenn Sie meinen, Sie können Ihre Probleme auf unsere Kosten lösen, kennen Sie Jack und mich schlecht«, sagte sie.
    Ich ging die Treppe hinauf und öffnete die Milchglastür, die in das Vorzimmer meiner Kanzlei führte. Meine Sekretärin tat so, als sei sie mit der Post beschäftigt, doch ich sah ihr am Gesicht an, daß sie sich mühsam zusammennahm. Jack hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte auf ein Bild an der Wand, ohne es wahrzunehmen. Die Adern an seinen Armen traten hervor, wirkten wie geschwollen, so als wolle er eine Eisenstange verbiegen, als er sich zu mir umdrehte.
    »Kommen Sie rein, Jack«, sagte ich.
    »Sehr aufmerksam«, erwiderte er.
    Er zog die innere Tür hinter sich zu, biß sich auf die Unterlippe und ballte ein ums andere Mal die Fäuste.
    »Ich kann gar nicht beschreiben, wie mir zumute ist«, sagte er.
    »Ihr Sohn hat ein Drogen- und Alkoholproblem. Sehen Sie den Tatsachen ins Auge, Jack. Schieben Sie die Schuld nicht auf andere.«
    »Ich würde Ihnen am liebsten den Kopf abreißen.«
    »Oh?«
    »Sie kommen mir vor wie ein Blinder und Aussätziger, der in ein öffentliches Schwimmbad steigt.«
    »Jetzt hab ich’s kapiert. Ich bin der Grund allen Übels, ich weiß es bloß nicht.«
    »Sie haben diesen Moon scharf gemacht, und außerdem haben Sie meinem Sohn die Nase gebrochen.«
    »Wieso Moon?«
    »Der treibt sich doch bloß Ihretwegen hier rum.«
    »Was kümmert Sie das denn?«
    »Er hat einen Toten raus zu meinem Anwesen geschafft, diesen – wie heißt er doch gleich? – Jimmy Cole.«
    »Cole wurde auf der alten Hart-Ranch gefunden.«
    »Mir gehört ein Achtel davon ...« Er wirkte einen Moment lang abgelenkt, versuchte dann den Faden wieder aufzunehmen. »Ich möchte, daß Sie uns in Ruhe lassen. Ich bitte Sie darum. Sie haben Ihr Leben verpfuscht. Aber verdammt noch mal, ich lasse nicht zu, daß Sie meine Familie zum Sündenbock für Ihre Verfehlungen machen.«
    Ich trat einen Schritt näher. Ich spürte, wie mir das Blut zu Kopf stieg. Aus dem Augenwinkel meinte ich L. Q. Navarro zu sehen, der mich beobachtete und warnend den Finger hob.
    »Könnten Sie das näher erklären, Jack?« fragte ich.
    »Ich habe drüben in Vietnam Befehle erteilt, die andere Männer das Leben gekostet haben. Das gehört nun mal dazu. Durch so was reift man. Ich schäme mich für Sie, wenn ich Sie nur ansehe«, erwiderte er.
    Er stürmte hinaus, nickte meiner Sekretärin im Vorbeigehen kurz zu.
    Ich saß allein im Dampfbad des Fitneßstudios und dachte über seine Worte nach, die mir wie tausend Nadelstiche im Gesicht brannten. Ich tauchte ein Handtuch in einen Eimer voller Wasser und drückte es über Kopf und Schultern aus. L. Q. Navarro lehnte an der gekachelten Wand. Sein dunkler Anzug war in Dampf gehüllt, doch sein Gesicht wirkte so kühl und trocken, als stünde er auf einer Eisscholle.
    »Laß dich von der Sorte nicht anfegen«, sagte er.
    »Welche Sorte meinst du?«
    »Leute mit Geld. Ich weiß nicht, was der Junge drüben in Vietnam gemacht hat, aber wir sind da drunten in Coahuila mit Revolvern gegen automatische Waffen vorgerückt. Und tüchtig eingeheizt haben wir den Jungs auch.«
    »Die haben garantiert gewußt, daß wir in der Stadt gewesen sind.«
    Er nahm seinen Stetson ab und wirbelte ihn um den Finger. Seine Zähne glänzten, als er lächelte.
    »Dieser Deputy, die hoch aufgeschossene Frau, Mary Beth heißt sie, nicht? Die war gut zu dem kleinen Jungen. An so was erkennt man, daß sie die Richtige ist«, sagte er.
    Er grinste erneut; dann wurde

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