Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
gedacht, ich hätte meine wilde, aufbrausende Art hinter mir gelassen. Doch ebensosehr wie meine Lenden nach den nächtlichen Liebkosungen der Rose vom Cimarron verlangen, sehne ich mich danach, den harten Stahl des 36er Navy-Colts in meiner Hand zu spüren. Ich hasse diese Männer von Grund auf, Gott vergebe mir, aber ihretwegen schäme ich mich, der weißen Rasse anzugehören, und träume wieder vom alten Leben und von den Männern, deren Gesichter im Mündungsfeuer meiner Waffe aufleuchteten, während ringsum die Leute von den Balkons der Bordelle und Saloons zuschauten.
Jennie und ich sind in eine Hütte oben auf der Hügelkuppe über dem Fluß gezogen. Wir haben Pfirsich- und Apfelbäume im Garten und Vorhänge an den Fenstern, die sie aus ihren alten Kleidern genäht hat. Doch ich kann mich nicht mit diesen Banditen da unten in ihren Erdhöhlen abfinden, ihren Squaws, die Opiumkügelchen für ihre Pfeifen drehen, den geraubten Dollarscheinen, die sie um ein Haar im Fluß verloren hätten und die jetzt an Wäscheleinen trocknen.
Vielleicht hasse ich sie, weil die Art, wie sie hausen und sich der Hurerei hingeben, der einzige Unterschied zwischen uns ist. Ich habe mich darüber gegrämt und schließlich Jennie um Rat gefragt. Sie hat nichts darauf erwidert, sondern ist zu dem Holzofen hinter der Hütte gegangen und hat Fleisch für unser Frühstück gebraten. Sie hatte kaum einen Faden am Leib und sah aus wie eine junge Wilde. Bei ihrem Anblick befiel mich eine unbezähmbare Leidenschaft, so daß meine Hände selbst in unserem kühlen Schlafzimmer noch immer schweißnaß waren.
Ich bin sechsundfünfzig Jahre alt und weiß doch gar nichts über mich.
Pete hatte seinen Fängerhandschuh am Gürtel hängen, als er glühend, schmutzig und selig strahlend zu mir in den Schatten kam.
»Gehn wir nachher ein Pfirsicheis essen?«
»So was laß ich mir doch nicht entgehen«, erwiderte ich.
»Kennst du die Männer da drüben, Billy Bob? Sie sind schon zweimal um den Block gefahren, wie wenn sie irgendwas suchen.«
Ich warf einen Blick zurück zu dem Fahrweg hinter mir. Die beiden Wagen waren dunkel lackiert und glänzten wie frisch gewachst, hatten getönte Fenster und Funkantennen. Ich stand auf, setzte meinen Stetson auf und ging zu Beau, streichelte ihm den Kopf und ließ ihn einen Zuckerwürfel aus der offenen Hand fressen. Die beiden Wagen hielten am Rand des Entwässerungsgrabens, und das Fenster auf der Beifahrerseite des vorderen Autos wurde heruntergelassen.
Der Mann, dem ich vor Mary Beths Apartment begegnet war, schaute mich durch seine Pilotenbrille an.
»Sie haben sich Roy Devins schon einmal vorgeknöpft. Vielleicht sollten Sie ihn diesmal lieber der Obhut anderer überlassen«, sagte er.
»Sie wissen doch, wie das so ist, wenn man sich langweilt. Dann fragt man sich halt, warum sich hier FBI-Typen rumtreiben, einem unterschwellig drohen, sich aufführen wie die letzten Stinkstiefel und dergleichen mehr«, erwiderte ich.
Er lachte leise vor sich hin.
»Wie wär’s, wenn Sie Ihr Mütchen mal woanders kühlen«, sagte er.
»Ich nehme doch an, daß wir auf der gleichen Seite stehen, oder?«
»Sie sind Strafverteidiger, Mann. Sie werden dafür bezahlt, daß die Arschgeigen nicht hinter schwedischen Gardinen landen.« Er warf einen Blick auf Pete, wandte sich dann wieder mir zu. »Habt ihr den toten Mexen drunten in Coahuila wirklich Spielkarten in den Mund gesteckt?«
Ich streichelte Beaus Mähne, stieg dann über den Graben und beugte mich durch das offene Fenster des vorderen Wagens.
»Ich habe mit einem Ranger namens L. Q. Navarro zusammengearbeitet. Wir haben die Dealer hopsgenommen und ihre Lager niedergebrannt, die ihr nicht gefunden habt. Der Mann würde sich von Ihnen nicht mal die Stiefel putzen lassen, mein Guter.«
Er nahm seine Sonnenbrille ab und schaute mich seelenruhig an.
»Wenn Ihnen was an der Kleinen liegt, dann machen Sie ihr keine Scherereien. Sie sind doch ein intelligenter Mann. Sie können mit so was doch bestimmt umgehen«, sagte er und winkte seinem Fahrer.
Pete und ich sahen zu, wie die beiden Wagen, deren Fenster wieder dicht geschlossen waren, langsam anrollten, so als wollten die Fahrer vermeiden, daß die Weißwandreifen Steinchen aufschleuderten, die den glänzenden Lack beschädigen könnten.
»Du bist ziemlich verrückt, Billy Bob«, sagte Pete.
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Für jemanden, der im Fluß getauft und später Katholik geworden ist, schwindelst
Weitere Kostenlose Bücher