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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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egal, wohin ich gehe«, sagte er.
    »Ich habe heute keine Lust, mich mit Ihnen anzulegen, Brian.«
    »Wie kommen Sie dazu, mich beim Vornamen anzureden?«
    Er trug einen blauen Anzug und ein weißes Hemd. Seine Haare, die stellenweise grau meliert waren, schimmerten stumpf wie Metall. Er stand plattfüßig vor mir, massig und schwergewichtig, um die Schulter so breit, daß sein Anzug kaum paßte. Das gespaltene Kinn, die parfümierten, glatt rasierten Wangen, das ganze tadellose Äußere, das er wie eine Uniform zur Schau stellte, das alles paßte nicht zu dem Ausdruck in seinen Augen.
    »Lassen Sie mich bitte vorbei«, sagte ich.
    »Sie liegt da drin, weil diese Kids sich an sie gehalten haben, um Sie zu treffen.«
    »Wenn es so ist, hat Garland T. Moon sie dazu angestiftet.«
    »Das läuft aufs gleiche raus. Weil Sie nicht von ihm ablassen können. Aber andere Leute müssen die Suppe auslöffeln.«
    »Moon ist draußen auf der alten Hart-Ranch auf irgendwas gestoßen. Er weiß bloß nicht genau, um was es sich handelt. Aber das wissen Sie vermutlich alles. Machen Sie Ihre Mätzchen mit jemand anderem.«
    Ich wollte an ihm vorbeigehen, doch er packte mich am Arm. Ich stieß seine Hand weg und spürte, wie ich ihn mit den Fingern versehentlich an der Brust traf. Sein Gesicht lief rot an, und er packte mich erneut, diesmal mit beiden Händen, reckte das Kinn vor und bleckte die Zähne. Ich stieß ihn weg und trat einen Schritt zurück, hob den Arm und deckte mein Gesicht, dann drückten ihm die beiden anderen Agenten die Hände an die Brust und drängten ihn zur Seite.
    »Haun Sie ab«, sagte der eine nach hinten gewandt.
    »Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«
    »Täuschen Sie sich mal nicht, Mann«, erwiderte er.
    Mary Beth hatte ein Kissen im Kreuz und saß aufrecht im Bett, als ich in ihr Zimmer kam. Ihr rechter Arm war bandagiert, und die Haut zwischen dem Klebeverband war rot und lila verfärbt und dick geschwollen, so als hätte sie eine Wespe gestochen. Sie hatte die Haare mit einem Band hochgerafft, damit sie nicht auf den Gazebausch über der Wunde fielen, wo ihr ein Armierungseisen die Kopfhaut fast bis auf den Knochen aufgerissen hatte.
    »Gut siehst du aus«, sagte ich.
    »Ganz bestimmt.«
    »Wann darfst du wieder nach Hause?«
    »Heute. Ich habe nicht allzuviel abgekriegt.«
    Sie war ungeschminkt, und ihr Gesicht wirkte im gedämpften Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel, wie versteinert, so als wolle sie die Gedanken verbergen, denen sie sich selbst noch nicht gestellt hatte.
    »Hast du letzte Nacht geschlafen?« fragte ich.
    »Ja, ein bißchen.«
    »Als ich angeschossen worden bin, habe ich ständig Mündungsfeuer gesehen, sobald ich die Augen zugemacht habe. So was dauert eine Zeitlang.«
    Sie ließ den Blick über mein Gesicht wandern und schaute mich dann eindringlich an.
    »Was ist los?« fragte ich.
    »Neulich hast du gesagt, du wüßtest nicht, wer ich bin«, sagte sie. »Mein Vater war Motorradpolizist in Oklahoma und Sheriff in Kentucky. Er war ein anständiger Mann, aber Sexualstraftäter hat er bis aufs Blut gehaßt. Er hat zwei umgebracht, als sie bereits in Gewahrsam waren.«
    »Und die haben keinen Fluchtversuch unternommen?«
    »Wie oft kommt es denn vor, daß ein Polizist auf einen Flüchtigen schießen muß? Und dann gleich zweimal, bei verschiedenen Anlässen?«
    »Das muß doch ewig lange her sein, Mary Beth.«
    »Er hat diese Männer gehaßt, weil ein Abartiger bei uns zu Hause von hinten durchs Fenster eingestiegen ist, als ich drei war.«
    Ich wandte den Blick ab.
    »Er kam ums Leben, als er hinter einem Frauenschänder her war. Ist in ein Haus eingedrungen. Bei Nacht, ohne Unterstützung, hatte ein ›Weggeworfene‹ um den Knöchel geklebt. Du kannst dir wohl denken, was er vorhatte«, sagte sie.
    »Machst du dir Vorwürfe?«
    Sie dachte darüber nach. »Nein«, sagte sie. »Aber ich werde mich nicht von dir dazu benutzen lassen, Garland T. Moon oder Darl Vanzandt aus dem Verkehr zu ziehen – oder wen immer du im Sinn hast.«
    »Ich bin gerade Brian Wilcox über den Weg gelaufen. Wenn der die Kavallerie sein soll, werden wir meiner Meinung nach garantiert alle mit Pfeilen gespickt.«
    Sie mußte unwillkürlich lächeln. Ich setzte mich auf die Bettkante und ergriff ihre Hand. Ich strich über die Sommersprossen in ihrem Gesicht. »Pete und ich fahren dich heute nach Hause, und später bringen wir dir was zum Abendessen vorbei«, sagte ich.
    Sie ließ den Kopf auf das Kissen

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