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Dunkler Sturm - Roman

Titel: Dunkler Sturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Familiengeheimnis einzuweihen.

8. Kapitel
    Gabriel und De Mona beobachteten Redfeather mindestens fünf Minuten lang schweigend, aber er sagte kein einziges Wort. Stattdessen marschierte er auf dem Teppich seines Arbeitszimmers hin und her und warf gelegentlich einen Blick auf das Bündel. Tausend Lügen hätten nicht abwenden können, was – wie er wusste – kommen würde. Ob es ihm gefiel oder nicht, dieses rachsüchtige Ding hatte seinen Enkel auserwählt, und der musste darauf vorbereitet werden.
    »Dieses Ding ist ein Fluch, der noch aus der Zeit der Belagerung stammt«, erklärte Redfeather schließlich.
    »Der Belagerung?« Gabriel fuhr sich zerstreut mit der Hand durch sein zerzaustes Haar. »Hast du mir diese Geschichte nicht immer erzählt, als ich noch ein Kind war? Es ging um eine Schlacht zwischen Heiligen und Dämonen, stimmt’s?«
    »Ritter«, verbesserte ihn De Mona. »Man nannte sie die Ritter Jesu. Mein Vater hat mir die Geschichte ein paarmal erzählt.«
    »Ich dachte immer, du würdest mir das nur zumVergnügen erzählen«, sagte Gabriel zu seinem Großvater. »Die Vorstellung, dass Dämonen tatsächlich existierten, kam mir einfach ein bisschen absurd vor … Nichts für ungut«, fuhr er an De Mona gewandt fort, die das mit einem Knurren kommentierte.
    »Nein, diese Belagerung hat sich tatsächlich zugetragen, und Miss Sanchez«, er nickte in ihre Richtung, »sollte dir ein hinlänglicher Beweis dafür sein, dass sie tatsächlich unter uns sind.« Redfeather ging zu einem der hohen Bücherregale und fuhr mit dem Finger über die Buchrücken. Dann zog er ein dickes, in Leder gebundenes Buch heraus und wog es in der Hand. »Die Geschichte der Siebentägigen Belagerung wurde von Eltern an ihre Kinder weitergegeben, seit der letzte Dämon getötet worden war. Als unsere Feinde unterworfen waren, wurde der Orden der Ritter aufgelöst, und jedem wurde seine geweihteWaffe anvertraut. Es war unsere Aufgabe, dieWaffen und auch die Geschichte zu bewahren, für den Fall, dass die Ritter eines Tages wieder zu denWaffen gerufen würden. Wir mussten darauf vorbereitet sein, wenn die Heerscharen der Hölle sich erneut gegen die Menschheit wenden würden. Obwohl der Orden aufgelöst wurde, sorgten unsere Vorfahren dafür, dass wir die Frauen und Männer, die in der Schlacht gefallen waren, niemals vergaßen. Sonst wären wir schlecht gerüstet für den Fall, dass die höllische Streitmacht die Menschheit erneut angreifen würde.«
    Gabriels Miene wurde plötzlich ausdruckslos. »Großvater, warum sagst du immer ›wir‹?«
    Redfeather blickte in das fragende Gesicht seines Enkels. »Weil es unser Geschlecht war, das die Schlacht entschied, und unser Blut, das für alle Zeiten von den dunklen Lakaien gejagt werden wird. Sie werden nicht ruhen, bis der letzte Jäger zur Strecke gebracht ist.«
    »Großvater, ich bin Vegetarier, schon vergessen? Ich bin ebenso wenig ein Jäger wie du.« Er grinste seinen Großvater an.
    Redfeather blickte auf seine runzligen Hände und krümmte sie, als würde er etwas festhalten. »Ich war nicht immer der Mann, den du jetzt siehst. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit gehörte ich voller Stolz dem Orden an, ebenso wie mein Sohn. Dein Vater gehörte zu den Tapfersten unter unseren Brüdern, bis er der Finsternis zum Opfer fiel.«
    »Mein Vater?« Von seinem Vater und jener schicksalhaften Nacht zu sprechen weckte schmerzliche Erinnerungen in Gab riel. Als Kind hatte er zu der Artistentruppe seiner Eltern gehört, den Fliegenden Redfeathers. Sie faszinierten die Zuschauer jede Nacht mit ihren todesmutigen Kunststücken und waren sogar eine Weile mit einem französischen Zirkus gereist. Das war die schönste Zeit in Gabriels Leben gewesen, bis ein außer Kontrolle geratenes Feuer in einem Wohnwagen all dem ein Ende gesetzt hatte. Gabriel war nur mit dem Leben davongekommen, weil er mit einigen anderen Künstlern in der Stadt war, um Vorräte einzukaufen, als das Feuer ausbrach. Die Katastrophe hatte seine Eltern, seinen Onkel und seinen älteren Bruder das Leben gekostet. Gabriel war plötzlich ganz allein auf der Welt gewesen, bis sein Großvater ihn zu sich genommen hatte.
    »Aber sie sind alle bei einem Feuer ums Leben gekommen!«, stieß Gabriel aufgeregt hervor. »Es war ein Unfall!«
    »Ein Feuer hat sie getötet, aber es war kein Unfall; es war das Werk der Handlanger der Hölle«, erklärte Redfeather. »Es tut mir leid, dass ich dich belogen habe, Gabriel. Ich habe

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