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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Spezialeinsatzkommandos war ein drahtiger Mann mit militärischem Kurzhaarschnitt und ernsten Zügen, aus denen Disziplin und langjährige Erfahrung sprachen. Doch nun bereitete es ihm sichtlich Mühe, seine Verärgerung im Zaum zu halten. »Sie hätten wenigstens nachfragen können, ob sie überhaupt im Haus ist«, fügte er an Stark gewandt hinzu.
    »Um sie damit zu warnen?«, gab Stark zurück. »Nein, Dr. Forstner hat vollkommen Recht, wir dürfen unseren Wissensvorsprung keinesfalls aufs Spiel setzen. Zum ersten Mal sind wir ihr einen Schritt voraus. Noch weiß sie nicht, dass wir ihren Namen kennen. Aber was meinen Sie, wie schnell es sich herumgesprochen hätte, wenn die Polizei an ihrem Arbeitsplatz nach ihr fragt? Und einer vermeintlichen Privatperson hätte man sicherlich keine
Auskunft über eine Mitarbeiterin gegeben. Außerdem wäre es schon ein arger Zufall, wenn sich ausgerechnet heute, kurz nach der Brandstiftung, jemand nach ihr erkundigen würde.«
    Erler schien davon nicht überzeugt. »Na und? Wer sagt überhaupt, dass sie nach dem Mord an Thanner wieder hierher zurückgekehrt ist?«
    »Verstehen Sie denn nicht?«, mischte Jan sich ein. »Tatjana Harder glaubt sich da drin in Sicherheit. Der Pfauenhof ist ihre Tarnung, wenn Sie so wollen. Selbstverständlich wird sie hierher zurückkehren. Sie wird so tun, als sei nichts gewesen, und niemand wird Verdacht schöpfen. Das wird sie jedenfalls glauben, denn bisher hat es ja immer funktioniert. In einem Punkt haben Sie allerdings Recht: Wir wissen nicht, ob sie bereits zurückgekehrt ist.«
    Erler schien einen Moment nachzudenken, dann nickte er entschlossen. »Na gut, dann gehen wir jetzt eben rein und finden es heraus.«
    »Nein«, widersprach ihm Jan, »nur ich werde hineingehen, so wie wir es besprochen haben.«
    »Verdammt«, fuhr Erler ihn an, »muss ich mir jetzt von einem Psychiater meine Arbeit erklären lassen?«
    »Niemand will Ihnen Vorschriften machen«, ging Stark dazwischen, »aber denken Sie doch mal nach. Wenn Frau Harder noch nicht zurückgekehrt sein sollte und wir jetzt alle in das Gebäude gehen, verspielen wir unsere Chance. Sie wird da drin sicherlich Freunde oder Kollegen haben, die es gut mit ihr meinen oder auch nur neugierig werden. Ein einziger Anruf, dass die Polizei ihretwegen hier ist, genügt, und wir können wieder von vorn anfangen, nach ihr zu suchen.«
    »Aber wenn nur Forstner reingeht und dort auf sie wartet, ist das etwas anderes?«

    »Ja, das ist es allerdings«, sagte Jan. »Vergessen Sie nicht, dass wir es mit einer wahnhaften Person zu tun haben. Und in ihrer Wahnwelt habe ich sie schon häufiger besucht, wie sie mir erzählt hat. Nun besuche ich sie eben in der realen Welt. Das dürfte sie nicht allzu sehr verwundern, immerhin hatte ich in letzter Zeit schon mehrmals darauf gedrängt, ihr persönlich zu begegnen. Vor allem aber glaubt sie ja, dass ich weiß, wer sie ist. Immerhin haben Jana und ich einen gemeinsamen Plan, wie auch immer der aussehen mag. Und nicht zu vergessen, ist sie in mich verliebt.«
    Stark legte seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an. »Bitte, Erler, lassen Sie es uns zuerst so versuchen, wie wir es besprochen haben. Dr. Forstner wird reingehen und sie unter einem Vorwand zu uns nach draußen holen. Dann können ihre Männer zugreifen.«
    »Glauben Sie mir, Erler, Tatjana wird mir vertrauen«, versicherte ihm Jan. »Sie wird mir nichts tun, und wir werden keinen der Heimbewohner oder das Personal gefährden. Wägen Sie doch nur einmal das Risiko ab. Was glauben Sie, was los wäre, wenn Tatjana tatsächlich schon zurück ist und Wind davon bekommt, dass Polizisten das Heim nach ihr durchsuchen? Wir haben doch schon zur Genüge erfahren müssen, was passiert, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlt und ausrastet.«
    »Erler, diese Frau ist nicht nur gefährlich, sondern auch geisteskrank «, betonte Stark nochmals. »Und Dr. Forstner ist Psychiater. Er kennt sich im Umgang mit solchen Menschen aus, nicht wahr?«
    Jan nickte. »Ja, ich traue es mir zu, sie aus dem Heim zu holen. Ohne dass jemand dort drin gefährdet wird. Und auf dem freien Vorplatz kann sie Ihnen nicht davonlaufen. «

    Erler lehnte sich in seinem Sitz zurück und schloss die Augen. Er biss die Zähne zusammen, bis die Kaumuskeln in seinem kantigen Gesicht hervortraten. Angespanntes Schweigen breitete sich in der Fahrzeugkabine aus. Dann atmete der SEK-Leiter tief durch und sah die

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