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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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auf den Gang hinaus, und Maria Ostmann schloss die Tür. Ihr war anzusehen, dass sie verwirrt war.
    »Wollen Sie mir bitte verraten, was hier eigentlich los ist? Wer hat Tatjana diese Briefe geschickt, wenn Sie es nicht gewesen sind?«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen darauf eine Antwort geben«, erwiderte Jan.
    Stark wiegte den Kuvertstapel in der Hand. »Hat Frau Harder in letzter Zeit Besuch von einer Frau bekommen? «
    Die Heimleiterin schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat nur sehr selten Besuch, und wenn, dann ist es ihr Betreuer. Aber Herrn Gessing haben wir schon länger nicht mehr zu Gesicht bekommen. Von einer Frau weiß ich nichts, aber gestern war ein Mann hier, den ich vorher noch nie gesehen habe. Er hat nach Tatjana gefragt und war kurz bei ihr. Nicht lange, vielleicht zehn Minuten, dann ist er wieder gegangen.«
    Stark wechselte einen kurzen Blick mit Jan. »Hieß dieser Mann Felix Thanner?«
    »Er hat sich nicht vorgestellt, aber ich glaube, dass er Pfarrer gewesen ist. Zumindest war er schwarz gekleidet und hatte so einen weißen Kragen, wissen Sie? Wie gesagt, er war nur kurz hier, aber ein wenig merkwürdig war das schon.«
    »Merkwürdig?« Jan hob die Brauen. »Inwiefern?«
    »Nun ja, er hat wie Sie beide reagiert. Er kam in das Zimmer und ist erschrocken, als er Tatjana gesehen hat.« Sie seufzte. »Das hat sie sehr verletzt. Sie war danach völlig durcheinander. Deshalb hatte ich mich auch so für Tatjana gefreut, als ich hörte, dass Sie zu Besuch kommen,
Dr. Forstner. Ausgerechnet einen Tag, nachdem sie wegen des Pfarrers so verwirrt gewesen war. Ich dachte, das sei großartig und Ihr Besuch würde ihr guttun. Sie liebt Ihre Gedichte … auch wenn sie nicht von Ihnen sind.«
    Jan wich ihrem Blick aus, und Stark fragte: »Sie haben nicht zufällig mitbekommen, was Thanner mit ihr gesprochen hat?«
    »Nein. Für mich sah es aus, als würde er beten. Dann ist er wieder gegangen.«
    »Hat er sich mit jemandem vom Personal unterhalten? «
    »Ich glaube nicht, nein.«
    Stark kratzte sich ratlos am Kopf. Dann sah er Jan an. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Warum, in Gottes Namen, schickt er uns zu dieser Frau? Das ergibt doch keinen Sinn.«
    Auch Jan wusste nicht weiter. Wie war Thanner auf Tatjana gekommen? Warum hatte er Jan ihren Namen genannt?
    »Wir brauchen Ihre Hilfe, Frau Ostmann«, sagte er. »Was können Sie uns über Tatjanas Vorgeschichte sagen? «
    Einen Augenblick lang überlegte die Heimleiterin. »Nun, ehrlich gesagt, nicht besonders viel. Sie hatte als junges Mädchen einen schweren Unfall, bei dem sie fast umgekommen wäre. Später kam sie hierher in den Pfauenhof. Das war allerdings lange vor meiner Zeit.«
    »Was war das für ein Unfall?«, wollte Stark wissen.
    Maria Ostmann zuckte bedauernd mit den Schultern. »Tut mir leid, so genau weiß ich das nicht. Es ist ja auch schon ewig her und spielt für unseren Berufsalltag eigentlich keine Rolle. Ich glaube, sie wurde bei einem Brand verletzt. Aber am besten fragen Sie ihren Betreuer. Seine
Frau und er kennen Tatjana schon von klein auf, hat er mir einmal erzählt. Wenn Sie kurz warten, gebe ich Ihnen die Adresse.«
    Während Maria Ostmann in einem Büro verschwand, schob sich Stark zwei weitere Pfefferminzpastillen in den Mund und sah Jan fragend an.
    »Können Sie sich darauf einen Reim machen? Wenn Thanner wusste, dass diese Frau schwerbehindert ist, warum behauptet er dann, sie sei diese Verrückte? Dieses bedauernswerte Geschöpf kann doch keinen Finger rühren, geschweige denn einen Mord begehen.«
    Jan wiegte den Kopf. »Vielleicht meinte er damit, dass sich diese Frau für Tatjana Harder ausgibt oder sich für sie hält. Immerhin wäre das eine weitere Erklärung, warum sie sich Jana nennt. Ich vermute, dass er ihren wirklichen Namen nicht gekannt hat und dass es eine Verbindung zwischen den beiden geben muss. Wir müssen auf jeden Fall mit Tatjanas Betreuer sprechen.«
    »Also, ich weiß nicht«, seufzte Stark. »Diese Sache schlägt mir langsam auf den Magen. Es ist, als würden wir wirklich nach einem Gespenst suchen.«
    »Wenn es Sie tröstet, Jana ist sicherlich kein Gespenst«, entgegnete Jan und lächelte schwach.
    »Ja, sicher«, brummte Stark. »Allerdings ist sie auch nicht Tatjana Harder.«
    Auf dem Weg zum Aufzug kamen sie wieder an Tatjanas Zimmer vorbei. Eine Pflegerin war bei ihr. Sie hatte die Tür offen stehen lassen. Tatjana sah jetzt aus dem Fenster, und Jan glaubte, ein leichtes Zucken ihres

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