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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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zweiten Fallgitter gleicher Art.
    Wir warteten. Es gab kein Losungswort. Jemand über unseren Köpfen hatte uns gesehen und erkannt; trotzdem war die Maschinerie, die zum Emporziehen des Fall gitters benötigt wurde, so schwerfällig, dass wir sie eine Weile klirren und knirschen hörten, bevor das Gitter sich langsam in Bewegung setzte. Es glitt in seinen Führungsschienen aufwärts und gleichzeitig wurde auch das innere Fallgitter emporgezogen. Wir ritten in die Burg ein.
    Der Tunnel führte leicht ansteigend aufwärts. Wegen des engen Raumes und der Steigung kamen die Zugtiere mit den Fuhrwerken nur im langsamen Schritttempo voran; ich blickte im Halbdunkel umher und sah, was zu sehen ich erwartet hatte.
    Über unseren Köpfen waren Löcher, in die man die Hand stecken konnte, in Abständen von drei Schritten sauber in die Quader des gemauerten Gewölbes gebohrt. Entlang den Seiten des Tunnels gab es Schießscharten, breit genug für einen Armbrustbolzen, von innen mit ei sernen Läden verschlossen. Die Götter mochten den Angreifern helfen, die durch eine Serie von Wundern durch das äußere Tor bis hierher vorgedrungen waren. Feuer von oben und Tod und Verderben von beiden Seiten würden ihr Schicksal besiegeln.
    Ich hatte überlegt, wie der Orden die Festung Ys gegen eine vielleicht dreißigfache Übermacht halten wollte, aber nun überlegte ich, weshalb sie dachten, es sei möglich, dass sie die Festung vielleicht nicht würden halten kön nen. Aber das war eine voreilige Vermutung. Ich hatte die Armeen des Dunkels noch nicht gesehen.
    Wir kamen in einen Hof, der in tiefen Schatten lag. Am Himmel verdämmerte das letzte Tageslicht. Ich legte den Kopf in den Nacken, um zum Wehrgang aufzublicken, und konnte ihn nicht sehen, weil die Mauern so dick waren, dass sie auch auf der Innenseite Zinnen trugen. Ich konnte keine Schießscharten, keine Spalten in den nack ten Mauern sehen, aber in der westlichen Wand, die nur die dreifache Höhe eines Mannes hatte, öffnete sich ein schweres Tor. Aus diesem kam eine Begrüßungsabord nung, wenn man es so nennen konnte, da der Orden von Schaustellungen unschuldiger Wiedersehensfreude und Gefühlsüberschwang jeglicher Art nichts hielt. Unter ihnen befand sich ein männlicher Verwalter mit einem Bündel von Papieren und einem unfrohen, geplagten Ge sichtsausdruck. Offenbar war ihm gerade erst mitgeteilt worden, dass er fünf weitere Ankömmlinge unterbringen musste, die keine Schwestern waren.
    »Priorin, diese Gesellschaft besetzt den Saal im dritten Stock der Festung und wird dort alles Nötige vorfinden, einschließlich des Verteilungsplanes für den Wachtdienst und der Befehle zur Eingliederung in die Verteidigungskräfte. Pferde zu den Stallungen des inneren Hofes. Nun, was diese Herren betrifft…«
    »Zwei sind verwundet. Sogar drei.« Merceda glitt aus dem Sattel.
    »Oh. Nun, in der Krankenstation gibt es freie Betten. Wenn Sie mir folgen wollen…«
    Mit Raols Hilfe hoben sie Huberts Bahre auf und wir folgten ihnen durch das Tor. Dies führte auf einen weiteren Hof, der dem letzten glich – der Grundriss der Fes tung entsprach ungefähr einem Rad mit Speichen. Hier gewann man durch das Torhaus Zugang zum inneren Burghof. Schuppen waren an die Wände gebaut und bei ihrem Anblick erinnerte ich mich, dass es im äußeren Hof nichts Hölzernes gab. Massive Steinquader, nackte, ge stampfte Erde, Metall. Nichts Brennbares. Aber hier gab es Lager- und Geräteschuppen und einen Brunnen.
    Ich schlenderte hinüber und schaute hinein. Der Schacht musste halbwegs zum Palast des Erdkönigs hinabreichen, so tief war er durch den anstehenden Fels geschlagen. Ich konnte kein Wasser sehen.
    Ein weiteres Tor, und vor uns das Hauptgebäude mit dem Bergfried.
    Dieser war sozusagen der Nagel, der Ys auf dem Fels festhielt, grau und massiv, hoch genug, um die mächtigen äußeren Mauern zu überblicken. Dennoch schien er ge wissermaßen natürlich, als wäre er aus dem anstehenden Gestein emporgewachsen und durch die Hand des Gottes der Baumeister geformt worden. Um ihn zu betreten, musste man eine Anzahl hölzerner Stufen ersteigen, die neben dem Koloss seltsam vergänglich aussahen und zu einer schmalen Tür in der Höhe des ersten Stockwerks über den Boden führte. Die Stufen sahen vergänglich aus, weil sie es waren. Sollte es dem Feind durch irgendwel che unvorstellbaren Mittel gelingen, die äußeren Verteidi gungen zu durchbrechen, würde die Garnison sich in diese letzte

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