Dunkler Zauber
Art keinerlei Beachtung und ließ sich stattdessen neben sie auf den Sand gleiten.
Alex zuckte mit den Schultern. »Mir ist nichts Besseres eingefallen.«
Cam erinnerte sich an einen Spruch auf Beths Kalender und scherzte: »Du bist nur dort, wo du selbst hingegangen bist.« Alex warf den Kopf zurück.
»Na vielen Dank. Wenn ich mal einen richtig kitschigen Spruch brauche, dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden kann.«
In Wirklichkeit wussten sie beide, warum Alex die Flucht ergriffen hatte. Es ging nicht darum, dass Dave und Emily sie beim Lügen ertappt hatten. Sie war nur schlicht und ergreifend zu Tode erschrocken.
»Alex«, fuhr Cam sanft fort, »warum hast du überhaupt gelogen?«
»Hab ich doch gar nicht«, beharrte Alex trotzig. »An diesem Abend, an dem du auf einmal vor unserer Haustür standest, haben meine Eltern doch versucht herauszukriegen, was eigentlich los ist, und du hast behauptet, dass er tot sei.«
»Dein Gedächtnis ist nicht gerade umwerfend, Baby.« Alex reckte trotzig das Kinn vor. »Wenn ich mich recht erinnere, sagte damals Dave - Zitat: >Du hast gerade deine Mom verloren. Dein Dad ist schon vor einigen Jahren gestorbene«
»Haarspalterei gibt Spliss, Alex. Er hat nur formuliert, was du uns zu verstehen gegeben hast.«
Alex wandte sich ab. Sie wollte nicht, dass Cam ihr Gesicht sehen konnte - und vor allem wollte sie nicht ihr eigenes Spiegelbild sehen, in so liebevoller Sorge um sie. »Du wusstest, das er noch lebt«, wiederholte Cam. »Für mich ist er gestorben. Ich meine, was hat er denn schon je für mich getan? Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, dass er nach mir suchen würde - oder irgendwas von mir will.«
»Und was ist deine These ? Warum ist er auf einmal hier aufgetaucht?«, fragte Cam.
Alex wurde wütend. »Warum? Lass mich mal nachdenken. Woran kann ich mich erinnern, wie ist er denn so drauf, der Ike ... Hey, könnte er denken, Sara ist tot! Vielleicht hatte sie ja eine Lebensversicherung. Dann hat bestimmt das Mädchen die Kohle. Ich könnt's gut gebrauchen ...« Cam legte tröstend einen Arm um ihre Schwester. »Vielleicht ist er ja gar nicht mehr so. Menschen können sich auch verändern.«
»Er ist aber kein Mensch. Er ist ... die menschliche Entsprechung zu Beton. Er ... er hat uns sitzen lassen, Cam. Hat uns nur einen riesigen Stapel Rechnungen dagelassen, einen unglaublichen Schuldenberg, den meine Mutter nie abtragen konnte. Armut.« Sie sprach das Folgende nicht aus, aber sie dachte es: Du hast ja keine Ahnung, wie das ist. Du und deine vollkommene, harmonische Familie.
Cam schloss die Augen und überlegte einen Moment lang. »Wenn du sie lässt, Alex, dann wird diese vollkommene, harmonische Familie<, wie du sie so sarkastisch nennst, auch zu deiner. Sie wollen es zumindest alle versuchen.« Alex schlug unwirsch die Hacken ihrer Schuhe in den feuchten Sand und fuhr Cam an: »Nicht deine Mom. Sie fänd's bestimmt völlig in Ordnung, mich zurückzuschicken. Zurück zu ihm.«
Cam schüttelte den Kopf. »Quatsch! Emily hat Ängste, sie ist vielleicht auch nicht so spontan, aber sie hat ein gutes Herz. Das beste auf der ganzen Welt. Wenn du mir nicht glaubst, dann lies doch ihre Gedanken ...« Alex überlief ein kaltes Frösteln.
»Trau dich!«, forderte Cam sie heraus. »Und außerdem kannst du ja wohl unmöglich an meinem Dad zweifeln. Karsh hat uns doch erzählt, dass er Dave als meinen Adoptivvater ausgewählt hat. Und das wäre nicht geschehen, wenn er nicht das Allerbeste für uns wollte.«
»Dave hat ein Kind mit Supertalenten bestellt. Nicht zwei davon«, erinnerte Alex sie.
Mit einem Mal platzte Cam heraus: »Was für ein Durcheinander ! Unser echter Vater war Aron. Ein guter und mächtiger Hexer, aber nichtsdestotrotz tot.«
Alex war sofort mit dabei. »Ike, eine fiese und faule Niete, war niemals mein Dad, aber auf einmal kehrt er von den >Toten< zurück und will es werden!«
Cam fuhr fort: »Dave hat mich aufgezogen, er will für uns beide da sein.«
Alex fügte hinzu: »Emily ist nicht deine leibliche Mutter, Sara war nicht die meine - aber beide waren Moms in allem, was zählt.«
»Und dennoch ist unsere leibliche Mutter Miranda ...« Cam unterbrach sich und wusste nicht, wie sie den Satz zu Ende führen sollte. Dann rief sie aus: »Was für ein Chaos mit unseren Eltern ... man kann nicht mit ihnen leben, aber auch nicht ohne sie.«
Alex brach in Gelächter aus.
Cam erhob sich, klopfte den Sand von ihren Kleidern und streckte
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