Dunkles Begehren
wunderschönem Quilt zusammengerollt hatte und ein
Stofftier im Arm hielt. Der Anblick brach Gabriel das Herz. Sie sah so kindlich
und verletzlich aus, während sie schlief, und sie war noch nicht in
Sicherheit. Skyler war ein kostbares Geschenk für das karpatianische Volk, ein
Schatz, den er sorgfältig bewachen musste. Die Verantwortung lastete schwer
auf Gabriel. In ihrem schlanken Körper und brillanten Verstand trug Skyler
vielleicht die Entscheidung über Leben oder Tod eines karpatianischen Mannes.
Mit einer
Handbewegung schloss Gabriel die Tür und versiegelte sie. Danach versah er
jeden Eingang zu Skylers Zimmer mit einem komplizierten Schutzzauber. Das
Mädchen würde vor allen Eindringlingen sicher sein. Außer vor Lucian. Gabriel
machte sich nichts vor - sein Zwillingsbruder würde in der Lage sein, jeden
seiner Schutzzauber aufzulösen. Weniger mächtige Vampire würden sich verletzen
und vermutlich festgehalten werden, bis die Morgendämmerung ihnen ihre gerechte
Strafe brachte, doch nicht Lucian. In zweitausend Jahren hatte es nicht ein
einziges Hindernis gegeben, das ihn hätte festhalten können, keinen
Schutzzauber, den er nicht aufzulösen verstanden hatte.
Gabriel ließ die
Hände auf dem eisernen Balkongitter ruhen und blickte in den Garten hinunter.
Er war wunderschön, ein Meer aus Farben, selbst in der stillen Nacht. Er
lächelte. Francesca. Sie verstand es, alle Dinge zu verschönern. Natürlich
hatte sie Blumen ausgewählt, die nachts blühten. Sie wollte eine schöne,
beruhigende Umgebung in ihrem Haus und ihrem Garten schaffen, ganz gleich, zu
welcher Tageszeit. Es war ihr wichtig, dass andere sich wohl fühlten und von
Schönheit umgeben waren.
Gabriel dachte an
seine Gefährtin, und seine Gefühle für sie erfüllten sein Herz. Sie stellte das
Wohl anderer immer vor ihre eigenen Bedürfnisse. Zuerst hatte sie versucht,
Gabriel gegenüber unnachgiebig zu sein, war jedoch vom ersten Augenblick an
mitfühlend und großzügig gewesen. Ihre Seele allein tröstete alle, die ihr
begegneten. Eigentlich musste sie nichts weiter tun, als sie selbst zu sein,
doch das war für Francesca nicht genug. Selbst jetzt gestattete sie ihm, auf
die Jagd zu gehen, wohlwissend, dass er vielleicht nicht zu ihr zurückkehren
würde. Sie ließ ihn seine Aufgabe erfüllen, obwohl sie sich so verzweifelt
danach sehnte, dass er bei ihr blieb.
Francesca erwartete
ein Kind. Sein Kind. Falls er in dieser Nacht sterben sollte, hatte sie
versprochen, ohne ihn weiterzuleben, obwohl jeder Tag der Trennung schreckliche
Qualen für sie bedeuten würde.
Gabriel sehnte sich
nach ihr, obwohl er gerade einige wunderbare Stunden mit ihr verbracht hatte,
die ihm mehr Glück geschenkt hatten, als er für möglich gehalten hätte. Er
wollte bei ihr sein. Dieses Haus war sein Zuhause. Diese Leute waren seine
Familie. Doch draußen in der Nacht trieben Ungeheuer ihr Unwesen, die Jagd auf
Unschuldige machten, und er musste sie daran hindern.
Gabriel beobachtete
die schweren, dichten Nebelschwaden, die durch die Stadt zogen. Es war kein
gewöhnlicher Nebel. Die Untoten hatten ihn erschaffen, um sich ungesehen an
ihre
Beute
heranzuschleichen. Gabriel blickte zum Mond hinauf und genoss die Schönheit der
Nacht. Er war ein begnadeter Jäger. Mühelos sprang er auf das Balkongeländer
und streckte die Arme aus; er umarmte die Nacht, während er einen Schritt ins
Leere trat.
Sofort begann sein
Körper zu schimmern und wurde durchsichtig, sodass er im dichten Nebel kaum
noch zu erkennen war. Dann löste sich Gabriel in Millionen winziger Tröpfchen
auf, die in den Himmel aufstiegen und durch die dunklen Wolken und die
Nebelschwaden glitten. Hoch über der Stadt suchte er nach den typischen leeren
Flecken, die das Böse hinterließ, um das Versteck seiner Feinde zu entdecken.
Die kleine Bande von Vampiren, die in Paris ihr Unwesen trieben, waren auf der
Jagd nach sterblichen Opfern.
Gabriel war fest
entschlossen, dem Treiben der Untoten in dieser Nacht ein Ende zu bereiten.
Außerdem wollte er Brice finden. Er wusste, dass das Schicksal des einstigen
Freundes schwer auf Francescas Gewissen lastete, und er wollte alles wieder in
Ordnung bringen. Er selbst konnte wenig mit dem Mann anfangen, doch Francesca
war ihm zugetan. Außerdem handelte Brice unter dem Einfluss eines Vampirs,
sodass man ihm sein Verhalten nicht vorwerfen konnte. Vielleicht war es sogar
Lucian, obwohl Gabriel das bezweifelte. Er hätte niemals Brice ausgeschickt,
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