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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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strömte, als seine Arme sie umschlangen.
    Mit unverhohlener Gier drängte er gegen sie und flüsterte kaum hörbar ihren Namen. Sie wollte sich umdrehen, um seine Umarmung zu erwidern, doch hastig löste er sich von ihr und rannte fluchtartig zur Tür hinaus.
    Sie wollte ihm hinterher rufen, ihn aufhalten, doch sie war wie gelähmt von der Kälte des verloren gegangenen Haltes.
    Ihr ausdrucksloses Gesicht blickte sie vom Spiegel her an, und was sie dort sah, war ein kleines, dummes Kind, das Erwachsen spielte. Eine Maskerade aus Asche und Staub, die unter der leisesten Berührung unweigerlich zerfallen musste.

12. Kapitel
     
    Wie jeden Abend begann er auch diesen mit seinem »Ritual«. Schweigend und ungesehen streifte er stundenlang durch die dunklen Zimmer des Hauses, bedachte jedes sorgsam mit seinem Besuch und ließ nicht ein einziges aus - wie ein Vater das seidige Haar seiner Kinder streichelte, fuhr er hier und da sanft über einige Möbel, schimmerndes Holz, weiche Polster, und erfreute sich ihres friedlichen, immerwährenden Schlafes.
    Seine Liebe galt ihrem Dasein. Ihr Anblick lehrte ihn die Schönheit der unsichtbaren Dinge. In jedem zuvor unbeachteten Detail bargen sich neue kleine Wunder, und wie freute es ihn, dass er der Erste war, der sie bemerkte.
    Er war sich ziemlich sicher, dass noch niemandem vor ihm die filigranen Wimpern an den Augen der Statue an der Treppe auffielen. Er sah sie.
    Zu erkennen, wie sich die feinen Mosaiksteinchen der vielen Kleinigkeiten zu einem perfekten Ganzen zusammenfügten, schien ihm wie eine Offenbarung.
    Heute Nacht stimmt was nicht! dachte er. Das Haus verriet ihm, das irgendetwas anders war als sonst. Eine seltsame Spannung lag in den zahllosen Gängen und Zimmern, als lauschten die Wände selbst erwartungsvoll und mit angehaltenem Atem. Und tatsächlich! Kaum erreichte er den hinteren Teil der östlichen Promenadengalerie, hörte er eine fremde Stimme, die zusammen mit der seines Bruders im »Grünen Zimmer« flüsterte. Erst hörte er Jarouts Lachen, dass die Stille in den Fluren störte und dann die Stimme einer Frau. Eine Fremde.
    Was will sie hier? fragte er sich. Und wie kam Jarout dazu, ihr zu erlauben, in Mamas Zimmer zu sein? Dass sein Bruder überhaupt wagte, jemanden von außerhalb hierher zu bringen, irritierte ihn. Keine Fremden, warnte Lucas immer. Und jetzt? Kaum, dass Lucas nicht zu Hause ist, tändelte Jarout mit einer Fremden in seinen Fluren herum. Ihre Stimme war jung und ungeduldig. Jarout schien aufgeregt, doch auf eine ungewohnte und selten freudige Art. Wenn er so guter Stimmung ist, vielleicht wird er mich dann einladen, heute Nacht mit ihm zu kommen? dachte er. Er mochte die Reisen durch die Spiegel so sehr - die feinen Farben, die man dort sah, so viele Geheimnisse, Gesichter und Stimmen.
    Viele, viele Wochen schon war Jarout immer nur allein gegangen, und wenn er ihn dann und wann fragte, ob er nicht endlich in dieser Nacht wieder mitdürfe, dann wimmelte sein Bruder ihn nur mürrisch ab und meinte, er habe Wichtigeres zu tun, als ihn »Gassi« zu führen.
    Solange Zeit nicht rauszukommen, war nicht weiter schlimm. Er konnte mittlerweile auch für mehrere Tage, ohne sich zu nähren, auskommen, genau wie Blanche, Lucas und Seamus.
    Das Einzige, was ihn verstimmte, war, dass Jarout ihn wieder einmal spüren ließ, wie wenig ihm im Grunde an seiner Gesellschaft lag. Er war ihm nicht mehr als eine unwillkommene Last.
    Warum nur behandelte Jarout ihn so? Ein kleiner Trost war, dass er mit anderen nicht viel besser umsprang. Jarout war zwar freundlicher zu ihnen, aber nur, um sie nicht zu verärgern und weil er sich vor ihnen fürchtete. Leiden konnte er sie aber dennoch nicht.
    Umso erstaunlicher erschien ihm dann auch der ungewohnte Klang heute Abend in Jarouts Stimme. Zunächst konnte er nicht gleich benennen, was so besonders daran war, doch er lauschte weiter, und nach einer Weile kam er darauf - Jarout wollte gefallen. Nicht nur zum Schein, denn normalerweise, wenn er bei anderen etwas erreichen wollte, schlug er immer einen unschuldig schmeichelnden Ton an, der entfernt an das hinterhältige Säuseln eines Schlangenbeschwörers erinnerte. Nein, Jarout wollte dieser Frau ernsthaft gefallen.
    Ob sie wohl eine von uns ist? Eine Hirudo? fragte er sich. Auf jeden Fall muss sie etwas Besonderes sein, wenn Jarout sie mitnimmt und so eindringlich umwirbt. Die Neugier siegte. Er musste sie unbedingt sehen.
    Vorsichtig schlich er Schritt um

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