Dunkles Erwachen
die Erde und robbte die letzten Meter nach oben. Vorsichtig stützte er sich auf die Ellenbogen und sah in die Ebene hinab.
Im Schatten einer offen stehenden Baumgruppe lag das ausgebrannte und aufgerissene Wrack eines Helikopters, das den Elementen schutzlos ausgeliefert war. Doch nicht unweit davon stand eine zweite Maschine und um sie herum – Menschen!
Talons Atem beschleunigte sich. Er zählte ein knappes halbes Dutzend. Sie hatten direkt neben ihrem Helikopter zwei gedrungene Zelte aufgebaut. Der helle Stoff bewegte sich schwach im Wind.
[Lass uns gehen] , bat ihn T'cha. Talon hörte die ungewohnte Unruhe in der Stimme der Löwin und sah sie von der Seite an.
Er zögerte, bevor er antwortete. »Ich kann nicht. Ich – muss wissen, warum sie dort unten sind. Ihre Anwesenheit hat etwas mit mir zu tun. Das fühle ich.«
[Aber woher weißt du, was sie von dir wollen? Es können Freunde sein – oder Jäger.]
Er stieß den Atem hörbar aus und blickte wieder nach unten. Sie hatte recht. Er wusste, dass sie recht hatte. Es war unvorsichtig, sich den Menschen unbefangen zu nähern. Doch etwas in ihm zog ihn zu ihnen, und er fühlte, er konnte diesem Drang nicht widerstehen.
»Ich verspreche dir, ich bin vorsichtig«, flüsterte er ihr zu und rutschte über den Abhang nach unten.
[Ich hatte befürchtet, dass du das sagst] , erwiderte die Löwin mit einem unterdrückten Grollen und folgte ihm eng an den Boden gedrückt.
»Wann steht diese gottverdammte Satellitenverbindung, Denaro?« Berring fuhr sich mit dem Daumen über eine Augenbraue und wischte den Schweiß beiseite.
»In dieser gottverlassenen Gegend bekomme ich sie nur instabil rein, Chief!«, rechtfertigte sich ein jungenhaft aussehender Mann und streckte seinen Kopf aus dem Zelteingang. »Wir müssen uns in die Satelliten der US-Militärs einhacken. Anders bekommen wir keine Standleitung nach Kapstadt.«
Berring spuckte etwas Kautabak aus. Die dunkle Brühe klatschte auf den trockenen Boden und spritzte auseinander.
Er strich sich über seinen kurz geschorenen Kinnbart und warf einen Blick zu dem Wrack hinüber, das gerade zwei seiner Spezialisten untersuchten, Michaels und Strucker. Auf den ersten Blick hätte er nicht sagen können, was man in dem ausgebrannten Helikopter noch Verwertbares finden konnte, doch die beiden forensisch ausgebildeten Söldner seines Teams waren da offensichtlich anderer Meinung.
Charles Berring warf einen Blick nach oben. Er hatte nicht erwartet, dass hier im Nordwesten Kenias zu dieser Jahreszeit solch eine Hitze herrschte. Seiner wettergegerbten Haut machte die Sonne im Allgemeinen nichts aus, doch er verspürte fortwährend einen brennenden Durst, der ihn seit der Landung quälte.
Gestern hatten sie Anweisung zum SAR-Einsatz von der Zentrale aus Südafrika erhalten. Das war nichts Ungewöhnliches. Doch Berring war überrascht gewesen, dass ihn sein Staff Executive zur höchsten Geheimhaltung ermahnt hatte, selbst innerhalb seines Teams. Eine Search-and-Rescue-Mission war an sich nichts Ungewöhnliches. Diese allerdings ließ ihn mit zahlreichen unbeantworteten Fragen zurück.
›Operation Talon‹ ... Berring hatte niemals etwas von solch einer Mission gehört, obwohl er selbst zu den ranghöchsten Einsatzleitern im Stützpunkt in Nairobi gehörte. Nachdem er auf Nachfragen keine befriedigende Auskunft erhalten hatte, hatte er seinen Computerspezialisten Denaro auf Dateien zu dem Fall angesetzt. Doch selbst dieser hatte vor den Sicherheitssperren im Intranet von NuCorp kapitulieren müssen.
Berring presste die Lippen aufeinander. Es gefiel ihm überhaupt nicht, wenn man ihn zu einem Befehlsempfänger degradierte. Der Befehl lautete ›Sehen Sie zu, was dort noch lebt oder was Sie an Verwertbarem bergen können‹.
Der Söldner spuckte das letzte Stück Kautabak aus. Was sollte man aus einem vollkommen zerstörten Helikopter noch bergen, der von der Witterung der letzten Monate gezeichnet war?
Sie hatten gestern Abend ihr Lager hier aufgeschlagen und sich sofort nach Sonnenaufgang an die Untersuchung des Wracks gemacht. Menschliche Überreste hatten sie schnell gefunden, beziehungsweise das, was die Explosion und die Wildnis von ihnen übrig gelassen hatten.
Er verzog die Lippen. Seine beiden Forensiker nahmen sich nun die Fundstücke der Verunglückten vor, um festzustellen, ob sie zu zwei oder drei Personen gehörten.
Ihrer Position im Wrack zufolge musste es sich um die beiden skelettierten Kadaver der
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