Dunkles Erwachen
der kräftiger war als bei einer AK-47. Strucker legte erneut an, atmete durch, hielt die Luft an und drückte ab.
Ein Ruck ging durch die Löwin, als die Kugel ihre Schulter durchschlug. Sie wurde nach vorne geworfen und taumelte zu Boden.
»Na also, geht doch«, sprach er zu sich selbst. Er konnte sehen, dass sich das Tier noch bewegte. Ein Gnadenschuss war das einzig Richtige. Er wollte nicht, dass diese prächtige Raubkatze unnötig litt.
In diesem Moment durchbrach ein schlanker Schatten das Gras. Strucker hatte keine Zeit mehr zu reagieren. Er wurde zu Boden gerissen und konnte das Gewehr nicht festhalten. Bevor er sich aufrichten konnte, war der Schatten über ihm und warf sich auf seine Brust.
Der Söldner sah die Faust erst in dem Augenblick, in dem sie gegen seine Nase schmetterte. Er hörte etwas brechen. Seine Brille flog zur Seite. Ein scharfer Schmerz fuhr durch seine Stirn. Strucker gurgelte und schmeckte sein eigenes Blut.
Er konnte den zweiten Hieb nicht abwehren, der sein Kinn traf und seinen Kopf in den Staub stieß.
Panik stieg in ihm auf. Er wollte aufschreien, doch mehr als ein erstickter Ausruf löste sich nicht aus seinem Mund. Ein schwerer Schlag traf ihn links am Oberkörper. Er hörte seine Rippen brechen und krümmte sich. Strucker keuchte und schnappte hilflos nach Luft. Der Söldner spuckte Blut aus und röchelte.
Dann, mit einem Mal, war das Gewicht von seiner Brust verschwunden.
»Verdammt, los, los, los!«
Berring hatte den ersten Schuss gehört und nur kurz danach den zweiten. Er verlor keine Zeit damit, sein Sturmgewehr zu holen, sondern riss seine Glock 34 aus dem Holster und hastete los.
Eirene Michaels folgte ihm, ohne dass es eines Befehls bedurft hätte. Sie hatte ihre Beretta in der Hand und warf ihm einen ernsten Blick zu.
Der Squad-Chief rief der Pilotin, die ihn nervös ansah, zu, bei der Maschine zu bleiben, und rannte weiter. Er suchte die Umgebung vor sich mit den Augen ab und entdeckte plötzlich den halb nackten Wilden im hohen Gras, der mit ungehemmter Wut auf Strucker einschlug.
Ein erster Impuls befahl Berring, auf den Mann anzulegen und abzudrücken. Doch dann entschied er sich dagegen. Er erreichte die beiden Männer und riss den Wilden zur Seite. Dieser reagierte jedoch mit einer Schnelligkeit, die den Teamleiter vollkommen überraschte. Noch im Fallen trat der halb nackte Mann mit seinem Fuß nach und brachte Berring ins Straucheln. Der kampferprobte Söldner schrie unterdrückt auf und rollte über den Boden. Instinktiv hielt er seine Finger fest um den Griff seiner Waffe geschlungen.
Ein Schemen schnellte auf ihn zu. In einem Reflex riss Charles Berring die Waffe hoch und hieb sie seinem Angreifer gegen den Kopf. Ein wütender Aufschrei erklang, der mehr an ein Tier als an einen Menschen erinnerte. Der kräftig gebaute Mann warf sich nach links und stolperte hoch. Ein schwerer Hieb schleuderte ihn erneut zu Boden. Schmerzhaft prallte er mit dem Kinn auf die lehmige Erde und ächzte. Er versuchte seinen Gegner abzuwerfen und rollte mit ihm durch den Staub. Mit größter Mühe wehrte er die Schläge ab, die mit einer Flinkheit und Gewandtheit gesetzt waren, der er kaum folgen konnte.
Der Wilde warf sich über ihn und legte seine prankenhafte Rechte um Berrings Hals. Der Söldner sah in die leuchtend blauen Augen, und -
- der halb nackte Mann brach über ihm zusammen. Berring stöhnte unter dem Gewicht auf und hob den Kopf an. Eirene Michaels trat in sein Blickfeld. Ihre Augen flackerten. In ihren Händen hielt sie ein Sturmgewehr wie eine Keule.
»I-ich wollte nicht schießen«, brachte sie hervor. »Ich hatte Angst, ich treffe Sie.«
»Das war ganz in Ordnung so«, entfuhr es ihm rau. Er schob den Bewusstlosen zur Seite und richtete sich unter Schmerzen auf. Berring spuckte aus und tastete mit den Fingern nach der aufgeplatzten Wunde an seiner Lippe. Dann streckte er sich und spürte ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Schulter.
»Wo ist das Stück Scheiße?«, hörte er Struckers aufgebracht brüllen. Der Söldner stürmte mit gezogener Pistole an ihm vorbei. »Das Schwein bring ich um!«
Berring fuhr herum und hielt seinen Untergebenen am Oberarm fest. Strucker sah ihn aus seinem blutbesudelten Gesicht wütend an, doch die Kraft, mit der ihn sein Teamleiter zurückhielt, ließ keinen Widerspruch gelten.
»Nichts werden Sie«, grollte Berring. »Sie sichern jetzt die Waffe und stecken Sie weg. Das ist ein Befehl!«
Jacob Strucker
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