Dunkles Fest der Leidenschaft
zurückzuweisen, ohne seine Gefühle zu verletzen. Sie hatten alle unrecht – Francesca und Gabriel und sogar Mikhail. Skyler war nicht zu jung. Selbst jetzt, da sie nicht mehr als ein Mädchen sein sollte, das eben der Kindheit entwachsen war, wusste er, dass sie bereits eine erwachsene Frau war. Seine Seele hatte ihre berührt. Sie war ihrer Kindheit brutal entrissen worden, aber die junge Frau, so nahe sie auch zu sein schien, war einfach noch zu zerbrechlich. So unglücklich und so sensibel mit ihrer enormen übersinnlichen Gabe – die Verbrechen, die man an ihr begangen hatte, hatten ihren Geist zu weit getrieben, und sie war kaum noch imstande, in dieser Welt zu bleiben. »Das alles wird die Zeit für uns klären. Inzwischen erlaube mir, dich nach Hause zurückzubringen.«
»Bist du mir nicht böse?«
»Weil du noch nicht bereit für meinen Anspruch bist?« Er nahm ihre Hand, hielt sie mit seinen warmen, festen Fingern und gab ihr ein Gefühl von Sicherheit. »Natürlich nicht.«
Von einem Baum in ihrer Nähe fiel Schnee, und beide fuhren herum. Äste schwankten hin und her, als eine kleine Eule sich mit flatternden Flügeln etwas unsicher in die Luft schwang. Der Vogel hielt direkt auf sie zu.
Dimitri schob sich blitzschnell vor Skyler und erwischte die Eule mit einem gezielten Schlag. Skyler stieß einen entsetzten Schrei aus.
»Nicht! Es ist Josef! Es muss Josef sein.« Sie versuchte, sich an Dimitri vorbeizuschieben, doch ihr angstvoller Ton irritierte ihn, und die Vorstellung, dass sie einen anderen Mann beschützen wollte, weckte erneut das Tier in ihm. Scheinbar ohne sich zu rühren, hinderte er sie daran, an ihm vorbeizulaufen.
Die Eule schwankte unsicher hin und her, und an den Stellen, wo Flügel gewachsen waren, brachen Arme hervor. Dann fiel sie in den Schnee, und gleich darauf kroch ein junger Mann auf allen vieren über den Boden. Er sah leicht benommen und sehr ängstlich, aber wild entschlossen aus. Er rappelte sich auf, ballte die Fäuste und starrte Dimitri finster an. »Lass sie in Ruhe!«
Dimitri hätte die Instinkte seiner Spezies vielleicht überwinden können, doch er fühlte Skylers Reaktion auf den Fremden: leichte Erheiterung, in die sich Bewunderung mischte. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle, und er zeigte dem anderen drohend die Zähne. Sofort war die kleine Lichtung von Wölfen umstellt. Die Tiere liefen mit glühenden Augen unruhig hin und her und stimmten in Dimitris Grollen ein. Ein Feuer brannte in seinem Inneren, tobte in seiner Seele und zeigte sich in seinen Augen, die jetzt rötlich glommen.
Skyler versuchte, an ihm vorbeizukommen, doch er hielt sie mit eisernem Griff am Arm fest. »Was ist dieser Mann für dich?«
»Er ist mein Freund. Wehe, du tust ihm etwas!« Auch wenn sie nicht für sich selbst kämpfen konnte, für Josef würde sie kämpfen.
Das Wolfsrudel rückte näher und kreiste die kleine Gruppe ein. Skyler konnte sehen, dass sich die großen, zottigen Tiere, die alle in guter Verfassung zu sein schienen, ausschließlich auf Josef konzentrierten.
»Du brauchst keine männlichen Freunde«, stieß Dimitri hervor. Seine weißen Zähne blitzten. Kurz wurden seine verlängerten Eckzähne sichtbar. Unter seiner Haut wölbten sich Muskeln, verformten sich und verschwanden wieder, als er sich gegen die Verwandlung wehrte.
Erschrocken wich Skyler vor ihm zurück, denn sie spürte den wilden Zorn in ihm, das Tier, das die Oberhand zu gewinnen drohte. Aber irgendetwas – vielleicht Verzweiflung, Schmerz oder Kummer – ließ sie innehalten. Sie legte eine Hand leicht an seine Brust und schaute ihm in die Augen. Selbst in der Gestalt eines Wolfes würden seine Augen immer blau sein, und in diesem Moment waren sie aufgewühlt und stürmisch. »Dimitri. Er ist ein guter Freund, mehr nicht.« Sie hätte keine Erklärung abgeben sollen, doch sie musste ihn einfach beruhigen. Dieses Verlangen war genauso stark wie der Impuls wegzulaufen.
Er nahm ihre Hand, zog sie an seine Lippen und machte eine Handbewegung zu den geifernden Wölfen. »Geh. Geh jetzt«, sagte er, »solange ich mich noch unter Kontrolle habe.«
»Es tut mir leid«, flüsterte sie.
Skyler und Josef liefen zusammen davon, achteten aber gut darauf, einander nicht anzufassen. Skyler war das Herz schwer von nagenden Schuldgefühlen. Tränen liefen ihr übers Gesicht, und sie fragte sich, woher sie kamen. Sie fühlte sich minderwertig und feige. Sie lief vor Dimitris Leid und vor ihren eigenen
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