Dunkles Feuer
John Chen MedicSoft .
Sie fluchte innerlich, als sie daran dachte, welche Karriere er bei IBM aufgegeben hatte, nur um seine kindischen Träume zu verwirklichen.
Liz hoffte, dass die finanzielle Trockenzeit nun bald vorüber sein würde und sie sich endlich all die Dinge leisten konnte, die ihr zustanden. In Gedanken überdachte sie noch einmal alle Möglichkeiten.
Vielleicht noch ein Jahr, versprach sie sich innerlich, dann würde sie sich scheiden lassen und mit dem Mann zusammenleben, den sie wirklich wollte.
Steve hatte nie auf einem Ehevertrag bestanden, der den Güterzuwachs regelte. Nun, das war sein Problem. Sie kannte einen cleveren Scheidungsanwalt, der dafür sorgen würde, dass der Gewinn aus dem Dallasauftrag auf ihr Konto fließen würde.
Das schwor sie sich.
Steve saß hinter seinem Schreibtisch und blätterte die neuesten Programmprotokolle durch. John hatte wegen des defekten Computers nicht viel arbeiten können, aber er war einem wichtigen Fehler auf die Spur gekommen. Das Problem war dadurch noch nicht aus der Welt, aber Johns Idee bot einen vielversprechenden Lösungsansatz. Steve lächelte. Heute war wirklich ein guter Tag.
Als das Telefon läutete, hob er gutgelaunt ab. Am Apparat war Eve Turner, die Ehefrau seines Geschäftspartners. Eve, die an einen Rollstuhl gefesselt in ihrer Wohnung saß und die er über alles liebte und die auch ihn einmal geliebt hatte.
„Hallo Eve“, sagte er leise.
„Ist Richard da?“, fragte sie ohne Umschweife.
Für einen Moment brannte heißer Zorn in seinem Gesicht.
Sie hat mich verlassen! Warum kann sie nach all den Jahren noch immer nicht ein normales Gespräch mit mir führen?
Jeder Versuch, sich mit ihr auszusprechen, war von Eve abgeblockt worden. Der Unfall, der sie für immer in den Rollstuhl gebracht hatte, war zu traumatisch gewesen. Er hatte nicht nur in körperlicher Hinsicht alles verändert. Inzwischen glaubte Steve, die Schrecken jener Nacht hatten Eves Gefühle in Hass verwandelt.
„Richard ist in die Stadt gefahren“, erklärte er. „Er wollte noch etwas erledigen.“
„Weißt du, wohin er wollte?“, fragte sie nach.
„Nein. Er hat nur gesagt, dass er noch mal weg muss.“
Sie schwieg.
„Eve ...“
Aber sie hatte schon aufgelegt.
Steve ließ seinen Kopf auf die Hände sinken. Ich liebe dich , dachte er verzweifelt. Kannst du das nicht spüren?
3. Kapitel
Steve
„Meinst du, es wird regnen?“, fragte Steve.
„Keine Ahnung“, brummte sein Bruder Billy unwillig.
Der Wind strich sanft über die Weizenfelder und brachte den Geruch, der vom Ende des Sommers zeugte, mit sich. Dunkle Wolken ballten sich am Himmel und in der Ferne zuckten Blitze zur Erde herab, aber noch fiel kein Regen.
Steve, sechs Jahre alt, saß auf den Holzplanken des morschen Stegs, der in den Weiher hineinführte, und ließ die Beine über dem Wasser baumeln. Er betrachtete nachdenklich seine Hosenbeine. Es war Billys alte Jeans, viel zu lang und zu weit, aber er liebte diese Hose, auch wenn sie an seinem Körper schlotterte. Sie gab ihm ein Gefühl von Geborgenheit.
Die krumm gewachsene Trauerweide am Rand des Weihers beugte sich weit über das Ufer hinaus, und die Spitzen ihrer herabhängenden Äste reichten bis zum Wasser herab. Wenn der Wind die Zweige bewegte, entstanden Muster auf der Oberfläche. Zerfließende Formen, deren Wellen ans Ufer schwappten.
Steve beobachtete das Spiel der knorrigen Weide mit dem Wasser, aber seine Ohren lauschten dem heiseren Bellen seines Hundes Sam-Boy, der nahe dem Wald Kaninchen jagte. Neben ihm auf dem Steg hockte Billy mit angezogenen Knien und kaute missmutig an einem Grashalm.
„Billy?“
„Was?“
„Meinst du, Mom geht es gut?“
Der Zwölfjährige spuckte den Halm aus und betrachtete seinen Halbbruder erstaunt. Ihre gemeinsame Mutter war bei Steves Geburt gestorben. Obwohl das nun schon sechs Jahre her war, gab er Steve noch immer die Schuld für das Unglück, das ihm seine Mutter genommen hatte. Oft war er verzweifelt und fühlte sich einsam.
Sein richtiger Vater war vor langer Zeit in einen Bus gestiegen und nie wieder zurückgekehrt. Er vermisste ihn. Vier Jahre später hatte seine Mutter Robert Sanders geheiratet, einen Mann, der sich bemühte, seiner Farm das Nötige abzuringen, damit die Familie gedeihen konnte. Eine Zeitlang hatte sogar Billy geglaubt, dass alles gut werden würde, aber dann war seine Mutter schwanger geworden. Es war eine Schwangerschaft ohne Komplikationen
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