Dunkles Feuer
MedicSoft und somit Steve und Richard. Die beiden waren große Risiken eingegangen und verzichteten auf vieles. Er bezog selbst in den Monaten ein ordentliches Gehalt, in denen für Steve und Richard nichts übrig blieb.
Mit Cameron verstand er sich nicht besonders. Seiner Meinung nach war Richard ein aufgeblasener Lackaffe, der glaubte, er könne die ganze Welt mit seinem Charme einwickeln. Aber die zahllosen arbeitsreichen Nächte bei der Entstehung von Prometheus hatten ein Band zwischen Steve und ihm geschmiedet. Es war keine Freundschaft, es war etwas anderes, aber es vermittelte ihm Geborgenheit.
Nach dem Verlust seiner Familie hatte er sich innerlich isoliert. Freundschaften war er aus dem Weg gegangen, und selbst an der Uni hatte er sich nicht auf Beziehungen zu Frauen eingelassen. Er lebte sein Leben einsam, wohnte in einem schlichten Apartment, ohne Fernseher und Radio. Seine einzige Freude waren Bücher, bevorzugt Gedichte und der Schallplattenspieler, den ihm sein Vater zum vierzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Ein alter, schwarzer Kasten mit Nadelabnehmer und eingebautem Lautsprecher, auf dem er stundenlang der Musik von Bach, Händel und Mozart lauschte.
In diesen Momenten, wenn die Klänge verstorbener Meister durch das Zimmer schwebten, versöhnte sich John mit seinem Schicksal, aber diese Momente blieben seltene Ausnahmen.
„Mutter, May-May“, flüsterte er leise. „Ich bin es euch schuldig.“
Er hatte keine Wahl. Er musste es tun. Er beschloss, es so bald wie möglich zu tun.
Steve hatte mit der zuständigen Polizei telefoniert, was eine Mühsal gewesen war, da er eine Weile brauchte, um herauszufinden, wer den Unfall aufgenommen hatte. Aber außer ein paar neuen Details hatte er nichts erfahren.
Tom Meyers war auf gerader Strecke von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Den Unfall hatte ein älteres Ehepaar entdeckt, das aus der Gegend stammte, aber da war Tom bereits tot gewesen. Todesursache: Genickbruch. Tom war nicht angeschnallt gewesen.
Steve hatte den Beamten nach der Telefonnummer des Ehepaares gefragt, aber der Polizist hatte sie ihm nicht gegeben. Widerstrebend musste er einsehen, dass er so nicht weiterkam.
Tom Meyers Tod war ebenso merkwürdig, wie die Ereignisse der letzten Tage. Auf gerader Fahrbahn von der Strecke abgekommen und gegen einen Baum gerast? Das passte nicht zu ihm. Tom war ein guter Fahrer.
Oder hatte er sich bei der Verfolgung von Gersham überschätzt, und es war tatsächlich ein Unfall?
Steve nahm den Hörer von der Ladestation. Er wählte die Nummer von Centurion Corporation in New York. Nach kurzem Läuten meldete sich ein Auftragsdienst.
„Entschuldigung, ich wollte Mr.Gersham von Centurion Corporation sprechen“, sagte Steve perplex.
„ Centurion Corporation ist umgezogen. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?“
„Umgezogen? Wohin?“
„Tut mir leid, Sir, aber das kann ich Ihnen nicht sagen.“
„Haben Sie die neue Telefonnummer der Firma?“
„Nein, Sir. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?“
„Nein, danke.“ Steve legte auf.
Ein weiterer Anruf bei Rosenberg, Gershams Anwalt, endete ebenfalls ergebnislos. Eine müde klingende Sekretärin erklärte ihm, dass Rosenberg verreist sei und erst in sechs Wochen zurück erwartet werde.
Nach diesem Gespräch glaubte Steve nicht mehr daran, dass Tom Meyers Tod ein Unfall gewesen war. Tom war auf etwas gestoßen und ermordet worden.
Warum sonst haben sich Gersham und sein Anwalt aus dem Staub gemacht? überlegte er.
Er musste mit Richard sprechen. Sofort! Steve drückte die Taste der Sprechanlage.
„Linda, ist Richard schon da?“
„Nein, Mr.Sanders.“
„Würden Sie mir bitte Bescheid sagen, wenn er ins Büro kommt.“
Er konnte ihr Zögern spüren. „Ist was Linda?“
„Mr.Cameron hat angerufen, Mr.Sanders.“
„Und?“
„Er sagte, er komme heute nicht mehr ins Büro.“
„Danke, Linda.“
Mit einem Klicken unterbrach die Verbindung.
Wo zum Teufel war Richard?
15. Kapitel
Richard betrat eine düstere Bar, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Der Geruch von verschüttetem Bier und Zigarettenqualm drang ihm in die Nase, als er sich einen Weg durch die Stuhlreihen zur Theke bahnte.
Zwei Billardtische mit abgenutztem Spannbezug standen in einer der Ecken. An den Wänden hingen verschmutzte Spiegel mit dem Aufdruck bekannter Whisky-Marken. Der Boden knarrte unter seinen Füßen, während er den Raum durchschritt.
Hinter dem Tresen
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