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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kenlock
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und begann zu lesen.

    Protokoll eines aufgezeichneten Telefongespräches.
    Eingegangen MedicSoft 11.17 Uhr.
    Dauer des Gespräches: 1 Minute 26 Sekunden.
    Empfangende Person identifiziert als John Chen, Objektnummer 3.
    Anrufer nicht identifiziert.
    Die Unterhaltung wurde laut Professor Raymond Taitsung von der Yale University, Fachmann für asiatische Sprachen, in einem speziellen Dialekt geführt, der nur in der Region Hubai gesprochen wird.

    Aufzeichnung:

    Chen: „MedicSoft. Guten Tag.“
    Anrufer: „Hallo Jin. Du weißt, wer hier spricht?“
    Chen: „Ja.“
    Anrufer: „Wann bekommen wir das Programm?“
    Chen: „Es ist noch nicht fertig.“
    Anrufer: „Das spielt keine Rolle. Wir haben Spezialisten, die es vollenden können. Versuch’ nicht, mich hinzuhalten. Du weißt, um was es geht.“
    Chen: „Ja, das weiß ich.“
    Anrufer: „Also wann?“
    Chen: „Die Daten müssen komprimiert werden, damit sie kopierfähig sind. Das dauert eine Weile. Dazu muss ich allein sein, wenn es nicht auffallen soll. Im Augenblick ist Sanders ständig im Büro.“
    Anrufer: „Du hast doch einen Firmenschlüssel?“
    Chen: „Ja.“
    Anrufer: „Dann mach es abends oder in der Nacht. Wenn dich jemand sehen sollte, kannst du immer noch sagen, dass du arbeiten und etwas ausprobieren wolltest.“
    Chen: „Ich werde es versuchen.“
    Anrufer: „Wann?“
    Chen: „So bald wie möglich.“
    Anrufer: „Ich melde mich wieder.“
    Ende des Gespräches

    Holden starrte das Papier an. Soeben hatte sich alles verändert. Noch jemand wusste von Prometheus. Eine neue Macht hatte die Bühne betreten. China.
    Das war die logische Konsequenz aus dem abgehörten Gespräch. Chens Gesprächspartner war ohne Zweifel Chinese, sonst hätte er keinen Dialekt gesprochen. Man konnte eine Sprache erlernen, und zwar so erlernen, dass man sie fehlerfrei sprechen konnte, aber um einen Dialekt wirklich zu beherrschen, musste man in dessen Heimatregion gelebt haben.
    Holden öffnete die Schublade seines Schreibtisches und zog einen Ordner heraus. Auf dem Deckel prangte John Chens Name. Der Major schlug den Hefter auf und blätterte ihn durch, bis er die Kopie des Einreisevisums vor sich hatte, mit dem Li Chen und seinem Sohn erlaubt worden war, in die Vereinigten Staaten von Amerika zu reisen. Er betrachtete das Papier neugierig.
    Als John Chens Geburtsort wurde ein Dorf in der Nähe von Yidu angegeben.
    Holden startete auf seinem Terminal ein geographisches Programm und gab den Suchbegriff ‘Yidu/China’ ein. Nach kurzer Ladezeit erschien auf dem Bildschirm eine Vektorenzeichnung der gesamten Region.
    Bingo!
    Yidu lag in der engeren Umgebung der Großstädte Yichang und Shashi, in der Hubai Region. Das war der Beweis. Der Anrufer stammte aus dem gleichen Gebiet, wahrscheinlich sogar aus dem gleichen Dorf wie John Chen. Zuerst hatte der vertraute Ton der geführten Unterhaltung Holden verwirrt, aber nun war alles klar.
    Da der unbekannte Anrufer bestimmt nicht als Privatperson auftrat, musste eine Organisation hinter ihm stehen, und das konnte nur der chinesische Geheimdienst sein.
    Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Auflösung der Sowjetunion registrierten die Abwehrdienste zunehmende chinesische Geheimdienstaktivitäten auf amerikanischem Boden. In den meisten Fällen ging es um simple Wirtschaftsspionage. China war bemüht, seinen ökonomischen Rückstand gegenüber der freien Welt aufzuholen, und Spionage war kostengünstiger als eigene Entwicklung. Zumeist sah Amerika über solche Aktionen hinweg. Die Politiker wollten die derzeit aufblühenden Beziehungen zu China nicht gefährden und so blieb man, außer in groben Fällen, inaktiv.
    Chinas Interesse an Prometheus war allerdings etwas ganz anderes. Es berührte einen wichtigen militärischen Nerv und musste auf jeden Fall beobachtet und gegebenenfalls unterbunden werden.
    Holden wurde aktiv. Er beorderte Kevchek, einen zivilen Computerspezialisten, der als einziges Mitglied der Gruppe nicht zum Militär gehörte, zu sich.
    Iwan Kevchek, ehemaliger Nachrichtenoffizier beim GRU, dem militärischen Geheimdienst Russlands, war ein hochgewachsener, hagerer Mann mit tief liegenden Augen und der bleichen Haut eines Toten. Die wenigen Haare, die er noch besaß, wuchsen in wirren Büscheln über seinen abstehenden Ohren. Auch wenn Kevchek die meiste Zeit des Tages wie eine Leiche aussah, so war er doch geistig ungeheuer flexibel, sehr kreativ und in der Informationsbeschaffung ein Genie.

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