Dunkles Feuer
dass es tatsächlich passiert war. Deswegen bat sie Frederik, erst einige Minuten später nachzukommen.
Als sie die Eingangshalle betrat, wurde sie von einem Diener sofort von Frederiks Rückkehr unterrichtet.
»Habt Ihr den Earl im Garten getroffen, Mylady? Er wollte gleich nach seiner Ankunft dort nach Euch suchen.«
»Ach tatsächlich?« Elisabeth mimte ihre Verwunderung mit hochgezogenen Augenbrauen. Sogar hierbei widerstrebte es ihr, eine auch noch so harmlose Lüge auszusprechen. »Wann ist der Earl denn angekommen?«
»So gut zwei Stunden her wird es schon sein. Ist schon erstaunlich, dass er Euch nicht getroffen hat.«
»Der Park ist groß«, entfuhr es Elisabeth heftiger als beabsichtigt. Dann erschrak sie, dass sie zu emotional wirkte, und fügte betont gleichgültig hinzu: »Na, dann wollen wir mal hoffen, dass seine Suche den Earl früher oder später zurück zum Haus führen wird, da ich mich ja auch schon hier befinde. Er wird sich doch nicht etwa verlaufen haben? Wenn er bis zum Abendmahl nicht zurück ist, müssen wir wohl einen Suchtrupp nach ihm los schicken«, bemerkte sie spöttisch. Doch ihre Sorge war unbegründet, kaum war sie die Treppe zu ihrem Gemach hinaufgelaufen, betrat auch schon Frederik gemächlich die Eingangshalle, wobei er sogar darauf geachtet hatte, den Park auf einem anderen Weg als Elisabeth zu verlassen.
Auch er konnte die glückliche Wendung seines Schicksals noch kaum fassen. Nachdem er die letzten Wochen einen harten Kampf gegen sich selbst gefochten und verloren hatte, war aus dieser Niederlage der süßeste und herrlichste Sieg geworden, den er sich jemals erträumt hatte. Noch niemals vorher hatte Frederik die Wonnen einer glücklichen und geteilten Liebe erlebt. Noch nie zuvor waren sein Herz und sein Verstand so von einer Frau erfüllt gewesen. Er konnte sich ein Leben ohne Elisabeth einfach nicht vorstellen und konnte es gar nicht mehr erwarten, wieder mit ihr allein zu sein. Er malte sich schon in allen Einzelheiten die herrlichen Abendstunden aus, die sie noch an diesem Tag miteinander verbringen würden. Doch da hatte er seine Pläne ohne Elisabeth gemacht.
Sie kam pünktlich zum Abendessen, und in keinem Blick, keiner Geste konnte er eine Änderung zu dem Verhalten ausmachen, das sie in den letzten Tagen vor seiner Abreise ihm gegenüber gezeigt hatte. Es war immer noch deutlicher kühler als zu Beginn ihrer Bekanntschaft. Beim Essen entschuldigte er ihr Benehmen damit, dass andere Personen anwesend waren und sie vermeiden wollte, dass jemand die Änderung ihrer Beziehung bemerkte. Trotzdem versetze ihm ihre Kälte einen schmerzlichen Stich, und er musste einsehen, dass er sich nicht so gut unter Kontrolle hatte wie sie. Er musste sich sehr zusammenreißen, um sie nicht wie ein verliebter Volltrottel anzugrinsen. Er erkannte sich selbst kaum noch wieder.
Doch er war fest davon überzeugt, dass er ihren kühlen Panzer, den sie so erstaunlich schnell aufgebaut hatte, noch schneller zum Schmelzen bringen würde, wenn sie erst einmal allein waren. Wenn er nur an die köstliche halbe Stunde im Park zurückdachte - was für eine Frau sie doch war! Diese Leidenschaft, diese Sinnlichkeit, die sie bei jeder Bewegung, bei jedem Blick, bei jedem Wort ausstrahlte, wie könnte ein Mann, wie könnte er ihr jemals widerstehen. Er würde sie lieben, bis ans Ende seiner Tage, das wusste er. Und er konnte es nicht erwarten, in ihren Augen wieder dieses Feuer, das er im Park gesehen hatte, zu entfachen.
Doch nach dem Essen erhob sich Elisabeth, entschuldigte sich mit Müdigkeit und leichtem Unwohlsein und verschwand auf ihr Zimmer.
Ratlos, enttäuscht und verletzt blickte Frederik ihr hinterher.
Oben in ihrem Zimmer vergrub Elisabeth das Gesicht in ihren Händen. Nun, da die erste Freude über ihr unerwartetes Glück abgeklungen war, kamen ihr Gedanken, wie es denn weiter gehen sollte. Für sie war es ihr Leben lang klar gewesen, wie so ein Tag ablaufen und enden würde. Doch Frederik hatte es mit keinem Wort erwähnt. Bei jedem anderen Mann hätte sie nie an seinen Absichten gezweifelt, doch ausgerechnet bei dem Mann, in den sie sich verliebt hatte, konnte sie sich nicht sicher sein.
Als sie am nächsten Morgen herunter kam, erwarteten sie gleich zwei Nachrichten. Die eine war von ihrem Vater, der vorhatte, noch einige Tage wegzubleiben und deswegen einen Boten zu Elisabeth geschickt hatte. Die andere Nachricht hatte sie viel mehr überrascht.
Frederik war vor Sonnenaufgang weg
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