Dunkles Feuer
alles. Meine Mutter war in ihrer Jugend bei dem letzten Graf Lerouge angestellt, der noch das Schloss bewohnt hatte. Damals hatte sich Frederik bereits einmal zu erkennen gegeben. Er hat die Tochter des Grafen verführt und tatenlos dabei zugesehen, wie sich das Mädchen aus dem Fenster stürzen wollte. Glauben Sie mir, er tat es in voller Absicht.«
»Aber warum?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht hängt das ja in irgendeiner Weise mit dem Fluch zusammen, der auf ihm lastet. Und wenn er sich Julie zu erkennen gibt, muss er sich seiner Sache schon ganz sicher sein.«
»Oh, mein Gott, ich muss sofort zu ihr!«
»Warten Sie, Peter. Sie werden sie auf keinen Fall immer vor ihm beschützen können. Wenn Sie Julie wirklich retten wollen, müssen Sie ihn aufhalten, damit er nie wieder unschuldige junge Frauen quälen und töten kann! Sie müssen die Wahrheit über ihn herausfinden. Es gibt leider nichts mehr, was ich Ihnen noch sagen kann, doch ich bin sicher, dass Sie die Wahrheit im Schloss finden können.«
»Aber wir haben es doch schon vollständig durchsucht. Da ist nichts, rein gar nichts!« rief Peter mit hoffnungsloser Verzweiflung.
»Es muss etwas geben. Denken Sie nach. Und wenn Sie Beweise gefunden haben, müssen Sie Julie die Augen über seine wahre Natur öffnen. Dann wird sie verstehen.« Mit einem traurigen Blick auf Peter fügte er hinzu: »Und sie wird hoffentlich erkennen, was sie an Ihnen hat, Peter. Gehen Sie jetzt. Nur Ihre Liebe kann Julie noch zurückbringen.« Als er Peters Blick sah, lächelte der alte Mann mitfühlend. »Glauben Sie mir, ich kann mir sehr genau vorstellen, was Sie jetzt fühlen. Viel Glück. Ich hoffe wirklich, Sie kriegen den Bastard«, murmelte er noch, bevor er wieder ins Gasthaus ging, um sein inzwischen kaltes Mahl zu beenden.
Als Peter zurückkam, saß Julie noch immer in der Küche und starrte gedankenverloren in ihre halbvolle Tasse.
Misstrauisch blickte Peter sie an. »Du siehst bedrückt aus. Alles in Ordnung?«
Sie verschränkte ihre Arme. »Du auch. Und abgehetzt.«
»Ich habe mich nur beeilt, das ist alles.«
»Gut, hast du alles gekriegt, was du wolltest?«
»Was? Oh ja.« Er klopfte sich auf die leere Tasche. Als ihm auffiel, dass da nichts drin war, fügte er rasch hinzu: »Ist noch im Auto, ich hole es später.«
Argwöhnisch zog Julie die Brauen hoch. »Du musstest es unbedingt kaufen, aber jetzt kann es ruhig im Auto liegen, verstehe.«
»Du hast mir immer noch nicht gesagt, was dich bedrückt«, wechselte Peter das Thema.
Julie atmete hörbar aus. »Gar nichts. Ich gehe wieder an die Arbeit.«
»Gut, ich komme bald nach.« Traurig blickte Peter ihr nach, so fremd waren sie sich noch nie gewesen.
Julie stieg in ihr Zimmer hoch und setzte sich auf das Bett. Er war nicht gekommen. Sie hatte sich so danach gesehnt, mit ihm zu reden. Doch obwohl Peter über eine Stunde weg gewesen war, hat Frederik, der sonst jede Gelegenheit genutzt hatte, sich nicht blicken lassen. Müde barg sie das Gesicht in ihren Händen. Auch sie hatte die halbe Nacht nicht geschlafen. Sie beschloss, alle Vorsicht über Bord zu werfen. »Frederik«, flüsterte Julie leise. »Bitte, ich muss mit dir reden.« Doch nichts regte sich.
Frederik betrachtete sie, wie sie vor Kummer gebeugt da saß. Sie war ihm so nah, dass er nur die Hand auszustrecken brauchte, um sie zu berühren, doch er tat es nicht. Plötzlich drehte sich Julie zu ihm um, und er hatte das Gefühl, dass sie ihn genau ansah.
»Ich weiß, dass du da bist. Warum antwortest du mir nicht? Was ist denn passiert?«
Er wusste, dass sie bereit war. Sie würde alles tun, um bei ihm zu sein.
»Ich verstehe das nicht, warum bist du auf einmal so abweisend? Ich will doch nur mit dir reden. Ich habe ein Recht darauf. Du kannst dich noch so viel verstecken, ich weiß genau, dass du da bist.« Sie streckte ihre Hand nach ihm aus. Frederik erschauerte, als sie durch ihn hindurch glitt, ohne ihn zu berühren.
Das war der Augenblick, auf den er so lange gewartet hatte, auf den er Jahrhunderte lang hingearbeitet hatte. Dies sollte der Augenblick seines Triumphes sein.
Einige Tränen lösten sich aus Julies Augen und kullerten über die blassen Wangen. »Ich versteh dich nicht, wie kannst du nur so grausam sein?«
Er konnte ihren Anblick nicht länger ertragen. Er musste stark sein. Langsam drehte Frederik sich weg und verließ das Zimmer.
Indessen schnappte Peter sich einige Kerzen und die Taschenlampe vom Regal und öffnete entschlossen den
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