Dunkles Feuer
ordentlicher als der Raum davor. Doch er roch nach Moder und Schimmel. Scheinbar war hier irgendwann Flüssigkeit eingedrungen, selbst die Wände waren glitschig. Vielleicht hatte man ja deswegen diesen Teil des Raumes abgesperrt. Doch andererseits, vielleicht auch nicht. Eigentlich spielte es auch gar keine Rolle mehr. Er ließ den Kegel der Taschenlampe an den Wänden entlang laufen. Dort standen reihenweise massive, wenn auch teilweise vermoderte und verfallene Holzregale voll mit Büchern. Das sah doch alles sehr viel versprechend aus. Mit der Hand wischte Peter die dicke Staubschicht von einem der Buchrücken. Undeutlich konnte er darauf eine Jahreszahl erkennen.
»Na, dann wollen wir mal sehen. Die anderen Aufzeichnungen stammen aus dem Jahr 1520. Mal gucken, ob ich noch weitere Aufzeichnungen aus diesem Jahr finden kann«, murmelte er leise, als er sich die Regale genauer ansah.
Auf vielen der Bücherrücken konnte er gar nichts erkennen, er musste sie also in mühseliger Arbeit bei dem schwachen Licht der Taschenlampe nach Jahreszahlen und anderen Anhaltspunkten durchsuchen. Leider waren auch hier die Bücher überhaupt nicht gut erhalten. Scheinbar waren die Bücher einmal sehr viel Feuchtigkeit ausgesetzt worden, so dass sich die Tinte vielerorts ganz aufgelöst hatte und er überhaupt nichts entziffern konnte.
Bei dem nächsten Band, den er sich ansah, waren die ersten Seiten sogar durch den Druck so zusammengeklebt, dass er sie überhaupt nicht mehr trennen konnte. Er wollte schon das Buch aus der Hand geben, als ihm plötzlich der Name Fenwick ins Auge fiel.
Ganz vorsichtig trug Peter das Buch in den besser erhellten Vorraum, wobei er den Namen keine Sekunde aus den Augen ließ, als fürchtete er, dass dieser wieder verschwinden und das ganze Buch sich in Luft auflösen könnte.
Das musste die direkte Fortsetzung der letzten Chronik sein, die sie gefunden hatten. Fieberhaft versuchte er, die verklebten Seiten auseinander zu trennen, mit dem Erfolg, dass sie zerrissen und bröselten. Peter fluchte. Doch auch auf den Stückchen, die er jetzt noch in den Händen hielt, waren jegliche Worte schon vor langer Zeit verblasst.
Er musste sich also mit der Seite begnügen, auf der der Name stand. Viel war es nicht gerade, was da noch geschrieben stand. Doch das Wenige, das er da las, jagte ihm kalte Schauer über den Rücken.
Als die Wachen die Tür öffneten, um den Grafen hereinzulassen, der darauf bestanden hatte, den Earl auch weiterhin als seinen Gast zu behandeln, fanden sie ihn am Boden liegend vor. Mit aufrichtigem Bestürzen vernahm der Graf, dass der Earl of Fenwick, den er in den letzten Monaten als einen Gast in seinem Haus beherbergt hatte, unter seinem Dach verstorben war. Die Todesursache konnte nicht eindeutig bestimmt werden, doch es wurde von Gift gemunkelt. Ebenso wenig konnte der Mörder gefasst werden. Böse Zungen und Neider des Grafen behaupteten zwar, er hätte den Mord aus Rache selbst angeordnet, aber keiner, der den Grafen kannte, hatte jemals an seinem aufrichtigen Bemühen, die Sache aufzuklären, gezweifelt.
Doch das größte Rätsel von allen hinterließ die blutrote Schrift an der Wand des Raumes, in dem der Earl ermordet wurde. Der Mörder hatte mit dem Blut des Opfers einen grausigen Fluch verhängt: "Führen sollst du ein Dasein zwischen Tod und Leben, bis eine Frau bereit ist, ihr eigenes für deines hinzugeben!"
Obwohl der Graf sofort angeordnet hatte, die unheiligen Lettern zu entfernen und mehrere Messen in dem Raum lesen ließ, wurde er von da an von allen Bediensteten gemieden.
Peter schlug das Buch zu. Entsetzt fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. Walter hatte also Recht gehabt, Frederik wollte Julies Leben für sein eigenes eintauschen. Sie war in großer Gefahr!
Doch da stand nichts darüber, wie er ihn stoppen konnte.
Am liebsten wäre er sofort zu Julie gegangen und hätte ihr alles erklärt. Doch im letzten Augenblick hielt er sich zurück. Er hatte nichts gegen Frederik in der Hand, und er hatte keine Möglichkeit, ihn zu stoppen. Er wusste nicht, wie Julie darauf reagieren würde, wie fest er sie bereits in seiner Macht hatte. Solange Frederik nichts unternahm, durfte er Julie nichts von dem Fluch erzählen. Nicht bevor er wusste, wie er sie vor ihm beschützen konnte.
Entschlossen packte er die Taschenlampe und ging wieder zurück in das hintere Zimmer. Falls es dort auch nur einen weiteren Hinweis geben sollte, würde er ihn finden!
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