Dunkles Feuer
Geheimgang. Er hatte sich Walters Worte noch einmal durch den Kopf gehen lassen, und die Geheimkammer war der einzige Ort im gesamten Gebäude, der von ihnen noch nicht sorgfältig durchsucht und kategorisiert worden war. Wenn es noch etwas zu finden gab, war es bestimmt irgendwo da unten.
Er entzündete die Kerzen und verankerte sie in den Wandhalterungen. Trotzdem war ihr flackerndes Licht bei Weitem nicht ausreichend, um die zum Teil sehr verrümpelte Kammer zu erleuchten. Er nahm die Taschenlampe in die Hand und begann mit seiner Suche.
Nach einer knappen Stunde war er völlig verdreckt und frustriert. Er hatte rein gar nichts gefunden. Es gab zwar viele verstaubte alte Bücher, doch die meisten waren nicht mehr leserlich, und viele zerbröselten, wenn er sie in die Hände nahm. Sie hatten viel Glück gehabt, wenigstens das Wenige zu erfahren, was sie wussten. Ihr Buch war noch in erstaunlich gutem Zustand gewesen.
Zumindest tröstete er sich damit, dass das, was er suchte, noch nicht dabei gewesen sein konnte. Es wäre der Gipfel gewesen, wenn er das Buch zwar finden, es dann aber unter seinen Fingern zu Staub zerfallen würde.
Frederik beobachtete amüsiert, wie Peter sich abmühte. Immer wieder fuhr er hoch, wenn er das Getrappel von Ratten hörte. In diesem Jahrhundert schienen die Leute wirklich nicht daran gewöhnt zu sein. Er musste zugeben, dass er Peters Einfallsreichtum und Hartnäckigkeit sogar etwas bewunderte. Er respektierte auch seine Selbstbeherrschung, da Peter offensichtlich von ihm und Julie wusste. Trotzdem war es ihm gelungen, Julie gegenüber den Schein zu wahren.
Was mochte wohl geschehen, wenn Peter die Wahrheit erführe? Flüchtig fragte Frederik sich, wie viel er bereits wissen konnte und wie viel er erahnte.
Noch hatte Frederik die Möglichkeit, ihn aufzuhalten, zu verhindern, dass jemals jemand sein Geheimnis erfuhr. Doch auf einmal fühlte er sich müde und alt, zu erschöpft, um ständig das Schicksal herauszufordern. Wenn Peter es aus eigenem Antrieb schaffte, die Wahrheit ans Licht zu bringen, dann würde er ihn nicht aufhalten. Es spielte ohnehin keine Rolle mehr, was er wusste oder tat. Nichts konnte Frederiks Entscheidung jetzt noch ändern oder gefährden. Vielleicht war es sogar besser so.
Er würde nur dafür sorgen müssen, dass Julie die Geschichte zuerst von ihm erfuhr.
Peter fluchte laut, er hatte sich schon wieder einen Splitter in die Hand gejagt. Sofort verstummte er jedoch erschrocken, er wollte nicht, dass Julie ihn hier unten fand. Er sollte sowieso lieber wieder zurückgehen, sie würde ihn bestimmt bald vermissen.
Im schwachen Schein der Kerze versuchte er, den Splitter aus seinem Finger zu ziehen, dabei stieß er versehentlich einen Stapel Bücher um. Von da an geschah alles sehr schnell.
Irgendwo in der Nähe quiekte eine Ratte und versuchte, sich erschrocken zwischen seinen Beinen hindurch zu schlängeln. Peter verlor das Gleichgewicht und griff Halt suchend nach einem schweren gusseisernen, fast mannshohen Kerzenhalter. Doch es half ihm nicht viel. Der Kerzenhalter kippte und krachte mit voller Wucht gegen die Wand, während Peter sich auf dem Boden wieder fand und sich das schmerzende Knie mit der abgeschrammten Handfläche rieb.
»Aua«, sagte er mit Nachdruck.
Langsam rappelte er sich hoch. Es schien nichts gebrochen zu sein. Ob Julie den Lärm wohl gehört hatte? Gleich würde er es wissen.
Nach einer Eingebung suchend blickte er sich um. Wie sollte er ihr das hier bloß erklären? Plötzlich stockte er.
Da, wo der Kerzenhalter gegen die Wand gekracht war, hatten sich einige Steine aus der Wand gelöst. Peter richtete die Taschenlampe darauf. Dahinter schien ein weiterer Raum zu sein.
Hektisch begann er, weitere Steine aus der Wand zu reißen. Der Jahrhunderte alte Mörtel gab ohne viel Widerstand nach, sodass Peter das Loch schnell weit genug vergrößern konnte, um hindurchzusteigen. Flüchtig fragte er sich dabei, warum in alten Schlössern immer Geheimgänge und zugemauerte Kammern eingerichtet werden mussten. War es denn wirklich zu viel verlangt, wenn man alles einfach offen zugänglich ließ?
Frederik schüttelte den Kopf. Peter hatte diesmal mehr Glück als Verstand gehabt. Doch bevor er etwas unternahm, wollte er sehen, was Peter dort finden würde. Er lächelte melancholisch. Wenn es nicht so traurig wäre, würde es bestimmt eine sehr spannende Geschichte abgeben.
Aufmerksam blickte Peter sich um. Dieser Teil des Geheimgangs war sehr viel
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