Dunkles Feuer
man vorhat, den Rest seines Lebens glücklich mit einem Menschen zu sein, wieso soll dieser Rest nicht sofort anfangen?« Sie warf einen schmachtenden Blick auf Frederik und klimperte mit ihren Wimpern. »Wenn das mein Verlobter da wäre, ich glaube nicht, dass ich so sehr zögern würde, uns glücklich zu machen.«
»Du bist ja völlig betrunken«, war alles, was Elisabeth dazu sagte, während ihr Blick nachdenklich zu Frederik herüber schwenkte.
Es war ein sehr langer Abend. Elisabeth wusste schon gar nicht mehr, wie oft Trinksprüche auf ihr und Frederiks Wohl ausgebracht wurden. Aber es war schließlich ja auch ihr Fest. Trotzdem wünschte sie sich, die Leute würden endlich ins Bett gehen, und sie könnte einige kostbare ruhige Minuten mit Frederik verbringen. Sie hatten kaum miteinander gesprochen, da sie ständig von anderen Leuten in Beschlag genommen wurden. Von dem Geschwätz der älteren Frauen über ihre eigene Jugend und über Elisabeths wunderbare Zukunft als treusorgende Ehefrau und Mutter von unzähligen Kindern vermischt mit Ratschlägen darüber, wie sie sich in allen möglichen Lebenslagen zu verhalten hatte, schwirrte ihr allmählich der Kopf. Und obwohl sie sich tapfer bemühte, das höfliche Lächeln aufrecht zu erhalten, fühlte sie sich zunehmend an einen Stall voll gackernder Hühner erinnert. Sie ließ ihren Blick über die Köpfe schweifen. Konnte denn keiner verstehen, wie sie sich fühlte? Als ihr Blick den Frederiks streifte, schnitt er ihr eine kurze Grimasse. Elisabeth lächelte. Doch, einen gab es.
Einen Augenblick lang wünschte sie sich, all die Leute würden verschwinden und sie mit Frederik allein lassen. Es war so wunderschön, von ihm im Arm gehalten zu werden und ihren Kopf an seine Brust zu schmiegen. Doch das würde warten müssen. Elisabeth wandte ihre Aufmerksamkeit gerade rechtzeitig Lady Higgins zu, um in einen begeisterten Ausruf über die Heldentaten ihres ersten Enkelkindes einzustimmen.
Sie war so froh, als die Gäste sich endlich zurückzogen. Ihr Vater hatte sich vor einiger Zeit zur Ruhe begeben. Mit einem Augenzwinkern hatte er erklärt, seine alten Knochen wären das viele Tanzen nicht mehr gewöhnt. Daher oblag es Elisabeth und Frederik, für das Wohl ihrer Gäste zu sorgen.
Endlich schloss sich die letzte Zimmertür, und sie standen plötzlich allein in dem Flur vor Elisabeths Kammer. Elisabeth genoss einige Augenblicke lang die seltene Stille. Frederik trat hinter sie und massierte sanft ihren Nacken. Sie schloss wohlig die Augen. »Oh, das tut gut. Jetzt müssten nur noch die Schnüre am Kleid gelockert werden. Diese Mode schnürt mir noch den Atem ab.«
Als Frederiks Finger nach den Schnüren griffen, wurde sie rot. »Nicht doch, das meinte ich nicht.«
Er küsste ihre Schulter. »Ich wollte nur bei einem medizinischen Notfall helfen. Ich will doch nicht, dass du mir erstickst«, sagte er, doch seine Stimme klang heiser.
Sie drehte sich um, und er küsste sie. Sie schmeckte den süßen, schweren Wein in seinem Atem. Oder war es der ihre?
Frederiks Hände lockerten geschickt die Schnüre an ihrem Kleid. »Dein Zimmermädchen schläft doch schon, soll ich dir nicht noch mit deinen Haaren helfen?« flüsterte er in ihr Ohr.
Er küsste sie wieder. Und als er sie auf seine Arme hob und die Tür zu ihrer Kammer leise öffnete, da widersprach sie nicht. Sie waren fast verheiratet. Was war schon dabei.
Frederik erwachte, weil er jemanden neben sich schluchzen hörte. Einen Moment lang wusste er nicht, wo er war, dann kehrte die Erinnerung schlagartig zurück.
Elisabeth.
Er wandte den Kopf und sah sie mit dem Rücken zu ihm zusammengekauert liegen. Langsam, fast scheu berührte er ihre nackte Schulter, die unter der Bettdecke hervorschaute. Sie zuckte leicht zusammen, entspannte sich jedoch wieder, als er sich hinter ihr auf einem Ellbogen aufstützte. Doch sie hörte nicht auf zu weinen.
Frederik fühlte sich hilflos. »Was ist los, mein Liebling. Hab ich dir weh getan?«
Sie schüttelte den Kopf, regte sich ansonsten aber nicht. »Wir hätten es nicht tun dürfen«, flüsterte sie schließlich leise.
Er wusste, dass sie Recht hatte. Und doch konnte er es nicht bereuen, dazu war es für ihn zu schön, zu kostbar gewesen. Er hatte früher nie gewusst, wie erfüllend die körperliche Liebe sein konnte, wenn sie tatsächlich ein Akt der Liebe war.
»Bitte verzeih' mir, Elisabeth, ich weiß nicht, was in mich gefahren war.« Nach kurzem Schweigen fuhr er fort.
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