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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
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schenken und ihm gegenüber Angst und Misstrauen empfinden könnte. In diesem Fall würde er eben dagegen ankämpfen und sie davon überzeugen müssen, dass die Chronik die Tatsachen völlig falsch darstellte, dass er nie im Leben das dort beschriebene Monster sein könnte.
Doch ebenso wahrscheinlich war es, dass das Buch Julie half, ihn zu verstehen. Immerhin hat er sie bisher stets als sehr verständnisvoll, hilfsbereit und gerecht erlebt. Mit ihrer freundlichen Art hatte sie bisher jedem die Chance gegeben, seine Seite der Geschichte darzulegen. Das hatte sie erst vor einigen Minuten im Umgang mit den Kindern erneut unter Beweis gestellt.
Ja, wenn ihn überhaupt noch jemals jemand verstehen konnte, dann war es Julie. Vielleicht sollte er wirklich das Risiko eingehen, dass sie die Wahrheit oder wenigstens einen sorgfältig ausgewählten Teil davon erfuhr. Einmal einer Frau vertrauen können und einmal um seiner Selbst willen geliebt zu werden, weil sie ihn kannte, weil sie wusste, was ihn bewegte; nicht bloß, weil sie von ihm verblendet war.
Frederik ertappte sich dabei, dass er lächelte. Irritiert wischte er diese Gedanken beiseite, das fehlte noch, dass er wie ein unreifer Jüngling von den "Wonnen der Liebe" träumte. Er hatte keine Zeit für so etwas, es wartete noch genug Arbeit auf ihn.
Doch ein Teil von ihm wollte nicht so leicht zum Schweigen gebracht werden. Vielleicht war das ja auch der einzige Weg, seinen Fluch zu brechen. Wieso sollte er also das Notwendige nicht mit dem Angenehmen verknüpfen und die Zeit mit Julie nicht ein wenig genießen, bevor er sein Meisterwerk zum Abschluss brachte.
Für den Augenblick sollte er also nur ein Beobachter bleiben, der sich kühl zurücklehnte, um die Taten seiner Opfer seine Reaktionen bestimmen zu lassen.
Doch so kühl, wie er es vorgab, fühlte er sich bei Weitem nicht, auch wenn er dies nicht einmal sich selbst gegenüber eingestehen wollte.

»Da ist er ja. Ich denke, das hier könnte unser Schlüssel sein.« Triumphierend holte Julie einen Ring aus einer kleinen Schatulle. Der Ring war alt. Das Silber, in das der große blaue Stein gefasst war, war schon vollständig schwarz angelaufen. Früher mochte der Ring wohl ganz schön, wenn auch nicht besonders wertvoll gewesen sein. Heute empfand Julie ihn als viel zu klobig. Das Bemerkenswerte an dem Ring war die Art und Weise, in der der Stein geschliffen war. Er war nicht ganz symmetrisch, der Schliff sollte ihm wohl eher die für einen Schlüssel notwendige einzigartige Form verleihen als ihn verschönern.
Die beiden Männer betrachteten den Ring eingehend.
»Ich glaube, da könntest du Recht haben. Lass es uns mal ausprobieren!« Peter war sichtlich von der Begeisterung angesteckt. Alle drei liefen die Treppe wieder herunter.

Julie hielt den Ring nah an das Bild. »Wie, keine Trommelwirbel?« fragte sie schelmisch die beiden Männer, die sie erwartungsvoll ansahen.
»Nun mach schon«, knurrte Peter.
Julie presste den Stein in die vermutlich dafür vorgesehene Vertiefung. Er passte perfekt, doch nichts passierte. Als Julie den Ring losließ, fiel er einfach klirrend zu Boden.
»Na, was haben wir denn erwartet? Einen Indiana-Jones-Geheimgang, oder was?« murmelte sie. »Kommt, lasst uns jetzt etwas Sinnvolles machen. Immerhin wartet genügend Erwachsenen-Arbeit auf uns, da müssen wir nicht auch noch Abenteuerspiele spielen.«
Den enttäuschten Mienen von Daniel und Peter sah Julie jedoch an, dass diese keineswegs bereit waren, jetzt schon aufzugeben.
Spielkinder, dachte Julie. Kaum wittern sie die Möglichkeit eines Abenteuers, sind alle anderen Pflichten vergessen.
Daniel und Peter waren bereits in die nähere Untersuchung des Steins und des Bildes vertieft. Sie fuhren mit den Fingerspitzen die Kanten des Schliffs nach, versuchten herauszufinden, ob es die richtige Vertiefung war.
»Vielleicht muss man den Stein eindrücken«, schlug Daniel vor.
»Geht nicht. Ich hab's schon versucht«, antwortete Peter missmutig. »Aber wenn du willst, kannst du es ja noch mal versuchen."
"Du hast Recht, es geht nicht«, sagte Daniel, der den Stein so fest gegen das Bild gedrückt hatte, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
Julie konnte sich das Lachen kaum noch verkneifen: zwei erwachsene Männer, die wegen einer Kinderidee um ein Bild herumtanzten. Sie fragte sich bereits, ob John sich nicht doch einen Streich erlaubt hatte und sie jetzt heimlich durchs Fenster beobachtete. Verstohlen blickte sie sich um, konnte jedoch

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