Dunkles Feuer
Fall machen.« Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Verzeiht mir bitte meine Unachtsamkeit. Wahrscheinlich seid Ihr gar nicht daran interessiert, noch eine weitere ärmliche Hütte zu betreten, ich hätte daran schon eher denken sollen. Falls Ihr schon zurückreiten wollt, Earl, so verstehe ich das. Ihr braucht nicht auf mich zu warten und könntet meinem Vater versichern, dass ich bald nachkomme.«
»Euch hier allein lassen? Niemals. Ihr habt doch nicht wirklich diese Meinung von mir, Lady Elisabeth?«
»Aber Earl, ich bin früher schon allein hier gewesen«, winkte sie lächelnd ab. »Aus reiner Ritterlichkeit, die ich übrigens gar nicht in Frage stelle, braucht Ihr wirklich nicht hier zu bleiben.«
»Dann bleibe ich eben aus Neugier, ich muss doch erfahren, warum Ihr mich auf einmal mit aller Kraft nach Hause schicken wollt. Oder würde Euch meine Gesellschaft stören? Dann kann ich natürlich auch draußen warten.«
»Ihr könnt selbstverständlich gerne mitkommen, ich hatte wirklich nur Euer Wohlergehen im Sinn, als ich Euch anbot vorauszureiten.« Etwas leiser, fast wie zu sich selbst, fügte sie hinzu »Vielleicht kann mich Eure Anwesenheit ja von der abgrundtiefen Abscheu für das männliche Geschlecht abbringen, die mich hier immer überkommt.«
Beunruhigt sah Frederik sie an. Diesmal machte sie keine Scherze.
Eine Frau trat gerade aus der wirklich schäbigsten Hütte, die er bisher gesehen hatte. Ihr Alter konnte Frederik nicht erraten, denn sobald sie die beiden sah, senkte sie ihren Kopf und zog sich reflexartig das Kopftuch tiefer in die Stirn. Ihre Bewegungen erinnerten an die eines verängstigten kleinen Tieres. »Mylady«, sie versank in einem schüchternen Knicks. Ihre Stimme klang noch jung. Sie mochte wohl kaum älter als Elisabeth sein, obwohl sich ihr Gesicht noch immer dem bohrenden Blick des Earls entzog. Elisabeth ging auf die junge Frau zu und umfasste sie an den Schultern. Sanft half sie ihr, sich aufzurichten. Verwundert stellte Frederik fest, dass die Frau immer noch ihren Kopf abwandte. Als Elisabeth sie leicht am Kinn berührte und ihr Gesicht zu sich drehte, erkannte er auch den Grund. Das rechte Auge der Frau war angeschwollen und die gesamte Gesichtshälfte war blau und grün geschlagen worden.
»Wo ist er?« presste Elisabeth leise, aber deutlich zwischen den Zähnen hervor.
Überrascht sog Frederik die Luft ein. Er hatte Elisabeth noch nie so gefährlich zornig erlebt.
Als die Frau nicht sofort antwortete, zeigte sie anklagend auf die Haustür. »Ist er jetzt da drin?«
»Bitte, Mylady«, die Frau klang beschwörend. »Er hat einen ganz leichten Schlaf.«
»Wie immer schläft er seinen Rausch aus, während die anderen Männer für ihre Familien sorgen.«
»Bitte, Mylady, er ist ein guter Mann ...«
»Glaubst du das wirklich? Nach allem, was er dir angetan hat? Wie kannst du ihn nur immer wieder verteidigen?«
Die Stimme der Frau wurde fester. »Er ist mein mir vor Gott angetrauter Ehemann, Mylady. Ich habe geschworen zu ihm zu stehen, bis der Tod uns scheidet. Dieser Schwur vor Gott ist das Einzige, woran ich mich in meinem Leben noch halten kann.«
»Es tut mir leid, Sarah.« Aller Zorn war aus Elisabeth Stimme verpufft. Nur noch Mitgefühl war zu hören.
»Hier«, sie kramte in ihrer Tasche und holte ein paar Münzen heraus.
»Danke, Mylady, aber ich brauche keine Almosen.« Elisabeth lächelte über den Stolz in ihrer Stimme. Trotz allem Unglück war die Kraft dieser Frau nicht gebrochen.
»Dann gib mir doch etwas von deiner Spitze dafür. Sie verkaufst du sonst ja auch immer.«
»Mein Mann hat gestern alles mitgenommen.« Zum ersten Mal erkannte Frederik bittere Töne.
»Dann betrachte es einfach als Vorschuss. Ich erwarte die beste Spitze, die du machen kannst.« Elisabeth senkte ihre Stimme. »Und um Gottes Willen, lass ihn das Geld nicht sehen.«
»Vielen Dank, Mylady.«
»Und du weißt ja, mein Angebot gilt noch immer.«
»Ja, ich weiß, Mylady, danke, aber ich kann es nicht annehmen.«
»Ich weiß.« Mit einem letzten nachdenklichen Blick auf das Haus und die Frau wandte Elisabeth sich ab und ging zu ihrem Pferd. Frederik folgte ihr.
»Was für ein Angebot meintet Ihr, Lady Elisabeth?«
»Ich hatte ihr vorgeschlagen, ins Schloss als meine Näherin zu kommen, sie hat wahrlich eine Begabung dafür. Aber ihr Mann hat es ihr nicht erlaubt, er sagte, er würde sie zu Tode prügeln, wenn sie es täte.«
»Warum zieht sie nicht einfach weg von ihm und in die Burg? Ich bin sicher,
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