Dunkles Feuer
dort könntet Ihr sie beschützen.«
»Das will sie nicht. Ihr habt es doch selbst gehört, sie will ihren ihr vor Gott angetrauten Mann nicht im Stich lassen, auch wenn sie dabei selbst zugrunde geht.«
»Kann man denn wirklich nichts dagegen machen?«
Unwillkürlich musste Elisabeth lächeln. Sie hätte nie geglaubt, dass der Earl derart regen Anteil an der Situation der armen Frau nehmen würde.
»Wieso lächelt Ihr? Meine Frage war vollkommen ernst gemeint.«
»Es scheint Euch ja tatsächlich zu berühren, das Schicksal einer unbedeutenden, armen Frau, von deren Existenz Ihr vor einer halben Stunde noch nichts gewusst habt.«
»Wie Ihr bereits bemerkt habt, Mylady, wir sind alle Menschen.« Trotzdem fühlte Frederik sich unangenehm berührt, als hätte er sich eine Blöße gegeben.
»Um auf Eure Frage zurückzukommen, Earl. Nein, wir können gar nichts für sie tun. Vor dem Gesetz ist eine Frau nicht mehr als das angetraute Eigentum eines Mannes, wusstet Ihr das nicht?«
Er hatte tatsächlich noch nie darüber nachgedacht. »Ich wusste gar nicht, dass Ihr eine solche Gegnerin der Ehe seid, Lady Elisabeth.« Frederik versuchte, wieder einen lockereren Ton einzuschlagen, um seine Bestürzung über ihre Worte zu überspielen.
»Eine Gegnerin der Ehe?« Elisabeth gab sich nachdenklich. »So hat mich noch nie jemand bezeichnet. Ich darf es mir jetzt wohl aussuchen, ob ich es als Kompliment oder als Beleidigung auffassen darf. Wie habt Ihr es denn gemeint, Earl?«
»Wohl als einen misslungenen Versuch, Konversation zu betreiben. Reiten wir lieber zurück. Euer Vater wird sich bestimmt schon Sorgen machen.«
Frederik fand Elisabeth in der großen Halle, wo sie nachdenklich aus dem Fenster schaute. Als er näher trat, blickte sie kurz auf, ohne ihm weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Einige Augenblicke standen sie einfach nur da, dann räusperte Frederik sich vernehmlich. Es schien ihm, dass Elisabeth sich nur widerwillig von dem Fenster abwandte. Er kam sich fast wie ein Eindringling vor, der sie bei etwas sehr Privatem störte.
»Genießt Ihr die zauberhafte Aussicht, Mylady? Sie ist wirklich wunderschön.«
»Zu schön, Earl, zu schön.«
»Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Keine einzige Wolke in Sicht.«
»Und das ist so furchtbar, weil ...?«
»Weil es ohne Wolken keinen Regen gibt.«
»Ich muss sagen, ich bin erstaunt, Mylady. Ich hätte Euch nicht für jemanden gehalten, der sich bei Sonnenschein grämt und sich lieber schlechtes Wetter wünscht.«
Einen Augenblick sah Elisabeth ihn prüfend an, machte er sich etwa über sie lustig? Doch er schien tatsächlich keine Ahnung zu haben, wovon sie sprach.
»Ihr besucht Euer Landgut wohl nicht besonders oft, oder.« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Verwirrt sah Frederik sie an. »Wie kommt Ihr denn jetzt darauf?«
»Sonst würdet Ihr wissen, dass Bauern den Regen brauchen, um eine gute Ernte zu haben.« Ein spöttischer Funke schlich sich in ihre Augen. »Ihr wisst doch gewiss, dass das Brot, das Ihr esst, nicht von selbst auf den Tisch kommt.«
»Natürlich nicht, mein Diener bringt es aus der Küche.« Es amüsierte ihn, dass auch sie sich dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte.
»Aber Ihr habt Recht, ich bin mit den Sorgen der Bauern nicht allzu vertraut. Ich habe einen Verwalter, der sich um mein Gut kümmert.«
Elisabeth wurde wieder ernst. »Aber nicht einmal der beste Gutsherr kann Regen kommen lassen.«
»Nun, da wir schon mit gutem Wetter gestraft sind, können wir es auch ruhig ausnutzen. Mylady, würdet Ihr mir bei einem kleinen Spaziergang im Park das Vergnügen Eurer Gesellschaft gönnen?« Er verbeugte sich elegant.
»Aber gewiss doch, Mylord." Ihr Blick war noch immer sorgenvoll, doch ihre Mundwinkel zuckten verräterisch nach oben.
"Und Ihr seid sicher, dass Ihr Euch nicht nach der Abwechslung und Aufregung des Hoflebens sehnt?«
»Aber wie könnt Ihr nur so etwas sagen. Wie könnte ich mich jeweils langweilen, wenn ich das Vergnügen Eurer Gesellschaft habe?«
»Ihr enttäuscht mich, Earl. Ich dachte, wir wären über solche abgedroschenen Schmeicheleien längst hinaus.«
Frederik wirkte plötzlich verunsichert. »Es tut mir leid, wenn es so für Euch klang. Und ich muss gestehen, oft genug habe ich solche Phrasen als leere Schmeichelei gebraucht. Doch nicht dieses Mal, Mylady.« Etwas in seiner Stimme überraschte sie, es klang so aufrichtig, dass sie ihm tatsächlich Glauben
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