Dunkles Geheimnis
unbehaglich fühlte. Im Gehen fummelte er an seinem Handy herum, als erwartete er eine wichtige SMS.
Jetzt hoffte er wohl auf einen Snack, mit Musik und ein bisschen Geschmuse auf meinem Bett. Ein tiefenpsychologisches Interview war bestimmt das Letzte, was er wollte.
Ein paar harmlose Worte von mir und schon würde er sich entspannen. Eine Bemerkung über das Fußballspiel gestern Abend im Fernsehen oder über den schriftlichen Hausaufgabentest in Mathe. Ein oder zwei Worte würden die Schleusen öffnen und ihn zum Reden und Lachen bringen.
So wie sonst.
Doch das Gefühl, dass nichts mehr so war wie sonst, ließ mich weiterschweigen.
Je länger wir unterwegs waren, desto angestrengter wurde das Schweigen. Als wir endlich ankamen und ich unsere Haustür aufschloss, wäre die Luft, die uns umgab, fast vor Spannung explodiert.
Wuff stand schon bereit, die Schnauze im Türspalt. Sie warf sich über uns, dann schoss sie davon und kehrte mit einem Gummiknochen, einem Ball und einer schmutzigen Socke zurück. Mit dieser Beute im Maul raste sie eine Siegerrunde um die Diele.
Ihr Weg wurde von nassen Flecken markiert.
Ich sah es, aber Alexander lachte nur und streichelte sie.
„Wir gehen jetzt gleich mit ihr raus“, erklärte ich und schob beide zur Tür hinaus. „Ich muss bloß …“
Während Alexander und Wuff draußen vor dem Haus mit meinem Strumpf Tauziehen machten, wischte ich den Boden auf. Dann schnappte ich mir Wuffs Leine und leistete ihnen Gesellschaft.
Wir gingen die Straße zum Wald hinunter.
Alexander stieß mich aus Versehen an.
„Suchst du Zoff?“, sagte ich und schubste zurück.
Da lächelte er und tastete nach meiner Hand.
Erleichtert, kam es mir vor. So wie: Puh, jetzt ist sie nicht mehr sauer!
Wir waren annähernd eine Stunde unterwegs. Als wir zurückkamen, wärmten wir uns am Küchentisch mit heißer Schokolade und Toast auf.
Ich sah Alexander an und sagte mir, dass ich ihn immer noch sehr gern hatte.
Aber etwas hatte sich verändert.
Ich vertraute ihm nicht mehr.
„Wolltest du eigentlich irgendwas Besonderes?“, unterbrach er meine Gedanken.
Dies war meine Chance, ihn zu fragen.
Bist du am Samstag bei deinen Großeltern gewesen?
Aber seine Antwort könnte alles zwischen uns mit einem einzigen Schlag zunichte machen.
Das wollte ich nicht riskieren. Es war einfacher, so zu tun, als wäre alles normal.
„Was hätte das sein sollen?“
Es gelang mir, ihm fest in seine grünen Augen zu blicken.
„Ach, nur so. Was ist, gehen wir in dein Zimmer?“
Er zwinkerte mir mit einem Auge zu.
Wir hatten Wuff ausgeführt und etwas gegessen.
So wie immer.
Jetzt war Schmusen angesagt.
Ich stand vom Tisch auf, erwiderte sein Zwinkern aber nicht. Stattdessen dachte ich, er bleibt ja höchstens eine halbe Stunde. Dann muss er seine Trainingssachen holen.
Dieser Gedanke machte mich erstaunlich erleichtert.
Und betrübt.
Warum zählte ich schon die Minuten, bis er ging?
*
Svea war tatsächlich der Star der Mannschaft. Das zeigte sie im Trainingsspiel an diesem Abend. Plötzlich hatte sie ihre Taktik geändert. Sie konzentrierte sich sowohl auf ihr eigenes Spiel als auch auf das Zusammenspiel mit den Mannschaftskameraden. Sie war flink, geschmeidig und zäh. Unschlagbar.
Die drei Tore ihrer Mannschaft waren ihr zu verdanken.
Ted lobte sie – das hatte sie wirklich verdient.
Aber dennoch verwandten einige Spieler viel Energie darauf, an ihr herumzumäkeln.
„Warum hast du mir nicht zugespielt? Ich war doch ganz frei!“
Ibrahims wütende Stimme wurde lauter.
David schloss sich an.
„Du hast mich angerempelt. Verdammt unfair!“
Dass er selbst im vorigen Trainingsspiel viel Zeit damit verbracht hatte, Svea anzurempeln, hatte er vergessen.
Die anderen nahmen Sveas scharfes Angriffsspiel als etwas Selbstverständliches hin. Gerade jetzt hätte sie die Unterstützung ihrer Mannschaft gebraucht, um die negativen Reaktionen der wenigen auszugleichen, aber keiner machte sich die Mühe.
Ted sah ihr Selbstvertrauen sinken, wie ein Stein im Wasser. Das frohe Siegerlächeln erstarb jäh und ihr Gesicht verwandelte sich in eine starre Maske.
Sie, die Siegerin des Abends, trottete mit hängenden Schultern zu ihrer einsamen Umkleide.
Ted schüttelte den Kopf und fluchte im Stillen. Er hätte die schweigenden, passiven Mannschaftskameraden zur Rede stellen sollen, diese negativen Nörgler, aber er hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Darum hatte er das lärmende Gemotze eine Zeit
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