Dunkles Geheimnis
mies zu behandeln.
Die Wut stieg in mir hoch und presste sich heraus.
„Ihr könnt mich mal!“
Alle hielten inne.
Aber ich drehte mich um und rannte auf den Umkleideraum zu.
„Svea, warte!“, rief Ted hinter mir her.
Ich tat so, als würde ich ihn nicht hören.
Es gab nur eine Stimme, die meine Flucht in die Einsamkeit des Umkleideraums hätte stoppen können.
Aber Alexander schwieg.
MITTWOCH
Unserer Lehrerin Birgitta Hallberg stand vor dem Klassenzimmer und begrüßte die Eltern mit Handschlag. Wir Schüler bekamen eine Art angedeutete Umarmung. „Wie schön, dass ihr kommen konntet!“, wiederholte sie immer wieder und schien es tatsächlich auch so zu meinen. Kaffee und Gebäck waren auf einem langen Tisch bereitgestellt. Per Lundström stand daneben und erinnerte mit seinem krausen Haarschopf und seiner ausgebeulten Hose wie immer an einen gut gelaunten Waldschrat. Er sorgte dafür, dass alle sich mit einer Plastiktasse, einem Teller mit Gebäck und einer weißen Serviette bewaffneten, bevor sie Platz nahmen.
Alexander und sein Vater saßen bei Ranjans Eltern und Mohammeds Vater. Meine Mutter suchte automatisch die Gesellschaft von Jos Mutter. Beide trugen Rock und Polohemd, fast so, als hätten sie das vorher vereinbart. Nachdem sie das lachend festgestellt hatten, setzten sie sich neben das Fenster.
Ich setzte mich zu Jo.
„Hast du deinen Eltern gesagt, dass sie sich auf keinen Fall für die Klassenreise anmelden dürfen?“, flüsterte sie.
Ich nickte.
Da lächelte sie zufrieden.
„Dann können wir doch mitfahren, oder?“
Ich nickte noch einmal, allerdings nur zögernd. Doch dann sagte ich mir, bis zum Frühling würden alle meine Probleme überstanden sein und das Leben wieder normal laufen.
Lundström klatschte in die Hände. Es war punkt sieben, Zeit, anzufangen.
„Herzlich willkommen zum heutigen Elternabend! Haben alle Kaffee bekommen?“
Von den Eltern, die sich mit den Schülern in den Bänken drängten, stieg ein bejahendes Gemurmel auf.
Lundström und Birgitta Hallberg legten los. Zuerst kamen die üblichen Themen – Beurteilungsgespräche, Abschlussfeier und Allgemeines zur Schulordnung.
Die Eltern tranken ihren Kaffee zunächst ohne Kommentare.
Aber als Lundström das Thema einer eventuellen Klassenreise nach Gotland anschnitt, kam Leben in die Bude. Alle waren sich rührend einig. Selbstverständlich müsse den Schülern diese Reise ermöglicht werden. Es sei ja ihre letzte Chance, etwas Schönes gemeinsam zu unternehmen. Erst als Lundström fragte, welche Eltern die Reise begleiten wollten, wurde es wieder still.
Mamas Blick flackerte zwischen Lundström und mir hin und her, aber sie sagte nichts, während Lundström und Birgitta Hallberg versuchten, Freiwillige aufzureißen. Sie mussten sich ganz schön ins Zeug legen, bis sie vier widerstrebende Eltern beisammenhatten, die vor sich hin brummten, eigentlich hätten sie keine Zeit. Gleichzeitig fluchten vier Schüler laut darüber, dass ausgerechnet ihre bescheuerten Eltern etwas versauen würden, wovon sie seit Jahren geträumt hatten.
„So, das wären jetzt alle Punkte auf der Tagesordnung“, sagte Frau Hallberg mit einem zufriedenen Blick auf die Uhr.
Das Ganze hatte nur eine Stunde gedauert.
„Also, da gibt es noch eine Frage, die viele von uns bewegt.“
Die Frau, die sich mit diesen Worten erhoben hatte, war elegant gekleidet, selbstsicher, mit frischer Urlaubsbräune im Gesicht.
Anton sah mit schmalem Blick zu mir herüber. Das war natürlich seine Mutter. Panik stieg in mir auf, als ich ahnte, was sie sagen wollte.
„Unser Sohn Anton ist neu an dieser Schule und fühlt sich auch wohl hier, aber die Schulpolitik in Sachen Sport hat uns dann doch sehr erstaunt. In seiner früheren Schule hat Anton in einer sehr erfolgreichen Mannschaft Hallenhockey gespielt. Wir haben selbstverständlich angenommen, er würde mit offenen Armen in der Mannschaft seiner neuen Schule willkommen geheißen, aber aus irgendeinem Grund musste er zurückstehen – hinter einem Mädchen!“
Sie legte bewusst eine Pause ein, um die Worte einsinken zu lassen. Alle wussten, um was es ging und über wen sie sprach. Ich spürte die verstohlenen Blicke, die auf mich gerichtet wurden.
„Entschuldigen Sie meine Frage, aber es heißt, bei der Auswahl wäre nicht alles rechtmäßig zugegangen. Im Übrigen habe ich noch nie gehört, dass Mädchen in einer Jungenmannschaft spielen. Ist dieser junge Sportlehrer wirklich reif genug
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