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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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vielleicht nie wiedersehen würden.

Kapitel 46
    Nachdem er bei Irene hineingeschaut und sie schlafend vorgefunden hatte, stieg Kipping vorsichtig die Stufen hinab. Steve begleitete ihn, trug die Dokumententasche und beharrte darauf, seinen Herrn am Arm zu halten. Zum Glück war sonst niemand in der Nähe, der es hätte sehen können, außer Walter Carey, der am Fuß der Treppe wartete. Er würde es nicht bemerken, da er zu besorgt sowie verletzt darüber war, dass sein Herr ihn noch nicht ins Vertrauen gezogen und ihm in der Krise noch nichts zu tun gegeben hatte.
    Es war das Werk eines Augenblicks, ihn mit der Nachricht zu beruhigen, dass Steve an diesem Nachmittag seine Unterstützung benötigen würde. Aufrichtig und bar jeder Vorstellungskraft konnte Carey Anweisungen befolgen wie ein Jagdhund, welcher einer Spur folgte. Wie ein Jagdhund, und wenn etwas danebenging, rannte er auch im Kreis weiter.
    »Das Passwort«, sagte Kipping zu beiden, »heißt
Vogelkäfig.
« Dann verließ er sie und ging allein hinaus, die Dokumententasche in der Hand. Er überlegte, weswegen er »Vogelkäfig« gewählt hatte. Vielleicht wegen der Vorstellung, wie er John Hawke herausließ. Das war die drängendste Aufgabe, denn es wäre viel zu gefährlich, Hawke in den Händen der Kirche zu lassen. Was er aufdeckenkonnte, könnte Emils Chancen auf die Nachfolge seines Vaters völlig zerschlagen.
    Die Kutsche erwartete ihn bereits, und Tom und Larry standen in Livree an der Tür. Zwei von Steves Rekruten waren es, und sie wirkten schlau und adrett, solange Larry seine zerschlagenen Fingerknöchel nicht zeigte und Tom nicht lächelte, weil man dann direkt auf seine Mandeln hätte sehen können. Sie waren ausgezeichnete Pferdetrainer und hatten ziemlich gut gelernt, sich als Diener eines hohen Herrn zu geben, obwohl hin und wieder der eine oder gar beide den Koller bekamen und davonrannten, um sich irgendwo zu schlagen, vorzugsweise einer gegen vier oder fünf.
    Kipping teilte ihnen das Passwort und seine Anweisungen mit und war zuversichtlich, dass er ihnen seine kostbare Tasche mit den Dokumenten anvertrauen konnte. Um die hündische Metapher fortzusetzen, so waren sie menschliche Mastiffs. Postillion Larry bestieg das linke Pferd, und Tom sprang hinten auf die Kutsche, wo er sich festklammerte. Privatsekretär Kipping wurde zum Palast und in eine ominöse Zukunft gefahren.
    Die Explosion am Tempel hatte die Welt bereits verändert. Im Palasthof herrschte eine neue Atmosphäre der Wachsamkeit und des Misstrauens; vier bewaffnete Männer beobachteten Kipping, wie er seiner Kutsche entstieg. Jahrelang war er unbemerkt im Palast umhergegangen; jetzt wurde er vor den König geleitet, und draußen vor der Tür standen Wachen.
    Emil hatte das Zimmer seines Vaters im Büroflügel des Schlosses übernommen. Als Herrscher benötigte er dessen Ausstattung, die Akten und Glockenstränge, mit denen er innerhalb von Sekunden eine ganze Reihe verschiedenster Personen herbeirufen konnte. Er konferierte gerade mit drei Schreibern, als Kipping angekündigt wurde, aber er schickte sie sofort weg und ließ nicht zu, dass sein Besucher vor ihm kniete, sondern sagte ihm, er solle sich an den großen Tisch setzen, und kam dann herüber und nahm den Stuhl gleich neben ihm.
    »Ihr seht aus wie ein überreifer Leichnam. Wie geht es Euch? Zum Glück war es nichts noch Schlimmeres. Ihr solltet im Bett liegen. Hier, trinkt etwas Wein.«
    Kipping fürchtete die Wirkungen des Weins auf seinen schmerzenden Kopf, aber königlicher Gastfreundschaft verweigerte man sich nicht. Er nahm das Glas entgegen. Emil drehte den Stuhl ihm zu. Erneut fragte er nach dem Wohlergehen des Privatsekretärs. Trotzdem war sein Verhalten unnachgiebig. Ihnen standen Schwierigkeiten bevor.
    Drei Jahre lang, seitdem es mit dem Gesundheitszustand des Königs bergab gegangen war, hatten Prinz und Sekretär die kommende Thronfolge geplant. Beide hatten die Notwendigkeit gesehen, einer wuchernden und tyrannischen Kirche die Zügel anzulegen. Beide hatten gehofft, den Verehrern der Mutter die niederdrückende Last von den Schultern nehmen zu können. An diesem Morgen hatte ein Soldat auf einem schwitzenden Pferd die Nachricht vom gestohlenen Schießpulver überbracht, und ihre Hoffnung war geschwunden. Die Zerstörung der Versammlungshalle hatte sie völlig zerschlagen. Kipping erkannte das, und es hätte ihn sehr überrascht, wenn Emil es nicht erkannt hätte.
    »Ihr seid also rechtzeitig

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