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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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auch Josh waren verschwunden –, und sein Hund in die Kutsche neben Lady Whatman.
    Sie erwachte ruckartig durch einen ohrenbetäubenden Donnerschlag, setzte sich auf und hörte das unmissverständliche Prasseln von Hagel auf den Dachpfannen. Der Hagel würde alle Blüten von den Bäumen herabschlagen. Die Zeit der Rache war gekommen. Kein Traum, sondern eine Vision! Bald würde ihr ein Ritter in glänzender Rüstung gesandt.
    Am folgenden Morgen ordnete sie an, ihre Kutsche herbeizubringen, und jagte Derek, ihrem obersten Stallknecht, einen Schrecken ein, weil Josh sie lenken sollte. Auf dem Weg zum Vordereingang brachte es der Idiot fertig, eine Ziervase umzustoßen, und beim Durchfahren des Tores zerkratzte er die Lackierung der Kutsche. Da er Angst davor hatte, die Stute zu einer schnelleren Gangart anzutreiben, ließ er sie im Schneckentempo dahintraben. Trotzdem nahm er sämtliche Schlaglöcher mit. Lady Whatman saß auf ihrem Sitz und schäumte. Vielleicht hatte sie sich hinsichtlich Josh geirrt. Vielleicht war er bloß als eine Art Titelseite mit in die Vision gerutscht:
Ein Traum, Roman von …
    Wohin sollte sie fahren? Die meisten der ihr bekannten Haine lagen auf der anderen Seite der Grenze ihrer Grafschaft, in Angleshire, also wies sie Josh an, in diese Richtung zu fahren. Auf dieser Straße würde ihm wahrscheinlich niemand begegnen, was ein weiterer Segen war. Ihre Instinkte hatten jedoch recht gehabt,denn nach etwa zwanzig Minuten sah sie die Frau mit dem grünen Kopftuch. Auf einmal schlug ihr das Herz schmerzhaft schnell.
    Aber einen Ritter in glänzender Rüstung gab es nicht. In Wirklichkeit hatte die Frau ein Kind bei sich, Bradwell Armstrong – ein falscher Name, wenn es je einen gegeben hatte. Und einen schwarzen Welpen. Welpen wuchsen natürlich heran. Kinder ebenfalls. Lady Whatman verspürte nicht den Wunsch, ihr Haus mit lärmenden Kindern vollzustopfen, die ihr Elend erhellen und ihren Hass abmildern sollten, aber als der Junge das Wort ergriff, erwies er sich eindeutig als intelligent und von vornehmer Abstammung. Sie befahl ihm, aufzusteigen. Sie hatte sich bereits entschlossen, dass Josh zu gehen hätte. Der neue Junge könnte jederzeit Joshs Pflichten beim Mistschaufeln übernehmen, falls sie ihrer Vision zu viel Vertrauen geschenkt hatte.
    Was nun? Sie könnte ebenso gut heimkehren. Was bedeutete, dass Josh die Kutsche wenden musste. Brächte er das zustande, ohne sie dabei in einen Graben zu fahren? Als sie ihm jedoch ihren Wunsch mitteilte und er daraufhin anhielt, sprang Bradwell herab, nahm den Kinnriemen der Stute und führte sie in einem Halbkreis herum. Mission vollendet. Der Junge stieg wieder auf, und sie fuhren davon.
    Lady Whatman fielen zwei seltsame Dinge auf: Der Hund war in der Kutsche geblieben und hatte lediglich zugeschaut, war nicht herabgesprungen und hatte nicht im Weg herumgestanden, und Bradwell hatte bei seiner Rückkehr nicht gegrinst, als ob er etwas Lobenswertes getan hätte. Er blieb düster wie zuvor. Die Geschichte des schmerzlichen Verlusts mochte echt sein.
    Nach ein paar Augenblicken sagte sie: »Es könnte eine gute Idee sein, wenn ich dich als meinen Neffen ausgebe.«
    »Ja, Herrin.« Er nickte ernst.
    »Bradwell Armstrong? Dann ist meine Schwester gerade an einem Fieber verstorben …«
    Sie spann ein Garn, und er nickte lediglich. Sie ließ sich die Geschichte von ihm wiedererzählen, und er hatte sich die Nameneingeprägt. Jetzt war sie sehr neugierig auf die echte Geschichte, aber sie vertraute darauf, diese in angemessener Zeit zu erfahren. Etwa eine Achtelmeile vor ihrem Tor standen einige Hütten von Arbeitern, die ihr gehörten. Josh stammte von dort.
    »Bradwell, kannst du diese Kutsche lenken?«
    Nach nur einem ganz kurzen Zögern erwiderte er: »Ja, Herrin.« Wahrscheinlich hatte er schon dabei zugeschaut, es aber noch nie selbst getan.
    »Josh, halte bei der Tür deines Vaters an!«
    Josh blieb mehrere Meter dahinter stehen, aber seine Mutter kam herausgeeilt und wischte sich dabei die Hände an ihrer Schürze ab. Sie hatte Mehl im Gesicht. Eine halbe Minute reichte aus, sich des unerträglichen Joshs zu entledigen und genügend Geld dort zu lassen, um jegliche Klagen im Keim zu ersticken. Jetzt gäbe es keinen Klatsch in den Quartieren der Diener, dass ihre Ladyschaft ihren Neffen in einem Graben gefunden hatte.
    Nach einer weiteren halben Minute saß Bradwell auf dem Kutschsitz und fuhr die Kutsche im raschen Trab den Weg entlang,

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