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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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bloß bei kleinen Dingen. Niemand kann sich selbst durch die Luft fliegen lassen.«
    »Ich glaube, wir beide würden gut zueinander passen, du und ich.«
    Rollo wechselte das Thema.
    So gingen die Tage glücklich dahin, aber des Nachts war er allein, und es war in diesen Stunden, dass die Zweifel wie Geister aus dem Grab aufstiegen. Körperlich würde er genesen – seine Hände würden nicht derart schmerzen, wenn sie abgestorben wären –, aber würde er jemals seinen Mut wiederfinden? Pottenger hatte ihn geistig gebrochen. Das Pferd hatte ihn abgeworfen; könnte er den Willen aufbringen, wieder aufzusteigen? Müsste er zum ersten Mal Zuflucht in einem Versteck suchen und würde das Trampeln der Stiefel hören, wenn die Kirchenpolizei das Haus nach ihm durchsuchte – würde er das aushalten, oder wäre er völlig aufgelöst vor Entsetzen?
    Als sich an seinem dritten Abend der Haushalt gerade im Wohnzimmer für die Gebete versammelte, läutete die Türglocke. Die Bairdin lief nach unten, während Kip durch ein Guckloch hinausspähte.
    »Trull«, sagte er, und alle entspannten sich.
    Daraufhin marschierten alle hinaus und ließen Rollo allein zurück. Er wartete, seltsam nervös, hörte, wie der Besucher begrüßt und wie ihm der Mantel abgenommen wurde. Trull verlangte eineErfrischung und beharrte darauf, nicht lange bleiben zu können. Als er ins Wohnzimmer gebeten wurde, verneigte sich Rollo.
    Jake Trull war fünfzig Jahre alt, wirkte jedoch älter. Sein faltiges Gesicht war eingefallen, ebenso wie sein sich mächtig wölbender Bauch. Seine Kleider waren so nichtssagend, dass er ebenso gut ein erfolgreicher Künstler wie ein heruntergekommener niedriger Adeliger hätte sein können, von der kleinen Fledermaus einmal abgesehen, die sich an seine Weste klammerte; zweifelsohne wurde sie normalerweise von seinem Mantel verdeckt. Rollo hatte diese Fledermaus zuvor bereits gesehen. Trull wirkte erschöpft. Er kam Rollo mit ausgestreckten Händen entgegen und wollte die seinen ergreifen, fuhr jedoch bei deren Anblick zurück und nahm ihn stattdessen sanft in die Arme.
    Soweit den Kindern der Erde überhaupt noch eine Organisation in Albi geblieben war, so war Jake Trull der Prälat. Er hatte die Mission seit zwanzig Jahren geleitet. Dutzende von Malen war er den Agenten der Regierung nur um Haaresbreite entkommen, hatte sich oft mehrere Tage hintereinander im einen oder anderen Geheimversteck der Molesworths verbergen müssen, während der Feind an die Wände geklopft und sie ausgemessen hatte, um ihn zu finden. Der Preis auf seinen Kopf lag inzwischen bei zweitausend Sonnen.
    »Unmenschen«, sagte er. »Du weißt, dass du dich nicht vor mir verneigen sollst. Wo hast du gesessen?«
    Sie setzten sich gleichzeitig und lächelten einander über den Kamin zu. Rollo sah einen Mann, der sich im Dienst an seiner Göttin erschöpft hatte, einen Mann, der den größten Teil seines Lebens unter der Bedrohung des Scheiterhaufens oder Schlimmerem zugebracht hatte. Ein Mann, der überlebt hatte, weil er gewitzt, heimlichtuerisch und misstrauisch gewesen war, obwohl er, bevor er seine Berufung angenommen hatte, nichts davon gewesen sein mochte.
    »Wie fühlst du dich, Junge?«
    »Meinen Schultern geht es viel besser. Kann jedoch noch nicht die Hände bewegen.«
    »Das kommt schon noch, in zwei oder drei Wochen. Du musst hierbleiben, bis du dich auf ein Pferd setzen kannst.«
    »Ja, Herr.« Rollo bemühte sich, Gesicht und Stimme undurchschaubar zu halten, aber er wusste, dass Trull mit fast jedem bekannten Talent begabt war und ihn wahrscheinlich lesen konnte wie ein Buch.
    »John Hawke, habe ich gehört.«
    »Ja, Herr.«
    »Gut. Na ja, du bist hier ziemlich sicher. Der Kronrat hat deine Flucht noch nicht öffentlich bekannt gegeben, aber er hat anfangs auch nicht viel über deine Gefangennahme verlauten lassen. Abgesehen davon weiß er nicht, was geschehen ist. Wie soll er es also erklären? Meine Quellen nahe der Hierarchie berichten, dass die Heiligen Gift und Galle spucken. Sie zwingen König Ethan vielleicht, Privatsekretär Kipping zu entlassen.«
    »Das wird ihnen eine Lehre sein, sich auf mich einzulassen«, sagte Rollo lächelnd. Er merkte, dass Trull nicht alles sagte, was er wusste, dass er ihn prüfte und entschied, wie viel er sagen konnte. Sie sprachen um Dinge herum, nicht über Dinge.
    Der ältere Mann kicherte. »Ich glaube, du hast ihnen einen Schrecken eingejagt. Die Rettung und der Fluch über Pottenger, das

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