Dunkles Spiel der Leidenschaft
konnte weder die Musik noch die
Worte mehr empfinden, doch ich hatte die Erinnerungen, die mir Halt gaben. Ich
konnte anderen, die Freude, Liebe und Lachen empfanden, näherkommen und von
ihren Gefühlen zehren, um das zu erschaffen, was ich brauchte.«
Er sah sie forschend an, indem
er seine dunklen Augen über sie wandern ließ, voller Liebe und mit so viel
Hunger und Verlangen, dass sie spürte, wie sie innerlich schmolz. »Du kannst
das unmöglich begreifen, ehe dein Bewusstsein nicht völlig mit meinem verbunden
ist. Ich habe unvorstellbare Trostlosigkeit kennen gelernt, ein leeres,
dunkles Nichts. Ohne meine Musik, ohne meine Seele wanderte ich über die Erde
und konnte nicht verstehen, was ich war, konnte nicht akzeptieren, was ich war.
Was ich bin.«
Sie berührte sein Gesicht mit
zarten Fingern. »Was du bist? Du bist ein Mann mit ungewöhnlichen Gaben, Dayan.
Die Dinge, von denen du sprichst, kann ich manchmal ansatzweise erkennen, das
will ich gar nicht leugnen, aber nicht das ist es, was dich ausmacht.«
Seine perfekt geformten Lippen
verzogen sich zu einem betörenden Lächeln, und er zog bewusst ihren Finger in
die feuchte Höhle seines Mundes. »Du glaubst, ich bin ein Außerirdischer von
einem anderen Planeten.« Lachen schwang in seiner Stimme mit.
Corinne ertappte sich dabei,
ihn verlegen anzugrinsen. »Wäre doch immerhin möglich.«
»Ich bin Kaipatianer. Wir sind
so alt wie die Zeit selbst und dazu verdammt, über die Erde zu ziehen, bis wir
beschließen, unserem Leben ein Ende zu setzen. Die Männer meines Volkes sind
dunkel und tödlich, und das Tier in uns ist sehr stark und gewinnt ständig an
Macht, bis wir unsere Gefährtinnen finden, die uns in der Welt des Lichts
halten.«
Corinne wusste, dass er ihr
etwas sehr Wichtiges erklärte, aber sie verstand ihn nicht ganz. »Den Ausdruck Karpatianer habe ich noch nie gehört. Wenn
ich meine Geografie Kenntnisse noch halbwegs im Kopf habe, gibt es einen
Gebirgszug, die Kaipaten, irgendwo in Rumänien oder Transsylvanien ...« Sie
verstummte, als ihr einfiel, welcher Begriff sich mit dieser Region verband.
Die Erinnerung an die seltsame Wendung, die ihr Traum in der Höhle genommen
hatte, stand ihr lebhaft vor Augen. Sie schwieg einen Moment, um all ihren Mut
zusammenzunehmen. »Hast du mir dein Blut gegeben?«, fragte sie leise.
»Bist du sicher, dass du die
Wahrheit hören willst?«
Sie hob in einer sehr
weiblichen Geste leicht die Schultern. »Ich will die Wahrheit, Dayan, auch wenn
ich nicht genau weiß, ob ich sie verkraften kann. Das in der Höhle war kein
Traum, oder? Alles ist genauso passiert, wie ich es in Erinnerung habe. All
die Leute waren da, um dir zu helfen, mir das Leben zu retten. Und du hast mir
dein Blut gegeben. Warum? Was hat das bei mir bewirkt?« Sie versuchte, das
Thema ganz sachlich zu behandeln, obwohl sie Angst hatte, ihr würde schlecht
werden, wenn sie sich näher damit befasste. Sie schluckte schwer. »Warum
hattest du das Gefühl, es wäre notwendig?«
»Um dein Leben und das Leben
des Babys zu retten.« Dayan beobachtete sie genau, er überwachte ihr Denken und
lauschte gleichzeitig, ob ihr Herzschlag oder ihre Atmung Anzeichen von
extremer Belastung verrieten.
Corinne saß ganz still da und
ließ zu, dass ihr Herz dem kräftigeren, stetigeren Schlag seines Herzens
folgte. Sie nickte benommen. Noch begriff sie nicht alles, aber sie wusste,
dass sie allmählich näher an die Wahrheit herankam. Wenn Dayans Blut ihre
Tochter retten konnte, war es ihr die Sache wert. Wieder nahm sie all ihren Mut
zusammen und schaute Dayan an. »Bist du ein Vampir, Dayan?« Es kam ihr
irgendwie lächerlich vor, eine derart absurde Frage zu stellen, doch sie hatte
ihn tatsächlich noch nie bei Tageslicht gesehen. Außerdem war er einfach zu
faszinierend. Und falls ihr seltsamer Traum Wirklichkeit gewesen war, hatte er
ihr sein Blut auf ziemlich unorthodoxe Weise gegeben.
Dayan hätte beinahe über ihre
Gedanken gelächelt. Corinne bemühte sich, all das zu verstehen, und war auf dem
richtigen Weg, stand aber ihren Erkenntnissen völlig ungläubig gegenüber. Ihm
gefiel die Vorstellung, dass sie ihn zu faszinierend fand. Außerdem verdrängte sie bewusst
das eigentliche Bild, wie sie sein Blut empfangen hatte.
Er strich mit seinem Daumen
zärtlich und beruhigend über die Innenseite ihres Handgelenks. »Nein, ich bin
kein Vampir, Liebes, auch wenn wir einige gemeinsame Merkmale haben. Ein Vampir
ist ein Untoter, ein
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