Dunkles Spiel der Leidenschaft
schlafende Baby
an.
»Ich glaube, dass mehr dahintersteckt und dass es
möglicherweise etwas mit der Pest zu tun hat.«
Corinnes Kopf fuhr hoch, und sie drückte ihr Baby
schützend an sich. »Was meinst du damit?«
Shea lachte leise. »Keine Panik, Jennifer hat nicht
die Pest. Die Seuche existiert wesentlich länger, als den meisten Menschen
klar ist. Wir haben Kenntnis von Fällen in China im Jahr 224 vor Christus. Um
das Jahr 262 nach Christus kam es in Rom zu einem Ausbruch der Krankheit, wobei
täglich an die fünftausend Menschen starben. Die Kreuzfahrer brachten die Pest
nach Europa. Sie breitete sich im vierzehnten und frühen fünfzehnten
Jahrhundert auf dem Kontinent aus.«
»Inwiefern war unser Volk davon betroffen? Menschliche
Krankheiten haben keine Wirkung auf uns, ebenso wenig wie Alkohol und Drogen«,
wandte Dayan ein.
Shea schüttelte den Kopf. »Davon ging man aus, aber es
muss nicht unbedingt stimmen. Drogen und Alkohol werden aus unserem
Blutkreislauf so schnell wieder ausgeschieden, dass wir keine Wirkung spüren.
Dasselbe trifft auf menschliche Erkrankungen zu. Aber das muss nicht zwingend
heißen, dass keine Nachwirkungen bleiben.«
»Ist jemals ein Fall bekannt geworden, bei dem ein
Karpatianer an so etwas erkrankt ist?« Dayan konnte kaum glauben, was Shea
sagte. »Ich lebe seit hunderten von Jahren-wie ist es möglich, dass ich mich
nie mit irgendeiner Krankheit angesteckt habe?«
Shea lachte wieder. »Ihr karpatianischen Männer! Ihr
habt wirklich ein Ego, so groß wie ein ganzer Erdteil! Ich kann deine Gedanken
genauso leicht lesen wie du meine. Ja, meine Mutter war ein Mensch und mein
Vater Karpatianer. Ich bin Forscherin, Dayan. Ich betrachte das Ganze als eine
Hypothese. Es interessiert mich nicht sonderlich, ob du mir zutraust, die
Beschaffenheit eines Karpatianers zu verstehen. Mir kommt es nur darauf an,
eine Antwort auf dieses Rätsei zu finden. Wenn wir die Lösung haben, können wir
unsere Kinder retten und dadurch unsere Art vor dem Aussterben bewahren.«
Dayan verbeugte sich höflich, fast ritterlich. »Ich
bitte dich um Verzeihung für meine Gedanken, Shea. Ich habe nie einen
Karpatianer mit einer menschlichen Krankheit gesehen.«
»Dennoch könnte eine Krankheit Spuren hinterlassen«,
erklärte Shea geduldig. »Die Nachfahren der Menschen, die die Pest überlebt
haben, tragen ein mutiertes Gen in sich, und dieses Gen scheint sie vor dem
HIV-Virus zu schützen. Angehörige unserer Rasse müssen gelegentlich gezwungen
gewesen sein, auf Kranke zurückzugreifen, um auch während einer Epidemie
Nahrung zu bekommen. Wenn es Zeiten gab, in denen täglich mehrere tausend
Menschen an der Pest starben, dürften sie kaum eine andere Wahl gehabt haben.
In dieser Epoche begannen wir, unsere Babys zu verlieren. Vielleicht handelt es
sich nur um einen Zufall und hat nichts weiter zu bedeuten, aber es ist eine
interessante Tatsache.«
»Inwiefern betrifft das alles Jennifer?«, fragte
Corinne ängstlich.
»Ich weiß es wirklich nicht«, gestand Shea. »Ich werde
eng mit euch zusammenarbeiten, um zu sehen, wie sie auf die Zusammensetzung
von Nährstoffen anspricht, die wie ihr geben. Bisher entwickelt sie sich gut.
Noch ungefähr eine Woche und sie wird ständig bei euch sein können. Einstweilen
muss sie noch in ihrem kleinen Brutkasten bleiben.« Sie grinste Corinne an.
»Ich schlage vor, du und Dayan nehmt euch ein bisschen Zeit, um ungestört zu
sein. Genießt es - ihr habt es verdient. Gregori, Darius, Gary und ich passen
auf Jennifer auf. Seht es so, als müsste sie noch eine Weile im Krankenhaus
bleiben. Die meiste Zeit wird sie schlafen. Ihr werdet es wissen, wenn sie
aufwacht; ihr Geist wird nach euch rufen.«
Nur widerstrebend ließ sich Corinne das winzige Kind
von Shea abnehmen. »Sie wirkt so klein und hilflos.«
»Sie wächst«, versicherte Shea ihr. »Ihr beide seid
sehr blass. Geht eine Weile weg - auf Anweisung des Doktors«, fügte sie
energisch hinzu.
Corinne sah zu, wie Shea das schlafende Baby behutsam
in das durchsichtige Gehäuse legte. Dayan schlang seine Arme um Corinnes
Taille. »Sei nicht traurig, Liebes«, murmelte er an ihrer seidigen Haut. »Wir
wissen es, wenn sie aufwacht, und können sofort hier sein. Komm, lass uns deine
neue Welt erkunden.« Eine heftige Sehnsucht schien seinen Körper und seinen
Geist zu beherrschen.
Corinne hörte es in seiner Stimme. Dayan versuchte
nie, seine Bedürfnisse oder seine Verletzlichkeit vor ihr zu verbergen.
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