Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
Vom Netzwerk:
zwanzig Zentimeter großen Päckchen zurück.
    »Ich bin ziemlich sicher, das ist nicht, was Van Zandt vorschwebte«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich nicht. Aber Sam Hamill schon.« Mein alter Freund, heute einer der Befehlshaber des Memphis Police Department. Er hätte die Freigabe allerdings früher auf den Weg gebracht.
    Das Päckchen war in einfaches weißes Papier eingeschlagen und mit kräftiger Schnur umwickelt. Ursprünglich war der Knoten der Schnur mit Wachs versiegelt gewesen, wie bei alten Briefen, aber das Siegel war aufgebrochen worden – als das MPD es geöffnet hatte, um den Inhalt zu überprüfen, vermutete ich. Auf der Vorderseite stand in Laufschrift, gerundet und dick, wie mit Augenbrauenstift gemalt: FÜR ISAIAH.

Kapitel Acht
    Während ich zurückfuhr, eine Weile am Fluss entlang, bevor ich wieder landeinwärts abschwenkte, betrachtete ich den Himmel, der an altmodische Sattelschuhe erinnerte: der Horizont hell bis zu dem gekrümmten Rand, wo plötzlich alles dunkel wurde. Es war eine Jahreszeit für Stürme gewesen. Ich erinnerte mich an den Sturmkeller meines Großvaters, die nackten irdenen Wände, Türen dick wie Tische, mit Halterungen, in die man ein kräftiges Kantholz schob, um sie zu verschließen, Holzregale, die sich unter dem Gewicht von Wasserkrügen, Lebensmittelkonserven, Laternen und Benzin bogen. Wir sind immer dort hinuntergegangen, wenn Stürme aufkamen, saßen da und lauschten auf das Heulen. Als Kind dachte ich immer, dass die Welt neu, frisch, zum Besseren verändert war, wenn wir wieder nach oben kamen. Als ich ungefähr zehn war, hatten wir aufgehört, meinem Großvater und seiner neuen Familie in den Keller zu folgen, und saßen stattdessen die Stürme aus, wie moderne Menschen.
    Nur die Notbeleuchtung brannte, als ich vor dem
Rathaus hielt, eine Lampe auf der Seite der Stadtverwaltung, eine auf unserer. Ich legte Isaiahs Päckchen auf meinen Schreibtisch neben einen Zettel von June, mit dem sie mich bat, sie anzurufen. Das J ihrer Unterschrift war stark nach rechts geneigt, zu den übrigen Buchstaben hin, sein Steg beschirmte sie. Das Ausrufezeichen hinter »Ruf mich an« war eine dicke, fette, an einen Ballon erinnernde Form mit einem Smiley-Gesicht darunter.
    »Billy geht’s wieder schlechter«, sagte sie ohne lange Vorrede, als sie meine Stimme hörte. »Irgendwas mit einem Blutgerinnsel und einer Blutung. Dad ist auf dem Weg nach Memphis. Doc Oldham ist bei ihm. Milly ist schon dort.«
    »Tut mir leid, June. Mit dir alles in Ordnung?«
    »Ich denk schon. Aber wir sollten jetzt besser Schluss machen. Falls Dad oder das Krankenhaus anruft. Eines noch …«
    »Okay.«
    »Dieser Detective aus Fort Worth. Er ist immer noch da und stellt Fragen. Zuerst hat er eine Tour durch die Stadt gemacht, war in sämtlichen Geschäften. Dann ist er raus zu den Kneipen und Raststätten gefahren. Dad meinte, du würdest vielleicht mal ein Auge drauf werfen wollen. ›Da Eldon ja nirgends steckt‹, wie er sich ausdrückte. Er hat dir eine Nachricht
hinterlassen, oberste Schublade in deinem Schreibtisch.«
    Ich schloss Isaiahs Päckchen in unseren Asservaten-Safe, der praktisch von jedem geöffnet werden konnte, der dazu fest entschlossen war und über eine moderne Nagelfeile verfügte, und las die Nachricht von Lonnie, in der er mir unter anderem mitteilte, dass Officer Jed Baxter im Inn-a-While am Highway abgestiegen war. Also stieg ich wieder in den Jeep und machte mich auf die etwas längere Fahrt.
    Es ist eine Angewohnheit, die man nie so ganz ablegen kann. Man parkt und bleibt eine Weile sitzen, beobachtet aufmerksam, beurteilt Aktivitäten und Positionen, bevor man schließlich hineingeht.
    Drei Autos im Alter von drei bis einem Dutzend Jahren, ein SUV mit Kennzeichen aus Montana und ein schrottreifer Pickup, halb Ford, halb Ersatzteillager, belegten den Parkplatz und markierten einen bahnbrechenden Geschäftstag für das Motel. Die Zahl an der Tür von Zimmer Nummer 8 fehlte, aber angesichts der 7 links und der 9 rechts sowie einem Camry mit texanischem Nummernschild davor schaffte ich es, mich zurechtzufinden. Der Camry war goldfarben und hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, Bodenmatten und Sitzpolster waren fleckig, aber sauber, keine Spur vom üblichen Müll
aus Fastfood-Verpackungen, Papiertüten und Pappbechern. Sogar die Kartons auf dem Rücksitz waren ordentlich gestapelt.
    Jed Baxter sah nicht sonderlich überrascht aus, als er in Boxershorts und T-Shirt die Tür

Weitere Kostenlose Bücher