Dunkles
ausgemacht, ganz großes Ehrenwort.«
»Also, nicht dass du was Falsches denkst, ich geh ja da nicht hin.«
Behütuns schüttelte den Kopf, was so viel hieß wie »Klar nicht!«.
»Aber ich kenne da jemanden, und den hab ich angerufen. Und ihm alles erzählt.«
Frau Klaus machte eine Pause.
»Und der hat dann den ...«
»Keine Namen!«, ging Behütuns dazwischen, der nur auf so eine Stelle gewartet hatte. Er kannte ja Frau Klaus.
»Uuuups«, hielt sich Frau Klaus mit der einen Hand den Mund zu und schlug sich mit der anderen gegen die Stirn.
»Also ich bin ja vielleicht einer!«, sagte sie. Und dann: »Also. Der hat dann einen Freund angerufen, aber der war nicht da.«
Geht es vielleicht etwas schneller?, fragte sich Behütuns, sagte aber nichts. Immer diese Schleifen und Verschwurbelungen beim Erzählen. Draußen kam die Taube und landete auf dem Fenstersims, einen Zweig im Schnabel. Biblisch sah das aus. Spätestens jetzt muss man doch seinen Glauben verlieren, dachte sich Kommissar Behütuns. Was kredenzen die Pfaffen einem denn da für Bilder? Nein, widersprach daraufhin der ausgleichende Teil seines Gehirns, du darfst von den Tauben der Stadt nicht auf die Tauben allgemein schließen! Denk doch einmal zum Beispiel an die Felsentauben. Da hatte dieser Teil seines Gehirns wohl recht. Das waren ganz andere Tiere als die in der Stadt. Die waren noch nicht so zivilisationsverseucht und degeneriert. Und nicht so plump und fett.
Er hätte diesen Gedanken gerne noch weitergesponnen, das war so ein richtig schöner Wachaufgedanke, ein sich andeutendes Wechselspiel von Rede, Gegenrede und Überraschungsmoment, aber Frau Klaus saß ihm im Genick. Warum interessierte ihn das eigentlich nicht so richtig, was Frau Klaus zu erzählen hatte? Schon mit der Frage wusste er die Antwort. Und gemein wie er manchmal war, nein, wie er dann immer wirkte, auch wenn er es nie sein wollte und es auch nie so meinte, wie es aber immer »rüberkam«, wie man so sagte, nur weil er vielleicht ungeduldig war oder ... auch diesen Gedanken brach er ab, es war jetzt nicht die Zeit dafür. Schade eigentlich.
Das ist doch schon der zweite Gedanke an diesem Morgen, den ich abbrechen muss. Welcher ist denn der erste gewesen? Er konnte sich schon nicht mehr erinnern, und irgendetwas in seinem Kopf meldete: Das Leben ist zu kurz, um nachzudenken. Es lebt nur vom Vergessen. Verdammt noch mal, das wurde jetzt wirklich kompliziert, dachte er nun, er selbst, und nahm das Heft in seinem Kopf wieder in die Hand. Frau Klaus sagte irgendetwas im Hintergrund, was Behütuns nicht wahrnahm, und er antwortete nur, kurz und trocken und in vollem Bewusstsein des Schadens, den er damit möglicherweise anrichtete, aber das ließ sich nun nicht mehr ändern:
»WI – ZL 27?«
Frau Klaus war augenblicklich still.
Brüllend laut still.
Brüllend laut baff still.
Brüllend laut vorwurfsvoll still.
Brüllend laut empört still.
Brüllend laut rasend still.
Brüllend laut explodierend still.
Brüllend laut.
Still.
Drehte sich auf dem Absatz um, des Triumphes ihrer zwei Tage harter Recherchen beraubt, der spannungs- und wirkungsvollen Präsentation ihrer Ergebnisse beraubt, überhaupt aller Existenzberechtigung in diesem Moment und dieser Situation beraubt, und schlug die Türe hinter sich zu.
Rumms!
Stille.
Nachhall.
Stille.
War das jetzt wirklich Affekt, überlegte Behütuns, oder war es Affektiertheit? Er tippte auf beides, eher aber auf Letzteres, zumindest überwiegend. Trotzdem: Er fühlte sich schlecht. Die zwei Minuten hätte ich auch noch gehabt, dachte er sich. Egal, zu spät. Das würde Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis sich das wieder einrenken ließ. Wie blöd war er eigentlich? Hatte er überhaupt noch Feingefühl?
Da ging die Tür auf, und Dick kam herein.
»Was war das denn?«, fragte er und drehte sich noch einmal zur Türe hin um, als hätte er irgendetwas nicht begriffen. Und das war ja auch der Fall.
»Frau Klaus! Uiuiuiuiui ...«, und schüttelte sich die Hand aus, als hätte er sich irgendwo verbrannt. »Die ist ja gerade an mir vorbeigefegt! Leck mich! Was war denn los?«
Kommissar Behütuns schüttelte missbilligend den Kopf. »War mies von mir«, sagte er, dann zuckte er mit den Schultern. »Ich hab ihr ihren Triumph versaut.«
Dick schaute ihn fragend an.
»Er hat doch recherchiert, in der Szene. Und tatsächlich eine Autonummer rausgekriegt. Nur – ich habe sie schon gekannt.«
Das war nicht die ganze Wahrheit,
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