Duo Infernale
einzig und allein mit mir zusammen.«
Die große Kirche war ein Ziel, sonst stünde sie nicht davor. Ihr Blick bewegte sich auf das Eingangsportal zu, das immer wieder in Bewegung war, denn die Kirche wurde von Menschen betreten, die sie besichtigen wollten.
Auch Jane verspürte den Drang, in die Kathedrale einzutreten. Es war wie ein innerer Schub, dem sie selbst nichts entgegensetzen konnte. Und so machte sie sich auf den Weg.
Sie ging hinter einem älteren Ehepaar her, bei dem der männliche Teil eine kurze Hose, Sandalen und weiße Socken trug. Die Frau sah in ihrer für die zu vielen Pfunde zu engen Hose auch nicht gerade zum Anbeißen aus. Jane hörte, dass sich die beiden in Deutsch unterhielten und sich darüber stritten, ob sie noch einen Tag bleiben sollten oder nicht.
Jane betrat nach dem Paar die Kirche.
Als ehemalige Hexe hatte sie keine Probleme damit. Ebenso wenig wie mit John’s Kreuz.
Draußen war es warm gewesen. Jetzt hatte sie den Eindruck, in einen Pool der Kühle gelangt zu sein, und diese Temperatur tat ihr mehr als gut. Sie atmete tief durch, und sie nahm den typischen Kirchengeruch in sich auf, der immer etwas feucht war, auch wenn draußen die Sonne schien.
Jane wusste noch immer nicht, was sie in dieser Kathedrale sollte. Sie war aber überzeugt, dass sie das Gotteshaus nicht betreten hatte, um sich abzukühlen. Es gab einen Grund. Es war auch etwas passiert, aber das hatte sie leider vergessen.
»Du bist ja fast da, Schwester!«
Jane knickte nach vorn, als sie die Botschaft hörte. Die fremde Stimme tanzte durch ihren Kopf, und sie hörte auch das leise Lachen, das so metallisch klang, als hätte jemand gegen einen Teller aus Blech geschlagen.
»Ja, ich bin gekommen«, flüsterte Jane.
»Dann komm zu uns.«
»Wohin?«
»Auf den Turm. Hoch zum Glockenturm. Das kannst du. Es ist ganz einfach. Du musst nur viele Treppen steigen. Bezahle an der Kasse deinen Obolus, danach ist alles ganz leicht.«
»Werde ich machen«, flüsterte Jane mit tonloser Stimme.
Als Besucher brauchte man keinen Eintritt zu zahlen, wenn man durch das große Kirchenschiff gehen wollte, doch auf den Turm kam man nicht ohne Geld.
Jane war die Einzige, die hoch zum Glockenturm steigen wollte. Wahrscheinlich war es den anderen Besuchern zu mühsam, denn da reihte sich eine Stufe an die andere.
Sie zahlte das Geld und wich dem Blick des Mannes aus, der ihr die Karte verkaufte.
»Sie machen doch da oben keinen Unsinn?«
»Wie meinen Sie?«
»Ach, nur so. Sie sehen etwas blass aus.«
»Die Wärme.«
»Es sind viele Stufen, denken Sie daran.«
»Ich weiß.«
Jane war entlassen. Sie drehte sich nach links, sah die erste Treppe vor sich liegen und auch das Halbdunkel, in das sie hineinsteigen musste.
»Ganz nach oben, Jane, ganz nach oben, wir warten auf dich...«
»Ja, ich komme...«
***
»Fahren Sie nur Ihrem Kollegen nach«, hatte ich dem Fahrer des zweiten Taxis gesagt, als ich eingestiegen war und die Tür geschlossen hatte.
»Wie Sie wollen.«
»Und bitte mit etwas Abstand.«
»Keine Sorge. Die Frau wird Sie nicht sehen. Es lohnt sich bei ihr, sie zu verfolgen.«
»Da sagen Sie etwas.«
Ich wusste ja, wohin wir fuhren. Der Turm der Kathedrale war nicht zu übersehen, und das Taxi, in dem Jane Collins saß, auch nicht. Der Verkehr war an der Pont du Mont Blanc am dichtesten. Hier befand sich praktisch die zentralste Stelle von Genf. Hier ging es in die Altstadt, und hier führte der Weg auch auf die andere Seite, an der direkt der Englische Garten lag, ein Park, der vielen Einheimischen und auch Touristen als Spazierweg diente.
Die Fontäne war von dort aus wunderbar zu sehen. Bänke luden zum Verweilen ein, es gab Anlegestellen für Schiffe und eine Seepromenade. Wir fuhren durch eine schmale Straße, die Place Longemalle hieß, vorbei an zahlreichen Geschäften, in denen alles sehr teuer war, danach führte der Weg bergauf, und wir rollten durch schmale Straßen, die noch mit Kopfsteinen gepflastert waren.
Cafés, kleine Restaurants, Bistros, Antiquitätenläden – hier pulsierte das Leben. Die Menschen waren locker, gaben sich lässig. Der französische Einfluss war einfach nicht zu übersehen.
Ab und zu verschwand der verfolgte Wagen aus unserem Blick, aber ich kannte das Ziel und ließ meinen Fahrer anhalten, bevor wir die unmittelbare Nähe der Kathedrale erreichten.
Ich bezahlte und stieg aus, wobei mir der Fahrer noch viel Erfolg wünschte. Dann ging ich den Rest der Strecke zu
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