Duo Infernale
Das war in einer fremden Stadt gar nicht so leicht, sich da zurechtzufinden.
Jane stand bewegungslos auf dem Gehsteig. Um sie herum gingen die Passanten, rempelten sie mal an, warfen ihr auch verwunderte Blicke zu, weil sie da wie eine Säule stand und sich nicht bewegte.
Bis zu dem Moment, als sie plötzlich nickte. Da wusste ich, dass es bald weitergehen würde.
Es blieb nicht nur beim Nicken, denn durch ihre Gestalt ging ein Ruck. Danach wandte sich Jane mit einer halben Drehung nach rechts und ging auch den ersten Schritt.
Er brachte sie näher an den Rand des Bürgersteigs heran und damit auch an die Straße. Ich befürchtete schon, dass sie die Fahrbahn überqueren würde, aber sie dachte nicht daran. Zielstrebig näherte sie sich den Taxis, die auf Gäste warteten.
Von innen öffnete ihr der Fahrer die Tür und ließ sie einsteigen. Ich war natürlich nicht auf der Stelle stehen geblieben, aber ich hatte mich so verhalten, dass Jane mich nicht sah.
Beim Einsteigen war ich dann sehr nahe an den Wagen herangekommen. Genau das war auch mein Ziel gewesen, denn Jane gab dem Fahrer das Ziel bekannt, noch bevor sie die Tür geschlossen hatte.
»Kirche St. Pierre.«
Dann rammte sie die Tür zu.
Sie sollte mich nicht sehen, und ich wich so heftig zurück, dass ich einem Mann fast auf den Fuß getreten wäre und er sich zu Recht beschwerte.
Ich entschuldigte mich. Das Taxi hatte sich inzwischen in den Verkehr eingereiht und rollte in Richtung Mont-Blanc-Brücke davon, um auf die andere Seite des Sees zu fahren, wo es die Altstadt mit dem Turm der Kathedrale St. Pierre gibt, der das gesamte Gebiet wie ein Herrscher überragt.
Ich wusste jetzt, wo ich Jane finden konnte, doch über das Ziel wunderte ich mich schon, denn ich hätte nie damit gerechnet, dass die Schwestern Jane in eine Kirche bestellten...
***
Jane Collins saß im Fond des Wagens, hatte sich angeschnallt und gab sich trotzdem nicht locker. Sie saß da, als hätte sie einen Ladestock verschluckt. Darin und wann bewegte sie ihren Kopf, um aus dem Fenster zu schauen. Aber eine andere Person hätte ihr angesehen, dass sie nichts sah oder wahrnahm, denn auf ihrem Gesicht zeichneten sich keine Gefühle ab. Es war nicht zu erkennen, ob sie die Gegend mochte oder ablehnte. Sie blieb so figurenhaft.
Der Wagen stoppte in der Nähe der Kathedrale, und Jane Collins zahlte den Fahrpreis, stieg wortlos aus und sah auch nicht den Fahrer an, der ihr kopfschüttelnd nachschaute.
Der Wagen war nicht bis ganz an die Kathedrale herangefahren, und so musste Jane noch einige Schritte über das Kopfsteinpflaster gehen, um den Platz zu erreichen, auf dem das Bauwerk stand.
Sie passierte dabei einige Lokale, vor denen Gäste saßen, tranken und aßen, sah in die Schaufenster der Geschäfte, in denen sich das Licht der Sonne fing, wenn sie nicht durch irgendwelche Markisen vor dem grellen Mittagslicht geschützt wurden, und blieb schließlich auf dem Platz stehen, um ihren Kopf in den Nacken zu legen und an der Fassade in die Höhe zu schauen.
Es war schon ein monumentales Bauwerk. Jedem, der es anschaute, flößte es Respekt ein. Davon blieb auch eine Jane Collins nicht verschont. Sie merkte schon den leichten Schauer auf ihrem Rücken, der entstand, doch als sie den Kopf wieder senkte, da hatte sie das Gefühl, einen Stich wie ein Hallo Wach zu bekommen, denn alle Dumpfheit verschwand aus ihrem Kopf.
Jane stand vor der Kathedrale in der Sonne und kam sich vor wie ein Zielobjekt. Sie glaubte, von allen Seiten angeschaut zu werden, doch als sie den Kopf drehte, stellte sie fest, dass dies nicht der Fall war und sie es sich nur eingebildet hatte.
Die Passanten interessierten sich nicht für sie, sondern für die Kirche.
Kameras und Camcorder waren die wichtigsten Geräte der Touristen. Besonders die Japaner taten sich hervor, denn sie hatten es mehr als eilig, schließlich musste der Europa-Trip in spätestens zehn Tagen beendet sein.
»Warum bin ich eigentlich hier?«, fragte Jane sich selbst und schüttelte den Kopf.
Sie kannte die Antwort nicht. Sie wusste nicht mal, wie sie an diesen Ort gekommen war, und plötzlich fiel ihr ein, dass sie ja einen Begleiter gehabt hatte, dessen Namen sie halblaut aussprach.
Aber John Sinclair war nicht da. Da konnte sie sich anstrengen, wie sie wollte, er ließ sich nicht blicken, und das wiederum ärgerte Jane. Hatte er sie im Stich gelassen?
»Nein«, gab sie sich selbst die Antwort. »Das kann nicht stimmen. Das hängt
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