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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lear
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ich schnell die Straße entlang.
    Als ich die Dorfwiese erreichte, sah ich Shipton, der gerade sein Fahrrad zurück zur Wache schob. Er wirkte niedergeschlagen.
    »Hoho, Bobby!«, sagte ich in einem schauerlich nachgemachten englischen Akzent. »Warum so ein langes Gesicht?«
    »Ich hab ein Loch in meinem Hinterreifen, Sir.«
    »Das ist nicht halb so schön wie das in deinem Hinterteil, Bill.«
    Er wurde rot und grinste verlegen. »Ach, das, Sir …«
    Niemand war zu sehen, also spielte ich den Draufgänger und drückte ihm einen Kuss auf den offenen Mund.
    »Oh, Sir! Wenn das jemand gesehen hätte!«
    Ich griff ihm zwischen die Beine; dort regte sich schon etwas. Er würde mir gewogen bleiben.
    »Pass gut für mich darauf auf, Bill«, sagte ich. »Man weiß nie, wann ich ihn das nächste Mal brauche.« Und mit den Händen in den Taschen, ein fröhliches Liedchen pfeifend, schlenderte ich davon. Schließlich kann es nie schaden, einen Freund bei der Polizei zu haben.

5
    Das Essen fand an diesem Abend in angespannter Atmosphäre statt. Sir James war wortkarg und grüblerisch – und wenn ein Mann von seiner Persönlichkeit sich zu grübeln entscheidet, lässt er das den Rest der Welt auch wissen. Ich verglich ihn – nicht zu seinen Gunsten – mit meinem Vater, den man selbst in seinen dunklen Momenten mit einem Scherz oder einem Seitenstoß wieder zu sich bringen konnte. Doch wenn Sir James sich in die einsamen Höhen seines Ichs zurückzog, wagte nicht einmal seine Frau, ihn dort zu stören.
    Lady Caroline wirkte liebenswürdig und gelassen, doch so wirkte sie immer. Ich ging davon aus, dass sie auch im Großen Krieg liebenswürdig und gelassen gewirkt hatte und sich diese Eigenschaften selbst dann bewahren würde, wenn unter ihrem Stuhl eine Bombe hochginge. Und tatsächlich tickte in Drekeham Hall eine Bombe, doch ihre Sprengkraft konnte ich damals nicht erahnen.
    Leonard Eagle, der jüngere Bruder von Sir James, den ich am Nachmittag in dem geheimen Teich beim Schwimmen auf so intime Weise kennengelernt hatte, hielt das Tischgespräch mit Schwung aufrecht. Er plauderte über diesen oder jenen Freund der Familie und berichtete den allerneuesten Klatsch aus den besten Kreisen Londons, mit denen er wohl vertraut zu sein schien (in einigen Häusern in Mayfair war er allerdings Gerüchten zufolge nicht mehr willkommen). Trotz seiner gewissen Fähigkeiten mochte ich den Mann nicht, aber ich war froh, dass er das Schweigen am Tisch brach. Weniger froh war ich über die gelegentlichen Vorstöße, die sein elegant beschuhter Fuß unter dem Tisch machte, mein Schienbein herauf bis in meinen Schritt. Zu allem Überfluss wurde ich auch von meiner Rechten attackiert, denn Boy Morgan legte mehrmals ›zufällig‹ seine Hand auf meinen Schenkel.
    Doch an all dem war allein ich schuld. Als wir uns in unserem Zimmer zum Abendessen umgezogen hatten, war ich so lange wie möglich völlig nackt vor seinen Augen herumspaziert. Morgan lag in einem Bademantel auf dem Bett, der immer wieder an einer bestimmten Stelle verrutschte, die mir sein offenkundiges Interesse am Ausbau unserer Beziehungen verriet. Ich gab vor, nichts zu bemerken. Zum einen war ich recht erschöpft, da ich heute mehr Sex gehabt hatte, als ich eigentlich brauchte. Zum anderen wollte ich noch etwas für die Nacht aufheben, denn spätestens zur Schlafenszeit wollte ich Morgan so weit haben, dass keiner von uns ein Auge zumachen würde. Und während wir da saßen und die Gänge – Suppe, Fisch, Fleisch, Dessert, Käse – an uns vorüberzogen, fand Morgan zahllose Vorwände, mich zu berühren, und jedes Mal kam seine Hand meinem Schritt ein Stück näher. Wenn ich nicht aufpasste, würde Leonards Fuß noch Morgans Hand berühren, und das ganze Spiel wäre aus. Es ist schön, begehrt zu werden, aber nicht immer praktisch.
    Der Rest der Tischpartie war ähnlich bedrückt. Die arme Belinda, die rechts von Morgan saß, wirkte eingeschnappt. Vielleicht lag das an dem Schock, den sie am Nachmittag erlitten hatte – ich gehe davon aus, dass selbst die Töchter der englischen Oberschicht nicht dazu erzogen werden, wie man sich bei Auffindung einer Leiche korrekt benimmt –, aber vielleicht auch daran, dass ihr schneidiger Verlobter ihr kaum Beachtung schenkte. Das war wenig überraschend. Als ich die beiden am Nachmittag allein gelassen hatte, waren Morgans Versuche, sie zu ›trösten‹, auf gereizte Ablehnung gestoßen – das hatte er mir vorm Abendessen gestanden.

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