Durch die Hintertür
dieses Hauses vor sich geht … Sagen wir einfach, dass heute Nachmittag, als der Rest von uns sich bei einer züchtigen Runde Verstecken vergnügte, anderswo wesentlich gefährlichere Spiele gespielt wurden.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort.«
Leonard beachtete mich gar nicht. »Und anscheinend hat der unglückliche Mr. Reg Walworth das Spiel verloren.«
»Was genau ist ihm zugestoßen?«
»Ich habe kein Bedürfnis, das zu wissen. Die Polizei meint, er sei erstickt. Ich kann mir nur vorstellen, womit. Hinter seiner dienstfertigen Fassade ist Mr. Meeks, glaube ich, ein recht zupackender Liebhaber.«
Ich war sprachlos. Ich hatte keinen Grund, die Wahrheit von Leonards Enthüllungen anzuzweifeln.
»Und jetzt müssen Sie es uns überlassen, mit diesen Dingen auf unsere Weise fertigzuwerden«, fuhr er fort. Er spürte, dass er am Gewinnen war. »Jetzt, wo Meeks aus dem Weg ist, haben wir das restliche Personal wieder einigermaßen unter Kontrolle. Die meisten sind, von ein oder zwei Ausnahmen mal abgesehen, ganz vernünftig. Der Butler ist ein netter Mensch. Der Koch ist für einen Ausländer gar nicht übel. Selbst der Hausbursche – wie heißt er noch, Simon – ist ein Schatz, auch wenn der Ärmste taub ist und meistens gar nicht weiß, was los ist. Ich bin mir sicher, dass er so einiges zu erzählen wüsste. Die anderen halten ihn für dumm, aber das stimmt nicht. Sie sollten mal ein wenig mit ihm plaudern. Sie werden sehen, er ist äußerst entgegenkommend.«
Leonard hatte seinen Vorteil überzogen. Ich merkte sofort, dass er mir wie einem braven Jungen einfach den Kopf tätscheln und ein Bonbon in die Hand drücken wollte. Wenn ich damit beschäftigt wäre, den ach so beflissenen Hausburschen zu ficken, würde ich vielleicht meine Amateurrecherchen über das Rätsel des erdrosselten Frischfleischs sein lassen, so Leonards Gedankengang. Und vielleicht war es auch ganz gut so, wenn er das dachte.
»Ach ja«, sagte ich, »der ist mir schon aufgefallen. Sehr hübscher Bursche.« Das war er in der Tat mit seinem schläfrigen Blick und der seidigen Haut, mit seiner klaglosen Dienstfertigkeit. Ich hatte ihn gleich bemerkt, als ich nach Drekeham Hall gekommen war.
»Wirklich sehr hübsch«, bestätigte Leonard und machte sich wieder fachmännisch an meinem Schwanz zu schaffen. Ich ließ zu, dass er hart wurde – das fiel mir nicht allzu schwer, da Leonard sich genau um die richtigen Stellen kümmerte.
»Und jetzt«, sagte er, »würde ich mich gern den Damen anschließen, die, dem Himmel sei Dank, von all dem nichts wissen.«
»Ich komme mit Ihnen.«
»Aber Mr. Mitchell«, sagte er wie eine verschämte Debütantin, »sollten Sie nicht lieber ein oder zwei Minuten abwarten? Die armen Damen würden sicher ohnmächtig, wenn Sie den hier« – er drückte meinen Schwanz ein letztes Mal – »mit in den Salon brächten.«
Damit verließ er die geschützte Stelle unter der Treppe, wackelte zum Abschied mit dem Hintern und trottete in Richtung des Salons.
Ich war zwar versucht, mich vom Hausburschen Simon trösten zu lassen, aber gewisse Ungereimtheiten in Leonard Eagles ansonsten brillantem Versuch, mich von meiner Fährte abzubringen, ließen mich nicht los. Zum einen: Wenn Meeks tatsächlich ein so durch und durch lasterhafter und abgebrühter Mann war, wieso hatte er sich dann ohne jede Gegenwehr verhaften lassen? Sein märtyrerhaftes Ausharren angesichts von Piggotts ungewöhnlichen Verhörmethoden schien mir nicht zu einem Mann zu passen, der Brutalität und Laster gewohnt war. Er hatte nicht mitgemacht und die Behandlung auch nicht genossen, wie man es von einem Mann hätte erwarten können, wie Leonard ihn beschrieb. Soweit ich es gesehen hatte, war seine Haltung von geduldiger Resignation geprägt – der Resignation eines Mannes, der um seine Unschuld weiß, sie aber nicht beweisen kann.
Zum anderen war da ein unangenehmerer Grund: Leonards Geschichten von Unzucht in den Dienstbotenquartieren lieferten keine Erklärung für Sir James’ düstere Teilnahmslosigkeit beim Abendessen. Gewiss war es ein Rückschlag für seine demokratischen Ideale, dass sein Laisser-faire zum Tod eines Menschen geführt hatte – aber in diesem Fall wäre er doch sicher in den Dienstbotenquartieren gewesen, um ein paar Köpfe zu waschen, statt nach einem Abendessen im Kreis der Familie Trübsal zu blasen. Selbst wenn es Gäste im Haus gab, ungewollte Zeugen wie Morgan und mich, hätte ein Mann der Tat wie Sir James doch sicher
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